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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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wissen.
    »Dasselbe wie ich. Zwischen zehn und zwölf. Aber verlassen kann man sich darauf nicht.« Heiko nickte.
    »Und dann noch zur Tatwaffe«, fuhr Uwe fort. »Es war wohl ein handelsübliches Küchenmesser.«
    »Oh, na prima. Dann suchen wir also jemanden mit einer Küche«, bemerkte der Kommissar sarkastisch grinsend.
     
    Die Majoretten trainierten in der Realschule am Karlsberg. Mittlerweile gab es in Crailsheim sogar zwei Realschulen, aber die am Karlsberg war die ältere von beiden. Sozusagen die Traditionsrealschule. Heiko parkte an der Kistenwiesenturnhalle, von echten Crailsheimern kurz »Kiwi« genannt. Sie betraten das Schulgelände, und Heiko hatte das seltsame Gefühl, dass alles geschrumpft war: Die Großsporthalle war viel näher am Schulgebäude, der Schulhof war viel kleiner, als er es in Erinnerung hatte. Sie hatten vom Albert-Schweitzer-Gymnasium immer diesen Weg zur Großsporthalle genommen. Nur, dass das 20 Jahre her war und er damals wohl schlichtweg kleiner war. So war das eben, wenn man älter wurde. Heiko hielt Lisa die Tür auf, und nach kurzem Suchen entdeckten sie den Weg in den hell erleuchteten Keller der Schule, aus dem rhythmisches und geradezu mitreißendes Trommeln drang. Unten angekommen wandten sich die beiden nach rechts, wo die Schule ihren Gymnastikraum hatte.
     
    Sie platzten mitten ins Training hinein. Die dicke Tanja stand zusammen mit einer bisher unbekannten Majorette hinter etwa zwanzig Mädels, die in Trainingskleidung vor einer Spiegelwand standen. Die Mädchen waren circa zwischen 12 und 25. Tanja schlug wieder die Landsknechttrommel, die andere Majorette spielte hingegen die Snear-Drum, die Heiko noch aus Schulbandzeiten kannte. Die Trommeln waren mit Stofffahnen mit dem Crailsheimer Wappen geschmückt. Beide Trainerinnen hatten sich ihre Instrumente umgeschnallt, und Tanja wirkte irgendwie eingeschnürt. Dennoch war es unglaublich, welch einen entfesselten Rhythmus die beiden Frauen mit nur zwei Instrumenten fabrizierten. An der rechten Spitze der Stabmajoretten stand Monika Silberschmidt, die sich nun mit herrischer Pose zu den Mädels umdrehte. Sie hielt drei Finger hoch. Und die Majorette, die links vorne stand, streckte ihren Stab dreimal hoch in die Luft, wohl zum Zeichen, dass gleich die Choreografie beginnen würde. Mit großem Können wirbelten die Majoretten dann die Stäbe herum, die Mädchen hoben die Beine, um den Stab geschickt darunter hindurch zu bugsieren, sie wechselten den Stab von einer Hand in die andere, sie gingen in die Knie und schwangen den Stab hinter dem Rücken vorbei, sie machten einen Ausfallschritt nach vorn, und der Stab wirbelte weiter. Und all das geschah völlig simultan, perfekt, und es sah so fantastisch aus, dass sich in Lisa das Gefühl einstellte, das sie als Kind oft gefühlt hatte: Das könnte ich auch gern. Es handelte sich um das gleiche Phänomen, dass alle kleinen Mädchen nach einem Ballettbesuch Ballettunterricht nehmen wollten. Das hätte Lisa auch gefallen als Kind, und sanfte Wehmut stellte sich ein. So etwas wie die Majoretten gab es in Wesel nicht. Unwillkürlich wippte sie mit dem Fuß und schnippte mit den Fingern, während Heiko seelenruhig und unberührt wartete, bis die Damen ihre Trainingseinheit beendet hatten. Monika wedelte mit der Hand, und die Majoretten senkten die silberfarbenen Stäbe, die weiße Gummipfropfen an den Enden trugen. Die Trommeln hörten schlagartig auf, und alle blickten erwartungsvoll zu ihrem Ersten Leutnant. »Ihr müsst die Finger strecken«, korrigierte Monika und machte die entsprechende Bewegungsfolge vor. »Und die Beine durchdrücken, so. Und ein bisschen tiefer runter bitte, meine Damen, wir sind hier ja schließlich nicht im Altersheim.« Verhaltenes Kichern flammte auf, als Monika mit einem Augenzwinkern illustrierte, wie man es nicht machen sollte. Dann klatschte Monika, die ja nun automatisch in den Rang des Ersten Leutnants aufgerückt war, in die Hände und die ganze Choreografie begann von vorne. Lisa und Heiko schlichen sich hinter der Gruppe vorbei und setzten sich auf den Holzbänken, die an der Wand standen, nieder. Geduldig warteten sie, bis die Trainingseinheit vorüber war, Lisa beständig mit dem Fuß wippend und Heiko relativ gleichgültig, aber trotzdem einigermaßen interessiert. »Okay, Leute, zehn Minuten Pause«, bestimmte Monika endlich und kam auf die Kommissare zu. Zwei Mädchen setzten sich neben Lisa auf die Bank, und so schnappte sie auf, was sie

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