Traummann mit Zuckerkuss
machte es Helena doch etwas aus, sie wollte Issy aber auf keinen Fall noch damit belasten. Ihr gefiel es auch nicht, mit einunddreißig Single zu sein, aber sie wollte sich nicht in ihrem Kummer suhlen. Issys Miene war so schon angespannt genug.
» Ich habe eine Entscheidung getroffen«, verkündete Issy. Helena zog die Augenbrauen hoch.
» Dann schieß mal los.«
» Ich denke, ich mache es. Das mit dem Café. Mein Gramps hält es für eine tolle Idee.«
Helena lächelte. » Das hätte ich dir auch vorher sagen können.«
Helena hielt es auch für eine gute Idee– sie hatte keine Zweifel daran, dass Issy die allerköstlichsten Kuchen backen oder mit Kunden umgehen konnte. Sorgen machte ihr eher die Frage, wie ihre Freundin mit der Verantwortung eines eigenen Unternehmens umgehen würde, mit dem ganzen Papierkram, immerhin sah sie sich lieber im Fernsehen die blutigsten Operationen der Welt an, als ihre Visa-Rechnung zu öffnen. Darüber machte sie sich schon Gedanken. Trotzdem war im Moment alles besser als diese Selbstmitleids-Nummer.
» Nur für sechs Monate«, erklärte Issy, zog den Mantel aus und ging in die Küche, um Schokoladenpopcorn zu machen. » Wenn es schiefgeht, wäre ich danach nicht bankrott.«
» Das ist die richtige Einstellung!«, rief Helena. » Und es wird natürlich nicht schiefgehen. Das wirst du super stemmen!«
Issy sah zu ihr hinüber. » Aber…«
» Was?«
» Das hört sich so an, als würde noch ein Aber hinterherkommen.«
» Kein Aber«, versprach Helena. » Lass uns lieber eine Flasche Wein aufmachen.«
» Könnten wir nicht noch jemanden anrufen?«, fragte Issy. In letzter Zeit hatte sie ihre Freunde so selten gesehen, und jetzt überkam sie die dunkle Vorahnung, dass sie in näherer Zukunft noch weniger Zeit für sie haben würde.
» Na ja«, überlegte Helena. » Tobes und Trinida sind nach Brighton gezogen. Tom und Carla denken darüber nach umzuziehen. Janey ist schwanger. Brian und Lana gehen nicht raus, wegen der Kinder.«
» Ach, stimmt«, seufzte Issy. Sie erinnerte sich noch an die Zeit, als sie Helena und die ganze Truppe auf dem College kennengelernt hatte. Damals hatten sie sich ständig gegenseitig besucht, zum Frühstück, zum Mittagessen oder Abendessen, das sich dann bis zum nächsten Morgen hinziehen konnte, für ganze Wochenenden. Inzwischen ließen sich alle häuslich nieder, sprachen über Ikea und Immobilienpreise und Schulgeld und » Zeit für die Familie«. Spontan vorbeigeschaut wurde nur noch selten. Es gefiel ihr gar nicht, dass der dreißigste Geburtstag ein Scheideweg zu sein schien. Von diesem Zeitpunkt an konnte man im Leben offensichtlich zwei mögliche Wege einschlagen. Was bis dahin weitestgehend parallel gelaufen war, entwickelte sich nun immer weiter auseinander.
» Ich mache den Wein trotzdem auf«, beschloss Helena, » und dann schalten wir die Glotze ein und lästern ordentlich ab. Hast du dir eigentlich schon einen Namen überlegt?«
» Ich weiß nicht. Vielleicht Grampa Joe’s?«
» Das klingt eher nach einem Hotdog-Stand.«
» Meinst du?«
» Ja.«
» Hm. Die Stoke-Newington-Bäckerei?«
» Die gibt es schon. Das ist dieses kleine Lokal in der Church Street mit den staubigen Linzer Plätzchen und den riesigen Wurstbrötchen.«
» Oh.«
» Du verkaufst doch Cupcakes, oder?«
» Auf jeden Fall«, sagte Issy, und ihre Augen fingen an zu leuchten, als der Mais im Topf zu platzen begann. » Weißt du, manchmal wollen die Leute nämlich keinen großen Kuchen, sie wollen etwas Winziges, Zartes und Köstliches, das nach Rosenblüten schmeckt, oder ein kleines Lavendeltörtchen, das auf der Zunge förmlich explodiert, oder einen winzigen Cupcake, der wie ein Blaubeermuffin schmeckt und in dem sich eine riesige Blaubeere versteckt, die beim Reinbeißen zerplatzt, und … «
» Okay, okay«, lachte Helena. » Schon klar. Na ja, warum nennst du es dann nicht einfach Cupcake Café? Dann können die Leute sagen: ›Ach, du weißt schon, dieses Lokal mit den ganzen Cupcakes‹, und dann wird es heißen: ›Ich kann mich gar nicht mehr an den Namen erinnern‹, und dann wird jemand einwerfen: ›Das ist doch das Cupcake Café‹, und alle werden sagen: ›Ja, genau, treffen wir uns doch da.‹«
Issy ließ sich den Vorschlag durch den Kopf gehen. Der Name war schlicht und ein bisschen zu offensichtlich, fühlte sich aber richtig an.
» Nicht schlecht«, sagte sie. » Aber viele Leute mögen ja gar keine Cupcakes. Wie wäre es mit
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