Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
über ihre Wange um eine störrische Strähne hinter ihr Ohr zu stecken. So oft lachte er über ihre Witze und zog sie mit Hänseleien auf. So oft tuschelten die anderen Insassen darüber, dass sie das perfekte Paar wären.
Verzweifelt schluchzt Kira auf, Tränen zeichnen nasse Wege auf ihre Wangen. Sie möchte nicht gehen, sondern bei Caleb bleiben. Aber der Anblick der beide,n wie sie glücklich beieinander liegen, schmerzt noch mehr als ein Abschied.
Mit einem Schwung stößt sie die Tür auf, tritt hinaus ins beginnende Tageslicht und wirft einen letzten Blick über ihre Schulter.
»Wenn ich Glück habe, werde ich dich bald vergessen.«
»Dabei sind wir dir gerne behilflich.«
»Was?!«
Blitzschnell wirbelt Kira herum, doch es ist schon zu spät. Ein warmer, stinkender Lappen wird auf ihren Mund und ihre Nase gedrückt. Panisch versucht sie sich zu befreien. Wild schlägt sie mit Armen und Beinen um sich, versucht die Luft anzuhalten, um das Betäubungsmittel nicht einzuatmen.
Ein streunender Hund beobachtet das Geschehen aufmerksam aus seinem Versteck hinter einigen Mülltonnen. Sein strubbliges Fell und die sich abzeichnenden Hüften zeugen davon, dass er schon lange keine menschliche Liebe mehr gespürt hat. Ansonsten ist niemand da, der Kira helfen kann.
Kraftlos sinkt sie zu Boden. Ihre Muskeln gehorchen ihr nicht mehr und ihr Gehirn fühlt sich an wie in Watte verpackt.
»Was nun? Sammeln wir die anderen auch noch ein?«
»Nein, ich habe gesehen, dass noch zwei zu ihnen hoch sind. Wir brauchen Verstärkung, sonst wird das nichts. Mit den Peilsendern finden wir sie immer wieder. Lass uns zuerst diese hier ins Zentrum bringen.«
»Wird der Boss nicht sauer, wenn wir nur einen Teil des Auftrags erfüllt haben?«
»Er soll froh sein, dass wir überhaupt jemanden gleich mitbringen, immerhin ...«
Kira bemüht sich mit aller Macht wach zu bleiben, aber das Mittel ist zu stark.
»Holen wir die anderen morgen«, sind die letzten Worte, die sie hört, bevor tiefe Finsternis sie umhüllt.
Siebtes Kapitel
»Du willst sie wirklich einfach so gehen lassen?« Obwohl Hailey erleichtert darüber ist, dass niemand Kiras Fluchtgrund mitbekommen hat, verspürt sie gleichzeitig immer noch Mitleid mit der jungen Frau. »Ich dachte, ihr seid Freunde?«
Verblüffend emotionslos zuckt Caleb mit den Schultern.
»Manchmal muss man Freunde gehen lassen, damit sie von selbst zurückkommen. Sie wird wissen, was das Beste für sie ist.«
»Dann machen wir unseren Plan erst einmal ohne sie.«
»Jules!«, ruft Macy empört. »Caleb, wenn ihr befreundet seid, kannst das nicht einfach so hinnehmen. Sie erwartet bestimmt, dass du sie aufhältst.«
Stirnrunzelnd sieht Caleb sie an.
»Warum sollte sie so etwas tun?«
»Weil sie eine Frau ist, Mann!«, erklärt Macy und schüttelt dabei den Kopf als würde sie einem Fünfjährigen erklären, dass man sich an Feuer verbrennen kann.
»Ich denke, ich kenne Kira schon länger und kann ganz gut beurteilen, was sie erwartet.«
Mit diesen Worten wendet Caleb sich seinem Essen zu. Hailey starrt ihn mit offenem Mund an. Gestern noch war er der romantischte Mann auf der Welt und nun verhält er sich wie ein gewissenloser Kerl. Sie traut sich nicht, ihm in die Augen zu sehen und so reißt sie kleine Stücke aus ihrem Brötchen und stopft sie sich nacheinander in den Mund.
»Ach Hailey, für dich habe ich noch etwas ganz Besonderes mitgebracht!«
Strahlend greift Macy in ihre Tasche und fischt eine silberne Flasche heraus. Sie reicht sie Hailey, welche den warmen Behälter überrascht in Empfang nimmt.
»Was ist das?«
»Schau nach.«
Wie geheißen schraubt Hailey die Verschlusskappe ab. Heißer Dampf und ein vertrauter Geruch steigen ihr entgegen.
»Heiße Schokolade!« Mit einem Satz ist sie auf den Beinen und umarmt Macy stürmisch. »Danke, danke, danke!«
Vor einigen Jahren ernannte Macy das heiße Getränk offiziell zu ihrem Trostpflaster für alles, das sie bei jeder Gelegenheit mit Hailey teilte. Ob schlechte Noten, miese Laune oder nervige Mitschüler – eine Tasse heiße Schokolade und auf einmal schien die Welt wieder farbenfroher.
»Aber ich würde mich freuen, wenn du mir auch was abgibst.«
»Na klar.«
Gierig schüttet Hailey das dampfende Getränk in die Verschlusskappe und nippt daran. Der süße Geschmack breitet sich in ihrem Mund aus und entlockt ihr ein wohliges Seufzen. Trostpflaster für die Seele so nennen Hailey und Macy dieses wundersame
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