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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Einwand. Sehen Sie sich Hauptmann Martschenko an. Mit seinem Schnurrbart und seiner Uniform sieht er aus wie ein Schmierenkomödiant, der an einem Provinztheater hängen geblieben ist. Der Rest der Truppe ist weitergezogen und hat ihn mit den Kostümen zurückgelassen. Und die Unteroffiziere, die Woropai-Brüder Dymtrus und Taras, sehen mir ganz so aus wie Jungs, die mit dem lieben Vieh kopulieren.«
    Arkadi blickte quer durch den Raum und musste zugeben, dass der Hauptmann ein klassisches Profil besaß. Die Woropais hatten bleiche, von einem späten Akneausbruch narbige Gesichter und so breite Schultern, dass man meinen konnte, sie hätten die Kleiderbügel mit angezogen. Sie drehten sich von Arkadi weg und lachten mit ihrem Hauptmann.
    »Wieso verbringt Martschenko eigentlich seine Zeit mit ihnen?«, fragte Arkadi.
    »Bei uns wird Eishockey gespielt. Hauptmann Martschenko trainiert eine Mannschaft, und die Woropais sind seine Cracks. Gewöhnen Sie sich daran, Sie sind ein dankbares Opfer. Die Leute munkeln, dass man Sie ins Exil geschickt hat und Ihr Chef in Moskau Sie für immer hier lassen will.«
    »Es wäre hilfreich, wenn ich den Fall lösen würde.«
    »Aber das werden Sie nicht. Sekunde, das möchte ich hören.«
    Am anderen Tisch brachte man Eva Kaska ein Ständchen, und sie lächelte dazu in seliger Einfalt. Die Forscher waren Arkadi entweder als die wissenschaftliche Creme de la Creme oder als Versager beschrieben worden, aber Narren waren sie allesamt, denn sie hatten sich freiwillig gemeldet, keiner brauchte hier zu sein. Alex ging zu seinen Freunden hinüber, heulte wie ein Wolf, stibitzte eine Flasche Weinbrand und kehrte damit zu Arkadi zurück.
    »Die Leute halten Sie nämlich für verrückt«, führte Alex sein Gespräch fort. »Sie gehen nach Pripjat. Kein Mensch schert sich noch um Pripjat. Sie gondeln mit einem Motorrad, das im Finstern strahlt, durch die Wälder. Wissen Sie denn nichts über Radioaktivität?«
    »Ich habe die Maschine mit einem Dosimeter geprüft. Sie ist sauber, sie strahlt nicht.«
    »Dann will ich es mal so ausdrücken: Niemand wird sie Ihnen stehlen. Also, Herr Chefinspektor Renko, was suchen Sie hier, im trostlosesten Winkel des Planeten?«
    »Ich suche >Selbstsiedler<. Insbesondere den Mann, der Timofejew entdeckt hat. Da ich seinen Namen nicht kenne, befrage ich alle Siedler, die ich finden kann.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst. Oder doch? Sie sind verrückt. Im Lauf eines Jahres haben wir hier alles: Wilderer, Plünderer, Selbstsiedler.«
    »Laut Polizeibericht wurde die Leiche von einem >Selbstsiedler< gefunden. Das klingt so, als ob er schon länger hier lebt. Dann müsste er dem Milizionär schon vorher bekannt gewesen sein.«
    »Was für Milizionäre gehen denn schon nach Tschernobyl? Sehen Sie sich die Woropais an. Die können kaum ihren Namen schreiben, geschweige denn einen Bericht. Sind Sie verheiratet? Haben Sie Kinder, die zu Hause auf Sie warten?«
    »Nein.« Arkadi dachte flüchtig an Schenja, aber Schenja konnte man kaum als Familie bezeichnen. Für Schenja war er nicht mehr als ein Chauffeur, der ihn in den Park kutschierte. Außerdem kümmerte sich jetzt Viktor um den Jungen.
    »Dann haben Sie sich in einer radioaktiv verseuchten Wüste eine unmögliche Aufgabe gestellt. Sie sind entweder ein Zwangsneurotiker oder ein Ermittler, der nur für seine Arbeit lebt.«
    »Damit haben Sie zum ersten Mal Recht.«
    »Darauf trinken wir.« Alex füllte die Gläser. »Wissen Sie eigentlich, dass Alkohol vor Strahlung schützt? Er entzieht Sauerstoff, der ionisiert werden könnte. Natürlich ist Sauerstoffentzug noch schlimmer, aber jeder Ukrainer weiß, dass Alkohol gut für ihn ist. Rotwein ist am besten, danach kommt Weinbrand, Wodka und so weiter.«
    »Aber Sie sind doch Russe.«
    Alex legte sich den Finger auf die Lippen. »Pst! Einstweilen werde ich als Spinner geduldet. Außerdem trinken auch Russen Wodka zur Vorbeugung. Die eigentliche Frage lautet: Sind sie auch verrückt? Meine Freunde und ich dienen der Wissenschaft. Hier kann man interessante Dinge über die Auswirkungen der Strahlung auf die Natur lernen, aber ich glaube nicht, dass ein toter Moskauer Geschäftsmann es wert ist, auch nur eine Minute hier zu verbringen, geschweige denn einen Monat.«
    Arkadi hatte sich das selbst oft gesagt, wenn er Pripjater Wohnungen oder in den Wäldern versteckte Bauernhäuser durchstöberte. Er wusste keine Antwort. Er hatte andere Fragen. »Wer dann?«, fragte

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