Traummoerder
kam, hatte er das Gefühl, sich mit Richard Quin, der den Mord am Sanitäter untersuchte, in Verbindung setzen zu müssen. »Richard? Hier spricht Mike Kandinski. Ich habe von Ihrem Schlangen-Fall gehört. Und hoffe, dass es Sie nicht stört, wenn ich mich ein wenig einmische?«
»Nur zu.«
»Sie haben heute Nachmittag Leute vernommen, die ich persönlich kenne. Dermot Nolan und seine Frau Neela.«
»Das stimmt. Ihnen sind die offenen Türen des Krankenwagens aufgefallen; sie wollten helfen.«
»Ich kenne die Nolans ganz gut. Und meine Frau war ihretwegen in Sorge, wollte sich aber nicht aufdrängen, deshalb hat sie die Nolans nicht angerufen. Geht es ihnen gut? Sind sie sehr schockiert?«
»Es geht ihnen gut. Sie ist hart im Nehmen, die Frau. Nicht in unangenehmer Weise, aber sehr kompetent. Verstehen Sie? Nolan war ziemlich außer sich, als wir ankamen. Aber so würde es den meisten ergehen, wenn sie so etwas zu sehen bekämen.«
»Ja, wahrscheinlich.« Kandinski holte Luft. »Haben Sie schon einen Anhaltspunkt, wer diesen Schlangenanschlag verübt haben könnte? Oder aus welchem Grund?«
»Noch nicht. Wir haben fünf Schlangen sichergestellt. Alle potenzielle Killer. Wer immer sie in den Krankenwagen geschleust hat, hat nichts dem Zufall überlassen – jede einzelne hätte dem armen Teufel den Garaus gemacht. Wie sich herausstellte, haben vier von ihnen zugeschlagen.«
Dawn Kandinski sah ihren Mann eindringlich an und hauchte tonlos: Sag’s ihm.
»Hören Sie, Richard. Wahrscheinlich ist gar nichts dran …« Er hielt inne.
»Woran?«
»An dem, was ich Ihnen jetzt sage. Trotzdem denke ich, Sie sollten es wissen, dann können Sie darüber nachdenken und selbst entscheiden. Wie gesagt, wahrscheinlich ist es nicht wichtig.«
»Was haben Sie für mich?«
»Haben Sie Nolans Buch Worst Nightmares gelesen?«
»Nein, offensichtlich bin ich der Einzige auf der ganzen Welt, der es nicht gelesen hat. Was ist damit?«
»Meine Frau Dawn hat mich darauf aufmerksam gemacht.« Dawn verzog das Gesicht. Sie wollte nicht diejenige sein, die den anklagenden Finger auf Nolan richtete. »In dem Buch gibt es ein Kapitel, in dem ein Mann aus dem siebzehnten Stock eines Gebäudes stürzt – in Sydney, Australien. Das erinnert an einen Fall, in dem ich vor ein paar Monaten ermittelt habe. Dawn meinte, die Umstände wären ganz ähnlich. Und ich musste ihr recht geben.«
»Und?«
»Na ja, ich habe ein wenig nachgeforscht und festgestellt, dass die Fälle nahezu übereinstimmen. Aber das könnte Zufall sein.«
»Okay …«
»Aber es ist nicht der einzige.«
»Und wie kommt der Sanitäter ins Spiel? Warten Sie – lassen Sie mich raten. Jemand in Nolans Buch starb an Schlangenbissen, stimmt’s?«
»Nicht nur das – es passierte in einem Krankenwagen.«
»Und der Mann, der gestorben ist?«
»War Sanitäter.«
»Ich verstehe«, murmelte Quin nachdenklich.
»Ich bringe das nur zur Sprache, weil eine Todesart Zufall sein kann. Aber es sind mehrere, und das sollten wir genauer untersuchen.«
»Mir scheint, die Ereignisse stehen irgendwie in einem Zusammenhang.«
»Das würde ich auch sagen. Aber vergessen Sie nicht, dass ich Dermot Nolan kenne – er ist kein schlechter Kerl. Und ich behaupte nicht, dass er irgendetwas mit diesen Verbrechen zu tun hat. Ich möchte nur wissen, woher er seine Geschichten hat.«
»Verstanden. Lassen Sie uns morgen noch mal darüber sprechen. Mein Dienst beginnt zu Mittag.«
Kapitel 44
Als Mr. B, auch als Reggie Helpmann bekannt, das Bewusstsein wiedererlangte, schlug eine Woge schierer Panik über ihm zusammen. Der Mann an der Tür! Der Mann, der ihn mit einer Spritze gestochen hatte! Man hatte ihn entführt! O Gott, was geschah nur mit ihm?
Sein Verstand brauchte ein paar Minuten, bis er die Umgebung aufnahm. Es war stockfinster. Als er endlich imstande war, einen einigermaßen klaren Gedanken zu fassen, begriff er, dass er nicht in seinem Bett lag, sondern in einem eng begrenzten Raum. Der Kopf schmerzte, die Glieder taten höllisch weh.
Er versuchte, Arme und Beine zu bewegen, und musste feststellen, dass sie gefesselt waren. Das Holpern und das stete Motorengeräusch verrieten ihm, dass er sich in einem Fahrzeug befand – im Kofferraum eines Autos!
Der Denkprozess war verlangsamt. Seine Augen fühlten sich an, als wären sie zugeklebt. Dieses Gefühl erinnerte ihn an einen Tag in seiner Kindheit. Seine Mutter weckte ihn nach einerlangen Autofahrt auf, und er zwang sich, die
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