Traeume aus der Ferne
übers Gesicht.
Fabienne zerriss es dabei fast das Herz.
»Hey . . . psst . . .«, flüsterte sie. Fast wartete sie darauf, dass Nicole sich wieder von ihr abwenden würde. Aber sie ließ einfach nur den Kopf sinken und weinte leise vor sich hin. Fabienne hatte Angst davor, Nicole mit zu viel Nähe zu verängstigen. Aber sie konnte nicht anders, sie musste sie einfach in den Arm nehmen.
»Ist ja gut«, flüsterte Fabienne. »Du musst doch nicht weinen.«
Sie standen ein paar Minuten engumschlungen da. Nicole machte keine Anstalten, sich aus der Umarmung befreien zu wollen.
»Was würdest du dir denn von einer Beziehung, in der beide ineinander verliebt sind, wünschen?« fragte Fabienne, während sie die letzten Tränen auf Nicoles Gesicht trocknete.
»Du kannst deine Frage ruhig direkt stellen«, lächelte Nicole. »Du möchtest wissen, wie ich mir eine Beziehung mit dir vorstellen würde, richtig?«
Fabienne nickte.
»Ich würde gern öfter in deiner Nähe und nicht immer durch eine Wand getrennt sein. Ich würde gern meine Abende und Nächte, natürlich auch Teile meines Tages, mit dir verbringen. Ich möchte nicht aufstehen und gehen müssen, nachdem wir miteinander geschlafen haben, sondern dann in deinem Arm einschlafen. Ich wünsche mir, dass du auch dann bei mir bist, wenn ich schlechte Laune habe oder es mir nicht gutgeht, und nicht nur dann, wenn eitel Sonnenschein herrscht. Ich möchte einfach glücklich sein mit dir.« Nicole schaute fragend zu Fabienne, die ihr die ganze Zeit aufmerksam zugehört hatte.
»Siehst du«, meinte Fabienne. »Das sind genau die Dinge, die auch in meinen Augen zu einer richtigen Beziehung gehören. Wieso sollte das mit uns also schiefgehen, wenn wir doch das Gleiche wollen.«
Nicole wusste, dass Fabienne recht hatte.
»Bist du immer so hartnäckig?« lächelte sie Fabienne an. Fabienne liebte dieses strahlende Lächeln.
»Normalerweise nicht«, antwortete sie. »Aber wenn die Frau, die ich liebe, mir tagelang aus dem Weg geht, werde ich anscheinend unberechenbar.«
»Kannst du das noch einmal wiederholen?« bat Nicole.
Fabienne wusste sofort, was sie meinte. »Ich liebe dich, Nicole.«
»Ich liebe dich auch«, antwortete Nicole. »Diesmal werde ich nicht davonlaufen«, versprach sie noch und zog Fabienne zu einem leidenschaftlichen Kuss an sich.
Träume aus der Ferne
» W as? Schon wieder ins Tabu ?« Andrea schnaufte laut in den Telefonhörer.
Am anderen Ende huschte ein Lächeln über Melanies Gesicht. »Ja!« erwiderte sie. »Du weißt doch, dass es dort den besten Kaffee gibt.« Sie war bester Laune.
Sie wussten beide, dass der Kaffee nicht der Grund war, wieso es Melanie schon wieder ins Tabu zog. Maja war der Grund. Melanie war schon seit Monaten heimlich in die junge Kellnerin verliebt.
Deshalb ließ sich Andrea auch dieses Mal wieder dazu überreden, ins Tabu zu gehen, obwohl sie durchaus Lust auf etwas mehr Abwechslung in ihrer Freizeit gehabt hätte. Aber wenn die beste Freundin unglücklich verliebt war, musste man eben ab und zu über seinen eigenen Schatten springen.
»Meinetwegen«, seufzte sie deshalb. »Ich werde um halb acht dort sein.«
Andrea war ein paar Minuten zu spät dran, aber das würde sowieso keinen großen Unterschied machen. Selbst wenn sie überpünktlich eintraf, saß Melanie schon an einem der Tische und himmelte Maja an. Anfangs hatte Andrea die Hoffnung gehabt, dass diese Schwärmerei ein schnelles Ende finden würde. Das Tabu war eine Kneipe, in der viele Lesben verkehrten, und Maja sah durchaus attraktiv aus, hatte also wahrscheinlich in ihrem Leben mehr Angebote bekommen, als ihr lieb war. Aber Melanie ließ sich von nichts beirren.
In Andreas Augen hatte sie keine Chance bei Maja, aber das wollte Melanie einfach nicht wahrhaben.
Andrea ließ ihren Blick durch den Biergarten des Tabu schweifen, konnte Melanie aber nicht entdecken. Das war sehr ungewöhnlich. Sie überlegte, ob sie sich den letzten freien Tisch im Schatten sichern oder vorher erst einen Blick ins Innere der Kneipe werfen sollte.
Obwohl sie nicht glauben konnte, dass Melanie sich bei dieser Hitze lieber ins Kneipeninnere verzog, als im Biergarten zu bleiben, stieg sie die drei Stufen hoch und schaute sich um. Wie sie es sich gedacht hatte, war es drinnen fast leer. Maja grüßte hinter der Theke hervor und deutete mit dem Kopf zu einem Tisch hinter Andrea.
Andrea drehte sich um und sah Melanie, die ihr freudestrahlend zuwinkte. »Das ist nicht
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