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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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sich also gemeinsam wieder auf und begannen dort, wo der jeweils andere aufgehört hatte: beim Stehlen von Informationen und bei der Erledigung von Spezialjobs«, spann Croy den Faden weiter.
    »So kann man es natürlich auch …« Mitten in seinen Satz klingelte Storms Telefon. »Priwet, Igor. Was hast du herausgefunden?« Dann schwieg er und hörte zu. Zwischendurch nickte er mit dem Kopf. Und nach einer Weile: »Bist du dir da ganz sicher?« Einen Moment später sagte er: »Da, da, sbassiba. Do swidanja.«
    »Und?«, fragte Croy, selbst des Russischen mächtig. »Worüber sollte er sich ganz sicher sein?«
    »Hilpert gründete eine Firma mit Namen Impex . Offiziell eine Agentur für internationale Wirtschaftsbeziehungen. Igor sagt, dass seine Behörde dahintersteckt und von dort aus im großen Stil die Elektronik- und Rüstungsfirmen ausspäht, die im deutsch-französisch-belgischen Länderdreieck angesiedelt sind. Hilpert könnte seine alten Kontakte genutzt haben, um neue Kontakte aufzubauen.«
    »Wie zuverlässig ist denn dieser Igor ?« Misstrauen lag in Croys Stimme.
    Storm sah zur Seite. Sollte er seinem Gegenüber erzählen, wie oft er und Igor sich in der Vergangenheit getroffen hatten? Wie sie gemeinsam Treffen mit ehemaligen CIA-Agenten veranstaltet und über alte Zeiten geredet hatten? Dass sich ihre Frauen kannten und sich ab und an noch heute in Moskau trafen und gemeinsam ins Bolschoi-Theater gingen?
    »Vertrauen Sie mir einfach«, entschied sich Storm gegen zu ausführliche Informationen. »Ich kenne Igor sehr viel länger, als Sie glauben.«
    Jetzt war es Croy, der sich seine Gedanken machte. Er fühlte sich manchmal wie Thomas, einer der Jünger Jesu, der an allem zweifelte und nur glauben wollte, was er auch wirklich sah.
    »Möglicherweise ist er ja über seine neuen Verbindungen an die Blitzertonne und den Laser gekommen«, sagte Storm. »Hilperts Auftraggeber sitzen in der Abteilung Wirtschaft und Technologie beim russischen Inlandsgeheimdienst FSB in Moskau. Sein Führungsoffizier ist ein Mann namens Oberst Witali Jerofemow. Er war derjenige, der 1988 den Befehl gab, den Spionagesatelliten bis ins Detail nachzubauen. Igor sagte, Jerofemow habe Hilpert mit deutschen BND-Agenten zusammengebracht. Ob sie etwas mit dem Attentat auf Rumpf zu tun haben, weiß er aber nicht.«
    Croy dachte sofort an den Mann aus München, von dem der andere Attentäter geredet hatte.
    Storm sah mitgenommen aus. Das lange Gespräch strapazierte ihn. Und dann der Whisky.
    »Wenn Sie erlauben, würde ich dann gern gehen«, sagte er.
    »Ja, sicher, ich halte Sie nicht auf. Es war ein interessantes Gespräch, und ich habe wieder etwas dazugelernt.«
    »Wissen Sie«, sagte Storm ein bisschen von oben herab, »heutzutage interessiert sich kein Mensch mehr für die Geschichten von gestern. Aber Sie können mir glauben, dass die Geheimdienste sich dieser Vorgehensweisen bemächtigt haben. Sie nutzen menschliche Schwächen aus und versuchen, sie in Stärke umzumünzen. Ein wirklich guter Agent braucht lange, bis er ein authentischer Spion ist. Erst dann durchschaut er nicht nur den Auftrag selbst, sondern denkt auch an dessen Folgen. Er setzt schrankenlos durch, was er vorhat, schließt aber gleichzeitig auch Kompromisse. Er stellt seine eigenen Anliegen zurück oder verschiebt sie zumindest.« Storm setzte zu seinem letzten Schluck an.
    »Auch ein Agent lechzt nach Liebe, Anerkennung und Angstfreiheit, oder?« Croy lächelte sein Gegenüber an.
    »Natürlich! Das setzt Authentizität voraus. Wer nur die Bilder dieser romantischen Gefühle im Kopf hat, sie aber nie wirklich erfährt, wird auch als Agent scheitern.« Storm erhob sich.
    Croy bat an der Rezeption um ein Taxi. Er begleitete Storm bis zur Tür. Ihre Verabschiedung kam über einen stummen Händedruck nicht hinaus. Dennoch sahen beide Männer mit den gleichen Blicken die Straße hinunter. Alles schien ruhig.
    »Keine Späher«, murmelte Croy.
    »Sie sind überall«, orakelte Storm zurück.
    Als das Taxi außer Sichtweite war, entlud Croy schnell seine Waffentasche aus dem Skoda des tschechischen Wirtschaftsministeriums. Auf seinem Zimmer verstaute er die Landkarte der Umgebung des Sprengstoffwerks sorgsam in einer der Seitentaschen. Als er endlich im Bett lag, schlief er sofort ein und sank in einen traumlosen Schlaf.

Teil 3
    ANGRIFF

1
    Lezáky, ein Dorf in Ostböhmen, 2. Dezember, 10:34 Uhr
    Hinter dem von Schornsteinen und Industrieanlagen zerklüfteten

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