Traumhaft verliebt - Roman
geben, um ihr aus dem Weg zu gehen.
Nur noch ein paar Tage. Wie schwer konnte das sein?
Die alljährliche Plätzchenbörse des First Love Cookie Clubs begann Freitagnachmittag um drei und endete für gewöhnlich zwischen neun und zehn Uhr abends. Über die Jahre hinweg hatte sich herausgestellt, dass sich die Veranstaltung bei einem späteren Beginn – zwischen achtzehn und neunzehn Uhr – bis in die frühen Morgenstunden hineinzog, also hatten die Damen sie auf den Nachmittag vorverlegt.
Zumindest war es das, was Christine Sarah erzählte, als diese um vierzehn Uhr fünfundfünfzig mit den Pfefferminzplätzchen, die sie in Jennys Küche im Merry Cherub gebacken hatte, vor Christines Haus eintraf. Die Plätzchen waren in einer fröhlich aussehenden blauen Schachtel verpackt, die mit Schneeflocken verziert war. Jenny hatte sie für Sarah gebastelt, als sie feststellte, dass diese die Plätzchen auf einem mit Frischhaltefolie umwickelten Pappteller mitnehmen wollte.
»O Mann, die duften ja köstlich«, sagte Belinda, die hinter Sarah den Bürgersteig entlangkam und eine riesige, festlich aussehende Dose bei sich trug, auf der Weihnachtswichtel in einem Bowlingcenter abgebildet waren. Sie hatte einen blauen Jeansrock an, einen dicken Pullover mit einem Weihnachtsmann darauf und darüber eine blaue Jeansjacke.
»Ihre ebenfalls«, sagte Sarah und atmete einen Hauch von Frischkäse und Aprikosen ein.
»Das sind die Winterwunderland-Plätzchen. Ein Rezept von meiner Großmutter. Sind Familientraditionen nicht etwas Wundervolles?«
Christine führte sie in die Diele, nahm ihnen die Jacken ab und hängte sie an die Garderobe neben der Tür. Von da, wo sie stand, konnte Sarah ins Wohnzimmer hineinblicken. Ein großer, frisch geschlagener Tannenbaum stand vor dem Fenster, geschmackvoll dekoriert mit roten und weißen Lichtern, Zuckerstangen und rot-weißem Weihnachtsschmuck zum Thema Backen. An seinen Zweigen hingen ein winziges rotes Rührgerät, ein daumengroßer Eierkarton, die Frau des Weihnachtsmanns mit einer Schürze, die ein Tablett mit Plätzchen in den Händen hielt, eine knicksende Lebkuchenfrau und ein rot-weißer Kühlschrank mit offener Tür und einem kleinen Licht darin.
Die Einrichtung war im französischen Landhausstil gehalten, die vorherrschenden Farben waren salbeigrün und Eierschale mit gelben Akzenten. Eine große orangebraune Maine-Coon-Katze lag zusammengerollt vor dem Gaskamin. Aus der Stereoanlage tönte Bing Crosbys »White Christmas«, was in Sarah eine Kindheitserinnerung auslöste, die sie vergessen zu haben glaubte. In jenem Moment war sie wieder dreizehn und auf der Schwelle zur Frau, aber immer noch aufgeregt wegen Weihnachten.
Sie war bei Gram. Ihre Eltern sollten an Heiligabend eintreffen. Sie hatte sie seit Thanksgiving nicht mehr gesehen, und sie brannte darauf, ihnen von den glatten Einsern zu erzählen, die sie in Englisch bekommen hatte. Die Plätzchen waren gebacken, die Geschenke, die sie für ihre Eltern ausgesucht und selbst eingepackt hatte, lagen unter dem Weihnachtsbaum. Und dann riefen sie in letzter Minute an. Ein Notfall im Krankenhaus. Sie würden es über Weihnachten nicht nach Twilight schaffen.
Gram war noch mehr außer sich gewesen als Sarah. »Ich bin stolz auf meine Tochter«, hatte sie gesagt. »Sie stammt von Leuten aus der Arbeiterschicht ab, die froh waren, die Highschool abgeschlossen zu haben, und sie hat hart gearbeitet, um sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen und Herzchirurgin zu werden. Aber sie hat keinen blassen Schimmer, was es bedeutet, eine Mutter zu sein. Was das angeht, schäme ich mich für sie. Ihr fehlt etwas. Helen fehlt einfach der mütterliche Instinkt.«
Sarah hatte auf die Päckchen unter dem Baum gestarrt und so getan, als würde ihr das nichts ausmachen. Sie hatte sich in ihren Kopf zurückgezogen und angefangen, sich eine Geschichte zu erzählen über einen magischen Ort, an dem Eltern ihre Kinder an Weihnachten niemals im Stich ließen. Als sie schließlich zwei Tage später aufgekreuzt waren, hatten sie Sarah ein Erste-Hilfe-Set, ein Mikroskop und ein Sparzertifikat mit dem Geld für ihr Studium an der medizinischen Fakultät geschenkt. Sie hatte sich Harry Potter und der Stein der Weisen ,eine CD von den Backstreet Boys und eine Mickymaus-Uhr gewünscht. Bekommen hatte sie nichts davon.
Gram hatte das Geschenkpapier vom Wohnzimmerfußboden aufgehoben, Sarah in das unglückliche Gesicht geblickt und gemurmelt: »Sie
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