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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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tatsächlich Erfindungen von höchster Wichtigkeit gemacht, aber er rückte damit höchstens einmal gegen seine nächsten Freunde heraus. Die Menschen seien nicht reif dafür, behauptete er, und er habe sie nicht nötig. Ich faßte Arwed an den Schultern und rüttelte ihn. „So sprich doch, Mensch!“
    „Ja, natürlich. Setz dich nur wieder. Ich will dir die ganze Geschichte erzählen. Also heute abend wollt’ ich mit meiner Frau ein bißchen hinüber zum Onkel Pausius gehen. Ich stehe schon mit Hut und Stock und warte nur auf meine Frau. Es dauert eine Weile und noch ’ne Weile. Dann guckt sie mit einem verlegenen Lächeln zur Tür herein und sagt: ‚Geh nur voran, ich werde gleich nachkommen.’ –‚Nun, warum denn, was gibt’s denn noch?’ –‚Ach, ich habe nur meine Schlüssel verlegt, und es ist mir unangenehm, so fortzugehen.’ Nun also, ich kenne das schon, ich gehe voran. Ich warte bei Pausius im Vorzimmer, dann klopfe ich an. ‚Wer ist da?’ –‚Arwed.’ –‚Na, dann herein, aber vorsichtig’, brummt er. Ich trete ein. Das Zimmer ist ganz dunkel. Endlich erkenne ich einen matt beleuchteten Schirm und darauf – ich bin nicht wenig erschrocken – meine Gestalt, etwas verschwommen freilich. Ich stehe ganz erstaunt. Da höre ich den Onkel sprechen: ‚Seid ihr da? Ich höre ja deine Frau nicht, die ist doch sonst nicht so still?’ In dem Augenblick erscheint das Bild meiner Frau neben dem meinigen auf dem Schirm. ‚Meine Frau wird nachkommen’, sage ich, ‚aber –’ Inzwischen dreht Onkel Pausius das Licht an. Auf dem Schirm sieht man nichts mehr, und der Onkel zieht seinen Kopf vorsichtig aus einem merkwürdigen Gestell hervor. Er steht langsam auf, reibt sich die Hände, deutet auf ein kleines Fläschchen auf seinem Experimentiertisch und sagt schmunzelnd: ‚Habe da was Neues, Feines. Willst mal probieren?’ Ich mache natürlich ein etwas mißtrauisches Gesicht. ‚Kannst es ruhig riskieren’, fährt der Onkel fort. ‚Kraniophan! Macht einen hellen Kopf sozusagen.’ Ich bat ihn um eine Erklärung. ‚Ja’, sagt er, ‚das ist ’ne Flüssigkeit! Ich spritze eine Kleinigkeit in das Blut. Sobald sie mit den Knochen in Berührung kommt, wird sie von diesen aufgesaugt. Merkwürdig, aber es ist so, sie durchdringt die ganze Substanz, wie Wasser ein Löschblatt. Das schadet jedoch dem Körper nichts und den Knochen auch nichts. Nach fünf Minuten ist die Wirkung wieder vollständig verschwunden. Was man davon hat? Ja, das ist eben das Feine. Solange nämlich die Knochen das Kraniophan enthalten, sind sie für Licht durchdringlich, wenigstens für die Strahlen der von mir konstruierten Lampe. Nehmen wir ein sehr intensives Licht, so bringen wir es durch die Haut und die Fleischteile hindurch. Dann können wir aber auch durch die Knochen hindurchleuchten.’
    ‚Wirklich?’ sagte ich eifrig. ‚Das ist ja außerordentlich wichtig für die Heilkunde!’
    Der Onkel schmunzelte. ‚Hm, hm’, fuhr er fort, ‚wenn es nur das wäre, das wüßt’ ich schon lange. Habe aber dieser Tage was ganz Neues entdeckt. Ich leuchte ins Gehirn hinein.’
    ,Das läßt sich denken. Da der Schädel aus Knochen besteht, wird er durchstrahlbar. Das ist eben eine der Folgen deiner Erfindung.’
    ,Pah! Das ist das wenigste, daß wir in die Gehirnzellen hineinsehen. Freilich, fein ist’s ja, aber es handelt sich nicht bloß um das Physiologische, es steckt noch etwas ganz Merkwürdiges dahinter!’
    ,Ich begreife nicht, was du noch mehr erreichen willst.’
    ,Glaub’s schon. Begreife es selbst kaum. Denke dir! Ich sehe nicht bloß die Hirnzellen, sondern ich zeige dort auf dem Schirm deine eigene Vorstellung, das, was du im Augenblick denkst, sozusagen – ja, ich kann es sogar fotografieren.’
    ‚Unmöglich, Onkel! Du willst mich zum besten haben!’
    ‚Tatsächlich! Ich will es dir zeigen. Allerdings nicht jede Vorstellung, sondern nur die optischen, das heißt das, was sichtbar ist, was du dir selbst als Figur, als Bild im Raum vorstellst. Was sahst du auf dem Schirm, als du hereinkamst?’
    ,Mich selbst.’
    ,Und dann?’
    ,Meine Frau.’
    ,War sie hier? Nein. Warum sahst du sie? Weil ich gerade mein Sehzentrum im Gehirn durchstrahlen ließ und erst an dich, dann an euch beide dachte. So erschienen eure Bilder. Wie das zu erklären ist? Ja, ich habe auch eine Theorie. Höre mich an! Doch nein, ich will dir zuerst eine einfache Probe zeigen. Komm her!’
    Ich weigerte mich nicht. Der Onkel machte

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