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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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behaupteten sie, also dachte ich, daß gar nichts tötet.«
    »Ich werde es ausrichten.«
    »Und vergiß nicht dein eigenes Anliegen. Andere Menschen benötigen...«
    Der Atem ging ihr aus, und Schlange wartete stumm auf ihre weiteren Willensäußerungen. Unter ihren Achseln rann Schweiß hinab. Dunst spürte ihr Unbehagen und schlang sich fester um ihren Arm.
    »Heilerin?« Schlange berührte ihre Hand. »Merideth hat mir den Schmerz genommen. Bitte laß mich gehen, bevor er zurückkehrt.«
    »Wie du willst, Jesse.« Sie löste Dunst von ihrem Arm. »Ich werde versuchen, es so schnell wie möglich geschehen zu lassen.«
    Das einst schöne, nun verunstaltete Gesicht wandte sich ihr zu.
    »Danke.«
    Schlange war froh, daß Jesse nicht zu sehen imstande war, was nun begann. Dunst sollte in eine Halsschlagader beißen, gleich unterhalb des Kinns, so daß das Gift in Jesses Gehirn fließen und sie augenblicklich töten konnte. Schlange hatte sich ihr Vorgehen genau überlegt, ohne Gefühle, wobei sie sich zugleich wunderte, wieso sie so nüchtern darüber nachzudenken vermochte. In besänftigendem, hypnotischem Ton fing Schlange auf Jesse einzureden an.
    »Entspanne dich, laß deinen Kopf zurücksinken, schließe die Augen, stell dir vor, es ist Zeit zum Schlafen...«
    Sie hielt Dunst über Jesses Brustkorb, wartete noch, bis Jesses Verkrampfung sich löste und das Zittern nachließ. Tränen liefen über Schlanges Gesicht, aber ihr Blickfeld war scharf und klar. Sie sah den Pulsschlag in Jesses Kehle. Dunsts Zunge schnellte aus-und einwärts. Ihre Kapuze blähte sich; sobald Schlange sie freigab, würde sie zustoßen.
    »Ein tiefer Schlaf, wohlige Träume...«
    Jesses Kopf rollte, die Kehle lag frei. In Schlanges Händen krümmte sich Dunst. Schlange spürte, wie sich ihre Finger lockerten, während sie dachte: Muß ich das tun? Und plötzlich zuckte Jesse, der obere Teil ihrer Wirbelsäule wölbte sich rückwärts, warf ihren Kopf nach hinten. Ihre Arme versteiften sich, die Finger spreizten und bogen sich zu Klauen. Erschrocken biß Dunst zu. Jesse bäumte sich noch einmal auf, die Hände zu Fäusten geballt, dann erschlaffte sie innerhalb eines Augenblicks vollständig. Zwei winzige Tröpfchen Blut quollen aus den von Dunsts Fängen hinterlassenen Malen. Jesse erbebte; aber sie war bereits tot.
    Nichts war übrig als der Geruch des Todes und ein entseelter Körper, auf dem kalt Dunst lag und zischte. Schlange fragte sich, ob Jesse womöglich den Druck in ihrem Schädel in einem Maße anschwellen gespürt hatte, das ein baldiges Ende verhieß, und ihre Gefährten hinausschickte, solange noch die Gelegenheit dazu bestand, ihnen diese Erinnerung zu ersparen. Mit zittrigen Händen schob Schlange die Kobra zurück in die Schachtel und reinigte den Leichnam so sanft, als sei er noch Jesse. Doch nichts war von ihr geblieben; ihre Schönheit war mit ihrem Leben entschwunden, vorhanden war nur noch schadhaftes, verquollenes Fleisch. Schlange schloß die Lider der Toten und breitete das schmutzige Laken über ihr Gesicht. Sie verließ das Zelt, in der Hand die Lederschachtel. Merideth und Alex blickten ihr entgegen. Der Mond war aufgegangen; sie sah die beiden Männer in Grautönen.
    »Es ist vorbei«, sagte sie. Irgendwie klang ihre Stimme genauso wie sonst.
    Merideth regte sich nicht, blieb stumm. Alex nahm Schlanges Hand, so wie zuvor Jesses, und küßte sie. Schlange wich zurück; für die Tätigkeit dieses Abends wollte sie keinen Dank.
    »Ich hätte bei ihr bleiben sollen«, sagte Merideth.
    »Sie wünschte es nicht, Merideth.«
    Schlange begriff, daß Merideth sich immerzu ausmalen würde, wie es geschehen sein möge, auf tausend und noch mehr Arten, eine scheußlicher als die andere, es sei denn, sie zog seiner Phantasie Grenzen. »Ich hoffe, daß du mir glauben kannst, Merideth«, sprach sie. »›Merideth hat mir den Schmerz genommen‹, sagte Jesse, und einen Moment später starb sie, unmittelbar bevor meine Kobra zustieß. Sie war sofort tot. Augenblicklich. In ihrem Hirn platzte ein Blutgefäß. Sie hat nichts gespürt. Sie spürte auch Dunst nicht. Seien die Götter meine Zeugen, ich glaube, daß das die Wahrheit ist.«
    »Es wäre ohnehin so gekommen, gleichgültig, was wir getan hätten?«
    »Ja.«
    Ihre Worte bewirkten anscheinend tatsächlich, daß Merideth die Lage nun anders betrachtete, mit dieser Darstellung vermochte er sich abzufinden. Für Schlange änderte sich nichts. Sie mußte im Bewußtsein dessen

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