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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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verflachtes, farbloses Aussehen, und der Park sah aus wie auf einer alten, verblichenen Zeichnung. Zu ihrer Linken sah Ana ein großes Fußballfeld mit Kunstrasen. Rechts lag ein umzäuntes Oval aus Beton, auf dem Rollschuhhockey gespielt wurde. Der Spielplatz befand sich in der Mitte. In der Sandkiste standen vier Häuschen aus Plastik und Metall, die wie Strandhütten aussehen sollten. Wenn man die Sandkiste verließ und über einen Streifen mit abgestorbenem Gras ging, kam man zu einem roten Backsteingebäude, das für Basketballturniere und Pfadfindertreffen genutzt wurde.
    Und in der kleinen Straße dahinter hatte jemand einen Eiswagen abgestellt.
     
    Martin Doyle trug ein Funk-Headset und saß in dem fensterlosen Raum zwischen Eismaschine und Fahrerkabine. Er beugte sich vor und beobachtete ein kleines Mädchen in einem rosa Sommerkleid, das sich dem Eiswagen näherte und eine Kugel Vanille mit Schokostreuseln bestellte.
    Ein Tabula-Söldner namens Ramirez war für den Softeisverkauf zuständig. Er nahm das Geld entgegen, reichte dem Mädchen die Eiswaffel und blickte ihr nach. »Was tun Sie da?«, fragte er Doyle.
    »Ich bin noch nicht so weit, eine Zielperson auszuwählen. Geben Sie mir noch eine Minute.«
    Doyle starrte weiter auf den Monitor. Er hatte eine Narbe auf dem rechten Handrücken, in den die Tabula einen Radiochip implantiert hatten. Ein zweiter, noch leistungsstärkerer Chip steckte in seiner Brust, genau zwischen Sternum und Brustmuskel. Ich bin ein Sklave , dachte er. Boones kleiner Roboter . Dieser Tage war das Team in ganz Kalifornien unterwegs. Wenn er wachsam blieb, würde sich möglicherweise eine Fluchtmöglichkeit ergeben.

    Die Hightech-Ausrüstung des Eiswagens erlaubte ihm, Privatwohnungen und Spielplätze auszukundschaften, gleichzeitig war es ihm unmöglich, die Erfahrung wirklich zu genießen. Wenn das Team nicht gerade arbeitete, lag Doyle auf seinem Bett und ließ die Erinnerungen vorbeiziehen. Es war, als berühre er jedes Bild einzeln und halte es ins Licht wie eine geliebte Fotografie. Da war Darrell Thompson, der kleine Junge, der allein in einem für eine Geburtstagsparty geschmückten Hinterhof gespielt hatte. Alle waren ins Haus gegangen, um sich Kuchen zu holen, und Darrell hopste allein auf der Hüpfburg herum. Doyle erinnerte sich an Amanda Sanchez, die geweint hatte, und Katie Simms, ein entzückendes, strohblondes Kind mit Heftpflaster auf dem aufgestoßenen Knie.
    Am kostbarsten waren ihm jene stillen Momente kurz vor der ersten Begegnung mit dem Kind. Doyle genoss die Überraschung in den Kindergesichtern und das ängstliche Lächeln. Immer starrten sie ihm ins Gesicht, sie betrachteten ihn auf eine ganz besondere, eindringliche Art. Kannten sie ihn? Würde er ein neuer Freund sein?
    Doyle schwang auf dem Drehstuhl herum, griff ins Regal und nahm eine durchsichtige Plastikbox mit einer Libelle heraus, die an einem Zweig hing. Er schüttelte die Box vorsichtig, woraufhin das Insekt seine Flügel bewegte. Die Libelle war zu einem so genannten HIMEM aufgerüstet worden, was die Abkürzung für Hybridinsekt mit mikroelektronischer Mechanik war. Ramirez und die anderen Söldner sprachen einfach nur von »Robofliegen«.
    Seit Jahren schon setzten die CIA und verschiedene europäische Geheimdienste insektengroße Spionagedrohnen ein, die meistens einer Libelle nachempfunden waren. Diese hoch entwickelten Überwachungsgeräte konnten beispielsweise über einer Antikriegsdemonstration schweben und einzelne Teilnehmer fotografieren. Boone zufolge hatten die mechanischen
Libellen jedoch zahlreiche Schwachstellen. Sie blieben höchstens zehn Minuten in der Luft und konnten von plötzlichen Seitenwinden davongetragen werden. Das größte Problem bestand jedoch darin, dass es sich bei ihnen ganz offensichtlich um Maschinen handelte. Seit eine der Libellen während eines Protestmarsches gegen die globale Klimaerwärmung auf die Pariser Champs-Élysées gestürzt war, verfügten die Demonstranten über handfeste Beweise für die Spionagetätigkeiten der Regierung.
    Ein HIMEM hingegen sah aus wie ein gewöhnliches Insekt. Als die Libelle noch im Nymphenstadium gewesen war, hatte man einen Silikonchip und ein winziges Objektiv in die Larve implantiert. Während die Libelle heranwuchs, passte ihr Nervensystem sich dem Chip an, so dass sich ihre Bewegungen über einen Computer steuern ließen.
    Mit der Plastikbox in der Hand schob Doyle eine Schiebetür auf und kletterte über den

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