Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
Vom Netzwerk:
für eine dumme Frage. Natürlich ist er nett. Muss er ja sein. Sonst hättest du ihn ja wohl kaum mitgebracht.«
    »Genau.«
    »Und, alles okay mit euch…?« Sie wusste offensichtlich nicht, was sie weiter fragen durfte. Es war echt merkwürdig, meine Mutter so derart durcheinander zu erleben.
    »Ja.«
    »Gut.« Sie stand auf, ging aus dem Zimmer, stoppte auf halbem Weg im Flur und kam zu mir zurück.
    »Ich, also, ich…« Sie setzte sich auf meinen Schreibtischstuhl, rückte mit dem Stuhl näher zu mir herüber und legte ihre rechte Hand auf meine. »Das ist für mich eine neue Situation, sozusagen. Jana, verstehe mich doch bitte. Bitte, ich…«
    »Er ist nett. Wirklich. Len ist ein total süßer Kerl.« Ich zögerte. Rang innerlich mit mir, was ich sagen durfte, und dann plötzlich brach es aus mir heraus. »Len lebt auf der Straße. Es ist der Junge, der mir im Januar geholfen hat, als die Polizei mich festgenommen hat.«
    »Der dir dein Handy gestohlen hat? Der Hausbesetzer?« Sie zog erschrocken ihre Hand zurück. »Jana!«
    »Das mit dem besetzten Haus war nur, weil er nicht wusste, wo er sonst schlafen sollte«, begann ich zu erklären. Doch noch während ich sprach, wusste ich, dass ich völlig umsonst sprach. Warum hatte ich nur die Wahrheit gesagt? Ich hätte es wissen müssen. »Len ist echt in Ordnung. Er weiß halt nur nicht, wohin. Und irgendwie ist es dann doch okay, wenn die leer stehende Häuser besetzen. Echt, Hausbesetzer sind keine Kriminellen. Halb Kreuzberg war früher besetzt. Papa sagt doch auch immer, das sind ganz normale Menschen. Mama, du kannst mir vertrauen.«
    »Weißt du überhaupt, was du da sagst?« Ihre Augenlider zuckten nervös. »Wie habt ihr euch wiedergesehen. Hat er sich an dich rangemacht?«
    »Hat er nicht. Ich bin zu ihm.«
    »Wieso?«
    »Weil ich mit ihm reden wollte.«
    »Wieso?«
    »Weil…« Nun war ich es, die nicht mehr wusste, was sie sagen sollte.
    »Jana, du kannst nicht einfach so jemanden ungefragt in unser Haus bringen.«
    »Ach nein. Wieso denn nicht?«, gab ich hart zurück. »Weil so jemand uns ausrauben könnte oder was?«
    »Zum Beispiel!« Meine Mutter hatte sich wieder voll im Griff und ich war unvermittelt ihr kleines unwissendes Mädchen. »Dein Handy hat er dir ja schon mal geraubt. Was weißt du über ihn?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Seinen Nachnamen?«
    Ich schwieg.
    »Jana, du bringst einen Kerl mit nach Hause, von dem du nicht einmal den Nachnamen kennst!«
    »Wir lieben uns!«
    »Das darf ja wohl nicht wahr sein. So haben wir dich aber nicht erzogen. Wie bescheuert bist du denn eigentlich?« Sie stand so ruckartig auf, dass ihr Stuhl umfiel. »Jana, du bleibst in deinem Zimmer, wir reden später weiter.«
    »Wie bitte?«
    »Ich hätte dich nicht für so naiv gehalten.« Sie stand vor mir und sah mich kopfschüttelnd an. »Hat er mit dir geschlafen?«
    »Was soll denn die Frage. Er mit mir… Mama!« Nun wurde ich laut. »Ich habe ihn mitgebracht. Ich wollte das, ich bin zu ihm, ich habe ihn gesucht, nicht er mich. Und er wollte erst gar nicht mit hierher…«
    »Schluss!« Sie drehte sich um und verschwand aus meinem Zimmer. »Ich spreche jetzt mit Papa. Wir reden später weiter.«
    »Mama!«
    Die Tür ging zu und ich saß allein da.
    Ich hatte mit vielem gerechnet. Oft hatte ich mir in den letzten Tagen überlegt, wie meine Eltern reagieren würden, wenn ich ihnen von Len und mir erzählen würde. Doch mit einer solchen Reaktion hatte ich überhaupt nicht gerechnet. So kannte ich meine Mutter gar nicht. Als ich mit meinem Vater die Räumung gesehen hatte, da war er voller Verständnis für die Leute gewesen. Und von meiner Mutter hatte ich bisher auch eher anderes gehört. Wie sie plötzlich mit mir umging. Derart abgekanzelt hatte sie mich noch nie. Was erlaubte die sich denn, ich war doch kein kleines Mädchen mehr!
    Ich riss meine Tür auf, stürmte in den Flur, griff im Hinausstürmen meine Jacke und rannte aus dem Haus. Auf den ersten Metern rechnete ich damit, dass meine Mutter mir nachkommen, mich festhalten würde. Doch durchs Küchenfenster konnte ich sehen, dass sie aufgeregt ins Telefon hieinredete. Dass ich gegangen war, hatte sie gar nicht mitbekommen.
    Ich bin zur S-Bahn-Station gegangen und wie von einem unsichtbaren Seil gezogen in die nächste S2. Ich hatte zwar in meinem hektischen Aufbruch mein Handy und die Geldbörse vergessen, aber meine Monatskarte hatte ich immer in meiner Jacke. Keine halbe Stunde später

Weitere Kostenlose Bücher