Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
Vom Netzwerk:
Beamten. Zornig, auf den falschen Mann hereingefallen zu sein, wurde das Double dennoch verhaftet, später aber wieder frei gelassen.
    Die vermeintliche Chinesin war im Flughafengebäude geblieben. Sie schlenderte gemächlich an den hell erleuchteten Geschäften der Einkaufsmall des Frankfurter Flughafens entlang, sah in die Schaufenster von Modegeschäften, nestelte sich an den Haaren und übte dabei den femininen Gang. Nach gut einer Stunde brach sie ihren Auftritt ab und nahm die Rolltreppen in die Tiefebene. Sie bestieg einen Vorortzug in den Frankfurter Stadtteil Rödelheim, wo sie ausstieg und ein paar Querstraßen weiter in einem begrünten Innenhof in einem chinesischen Restaurant mit Namen Huan-Ying einen Platz im dunkleren Teil des Gastraumes fand.
    Durch das Chinalokal zog sich ein roter Teppich, Papierlampions mit roten Baumwollfransen hingen über den Tischen. Sie waren mit den Versen eines chinesischen Lieds bedruckt. Der Mann, mit dem Lee Kong hier verabredet war, hatte ihm die Gegend empfohlen. Rödelheim war der Ort, in dem die meisten Frankfurter Migranten mit dunkler Hautfarbe lebten. Hier fielen nur Wikinger auf.
    Nach etwa zehn Minuten betrat ein hochgewachsener, hagerer Mann das Huan-Ying . Er sah aus wie Mitte sechzig, schlenderte erst zum Tresen, tuschelte eine Weile mit dem Barmann, ließ einen Geldschein sehen und setzte sich dann ebenfalls an einen rückwärtigen Tisch. Reserviert sah er zu dem Transvestiten hinüber. Dessen Aufzug stieß ihn augenscheinlich ab.
    Kong war amüsiert. Seine Verwandlung war perfekt.
    »Michael«, raunte er auf Englisch zu dem Mann hinüber, »haben Sie schon gefrühstückt?«
    Storm sah überrascht auf.
    »Kennen wir uns?«, fragte er in abwehrendem Ton.
    Kong tuschelte leise: »Wann erwachen chinesische Drachen nach einem langen Winter?«
    Storms Miene hellte sich auf. Er antwortete ebenso leise: »Wenn die Mandelbäumchen blühen …«
    Er stutzte nochmals kurz, dann zog Helle in sein Gesicht.
    »Meine Güte, Lee Kong, Sie sehen ja aus wie ein Experiment …«
    Der General grinste breit, nahm die Sonnenbrille ab und lüftete sein Kunsthaar. »Reden Sie trotzdem mit mir?«
    »Ja, aber nur, wenn Sie mir den Namen Ihres Erfinders nennen.«
    Kong lachte scharf, mit fast wildem Klang. Seine männlichen Züge und die Schminke standen dabei in groteskem Gegensatz zueinander.
    »Können wir hier offen sprechen?«, fragte der General.
    »Ich denke, ja. Der Tresenmann ist um einen Hunderter reicher. Dafür hält er die Tische um uns herum frei.«
    Lächelnd sagte der General: »Der Flughafen war voll von deutschen Schnüfflern. Meine Verkleidung ist so etwas wie Notwehr, verstehen Sie?«
    Storm nickte nur scheinbar mitfühlend. Dieser Aufzug war wirklich zu lächerlich. Er dachte bissig, dass Kong zu den Generälen zählte, die immer Gefreite blieben, auch wenn sie mehrmals befördert worden waren.
    Beide bestellten Glasnudeln mit Hühnerfleisch, angerichtet in einer Soße mit Mandeln, Kiwi und Mangos. Als Kong in seinem femininen Aufzug Happen für Happen auf die Gabel schob, bekamen seine Bewegungen etwas Gespreiztes. Storm schüttelte sich und kämpfte zur Ablenkung derweil immer wieder mit den Fruchtstücken, die, mit der Soße vermengt, von seiner Gabel rutschten.
    Kong war gespannt darauf, welche Nachrichten Storm für ihn hatte. Er spürte eine große innere Unruhe, seitdem er Berlin erpresst hatte, ohne allerdings über eigene Waffen zu verfügen, die er nach erfolglosem Ablauf des Ultimatums hätte einsetzen können. Diese Vorgehensweise war auch für ihn neu; doch Chinas Staatsspitze und die massiven Sicherheitsvorkehrungen in Marienstrand hatten ihm keine andere Wahl gelassen. Peking durfte in keinem Fall in die Schusslinie geraten. Und er selbst, ein Ortsunkundiger, hätte es ohne Verbündete nie geschafft, ein Waffenarsenal in den Konferenzort zu schmuggeln.
    Während Kong den Faden wieder aufnahm, kaute er dabei hektisch. Er fühlte sich sehr unwohl in seinem Aufzug. Doch Job war für ihn Job. Auch wenn er gegen die eigene Ästhetik verstieß.
    »Was haben Sie seit unserem letzten Telefonat am Montag erreicht?«, fragte der General verschwörerisch leise. »Welche Waffen hat Ihr Kontaktmann, die er uns zur Verfügung stellen kann?«
    »Möchten Sie gar nicht wissen, um wen es sich handelt? Wo bleibt Ihr Misstrauen, General?«
    »Offen gestanden vertraue ich Ihnen bei der Auswahl des Personals. Aber gut: Wer ist er? Wäre er bereit, bis zum Äußersten zu

Weitere Kostenlose Bücher