Traeume Suess, Mein Maedchen
das hängt vor allem davon ab, was Beth macht. Und im Moment sieht es so aus, als würde sie aus diesem großen alten Bus steigen.«
Jamie beobachtete, wie die beiden Frauen aus der Mad River Road vor einem ziemlich nichtssagenden Einkaufszentrum ausstiegen und über den kleinen Parkplatz gingen, während Brad ihnen in gebührendem Abstand folgte. »Was ist mit deinem Sohn?«, wagte sie zu fragen.
»Er ist so groß geworden, nicht wahr?«, fragte Brad stolz, als ob sie das wissen könnte. »Erstaunlich, wie schnell sie wachsen, was?« Er steuerte den Wagen in eine Parklücke, aus der er freien Blick auf seine Exfrau hatte, ohne selbst gesehen zu werden. »Wegen meines Sohnes unternehmen wir erst mal gar nichts«, kam seine verspätete Antwort. »Nicht, solange wir uns nicht um seine Mutter gekümmert haben.«
»Und dann?« Jamie sah die beiden Frauen vor einer Reihe von Schaufenstern vorbeigehen und war sich kaum bewusst, eine weitere Frage gestellt zu haben, bevor sie ihr über die Lippen gerutscht war.
»Und dann - gar nichts. Wir sehen zu, dass wir aus Dodge City verschwinden, und warten, bis die Behörden sich wegen der furchtbaren Nachricht vom plötzlichen Tod meiner Exfrau mit mir in Verbindung setzen. Und dann kehrt Corey zu seinem Daddy zurück. Alles ganz friedlich und legal.«
»Aber sie werden doch bestimmt Verdacht schöpfen …«
»Hey, hey, hey. Das sind erst mal genug Fragen. Den Rest lass mal meine Sorge sein. Okay?«
Jamie nickte. Glaubte er wirklich, dass die Behörden einen kleinen Jungen einfach so an einen gewalttätigen Verbrecher übergeben würden, selbst wenn er sein Vater war?
»Es würde meinem Fall natürlich nicht schaden, wenn ich verheiratet wäre und irgendwo ein nettes Zuhause hätte«, sagte Brad zwinkernd. »Du hast doch gesagt, dass du schon immer mal nach Texas wolltest, oder nicht, Jamie-Girl?«
Jamie sackte auf ihrem Sitz zusammen und begann zu vermuten, dass sie doch tot war. War es wirklich möglich, dass sie einen Heiratsantrag von einem Mann bekam, der ihr nur wenige Stunden zuvor um ein Haar die Kehle aufgeschlitzt hätte?
»Darüber solltest du mal nachdenken«, sagte Brad, beugte sich über das Lenkrad und sah den beiden Frauen nach, die in Scully’s Sportstudio verschwanden.
»Du bist aber heute verdammt früh«, rief Jan, als Lily vor Emma durch die Tür kam.
Emma bemerkte den unsicheren Blick in Jans übertrieben stark geschminkten Augen, als ob die ältere Frau überlegte, sie zu fragen, wie sie hieß und ob sie nicht Mitglied werden wollte. »Ich bin’s, Emma«, sagte sie, bevor Jan Gelegenheit hatte, sie beide erneut in Verlegenheit zu bringen.
»Natürlich«, sagte Jan. »Wie geht’s? Hat Jeff dir den Becher gegeben?«
»Ja, hat er.« Hatte Jan bemerkt, dass eine Trophäe fehlte? Hatte sie Emma in Verdacht, sie gestohlen zu haben? Vielleicht sollte sie gleich an Ort und Stelle alles gestehen, sich wortreich entschuldigen, Jan um Vergebung anflehen und versuchen zu erklären. Aber wie erklärte man das Unerklärliche? »Der Becher ist leider auch der Grund, warum ich hier bin«, sagte sie stattdessen. »Wir hatten einen kleinen Unfall.«
»Ihr Sohn fand, dass der Becher so besonders war«, übernahm Lily, »dass er ihn zum Vorzeigen in der Erzählstunde
mitgenommen hat. Und dann hat er ihn auf dem Weg zur Vorschule fallen lassen.«
»Klar«, sagte Jan, als ob das ein unumstößliches Naturgesetz wäre. »Und jetzt möchtest du einen neuen haben?«
»Ich kann ihn später zurückbringen«, bot Emma an.
»Sei nicht albern.« Jan griff unter den Tresen und gab Emma einen neuen Becher. »Sag ihm, dass er auf den besser aufpassen soll.«
»Er wird ihn wie seinen Augapfel hüten.«
»Mach, dass du loskommst«, riet Lily ihr.
»Kommst du nicht mit?«
»Ich fange in einer Stunde an zu arbeiten, da lohnt es sich nicht, hin und her zu fahren. Wir reden später«, sagte sie, als Emma an der Tür war.
»Sicher doch.« Emma verließ das Studio, winkte zum Abschied und ging quer über den Parkplatz zur Bushaltestelle. Steht dort hinten in der Ecke ein weiterer babyblauer Thunderbird, fragte sie sich, als der Bus vor ihr hielt. Sie stieg ein und suchte in ihrem Portemonnaie nach passendem Kleingeld. Als sie sich umsah, stand der blaue Wagen nicht mehr dort und hatte wahrscheinlich auch nie dort gestanden, entschied sie. Wahrscheinlich hatte sie einen blauen Thunderbird im Kopf.
»Du kommst zu spät«, sagte Dylan, als sie ihn wenige Minuten später
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