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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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sich getarnt hatten, dann tranken sie keltischen Wein aus vergorenen Beeren. Gegenseitig beglückwünschten sie sich zu ihrer erfolgreichen Tat. Schon bald fingen Cedric und Kian an, zu lachen und laut zu werden, und beschwerten sich, dass Beitin mit so düsterem Blick bei ihnen saß.
    »He, Beitin, was ist los mit dir?«, wollte Kian wissen. »Ist dir eine Spinne über die Leber gelaufen?«
    »Wie kommst du auf Spinne?«, prustete Cedric lachend und spie dabei seinen Beerenwein aus dem Mund. »Laus - muss es heißen. Wo wir doch gerade zwei Läuse zerquetscht haben!«
    »Seid still!«, sagte Beitin entschieden. Sein rotblonder Bart schimmerte im Schein des Feuers noch immer grau von der Asche. »Hört auf zu lachen! Wir haben etwas vergessen.«
    »Was soll denn das gewesen sein?« Kian konnte sich nicht beherrschen und lachte schon wieder. »Hätten wir etwa ihre Zungen herausschneiden oder gar die Köpfe abschlagen und mitnehmen sollen?«
    »Das meine ich nicht.« Beitin blieb ernst. »Wir hätten nachsehen sollen, ob sie wirklich tot sind. Ist euch denn nicht aufgefallen, dass keiner von ihnen einen einzigen Laut von sich gegeben hat, kein Stöhnen, kein Röcheln?«
    »Wenn ich mit dem Schwert zuschlage, schreit keiner mehr«, sagte Cedric.
    »Und wenn ich einen an der richtigen Stelle erwische, gibt’s nicht mal mehr einen letzten Atemzug«, ergänzte Kian.
    »Da ist nichts mehr. Alles tot, kein Zucken wie beim Schwanz der Eidechse, wenn du ihr den Kopf abschneidest. Stimmt’s, Kian?« Cedric begann zu lallen. »Weißt du noch, vor fünf oder sechs Monden, als wir an der Küste von Cornwall die Hütten überfielen, da hab ich einer Mutter mit einem einzigen Hieb im Vorbeireiten den Kopf vom Hals getrennt, und ihr kleiner Bastard fiel in den Dreck. Da hat nichts mehr geschrien. Willst du etwa behaupten«, brauste Cedric gegenüber Beitin plötzlich auf, »dass ich meinen Dienst, wie es mir die Druiden aufgetragen, nicht richtig verrichtet habe?«
    »Schon gut, schon gut«, beschwichtigte ihn Beitin. »Ihr bekommt euren Lohn dafür, sobald wir in Erui sind. Aber wir haben keinen Beweis.«
    »Haben wir doch!« Cedric griff unter sein Wams und holte ein Papyrusheft hervor.
    »Was ist das?«
    »Was weiß ich? Sieht aus wie aus einem Buch, ein Teil davon. Es flog mir direkt vor die Füße, als ich mit einem gewaltigen Hieb aufs Zelt einschlug und es in sich zusammenbrach. Vielleicht ist es auch unter der Plane hervorgerutscht. Ich hab’s einfach aufgehoben, als ich im Mondlicht sah, dass die Plane sich rot färbte und kein Mucks zu hören war von dem Mönch und seinem kleinen Bastard. Soll der wirklich ein Königssohn gewesen sein?«
    »Gib das Heft her!«, befahl Beitin.
    Cedric steckte es sofort in sein Wams zurück. »Nur für zwei Heller extra«, sagte er.
    »Zwei Heller willst du?«, schnauzte ihn Beitin an. »Einen Helm voll Pisse bekommst du dafür. Was du gefunden hast, gehört der Königin von Irland. Vergiss das nicht! - Gib das Heft her, oder …!« Beitin war aufgesprungen und hielt sein Schwert in der Hand.
    »Gib’s ihm!«, sagte Kian mürrisch. Aber Cedric hatte schon zu viel von dem Beerenwein getrunken und fühlte sich stärker, als er war. Er verlangte weiterhin laut tönend zwei Heller. Da stellte sich Beitin mit zwei kurzen Schritten wie ein Dämon mitten in die glühende Kohle des niedergebrannten Feuers, Funken wirbelten an seinen Beinen empor, bannten Cedrics entsetzten Blick, und mit einem einzigen Stich in den Bauch beendete Beitin dessen Leben. Schon kniete er neben Cedric, riss ihm das Wams auf und zog das Heft darunter hervor, hielt es gegen den Schein des Feuers und sagte: »Glück gehabt, ich hab es nicht getroffen.« Und noch im selben Moment spürte Kian Beitins Schwertspitze an seinem Hals und musste ihm beteuern, dass er nichts von alldem gesehen hatte. »Sonst schlage ich dich für ewig stumm!«, brüllte Beitin ihn an. »Bring diesen stinkenden Nichtsnutz weg, schaff ihn da drüben ins Gebüsch. Die Würmer sollen ihn fressen. Seine Waffen gehören mir. Die Schuhe kannst du behalten. Los jetzt, beweg dich, steh auf!«
     
    Die Hälfte der Münze ~ 101 ~ Der falsche Kopf
     
    Cedric war klein und ziemlich beleibt gewesen. Kian hatte Mühe, den schweren Körper ins Gebüsch zu ziehen. Er nahm ihm Gürtel und Schuhe ab und auch das Wams, das zwar blutverschmiert war und einen Riss hatte durch den Schwertstich, aber es war aus festem Leder, und das bekam man nicht alle Tage. Beitin

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