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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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schade.«
    Die Frau ließ Kian reden und beachtete ihn nicht weiter. »Was ist mit dem Mönch und dem Jungen?«, wollte sie von Beitin wissen.
    »Tot«, sagte er, »wie Ihr es wolltet. Wir haben sie erschlagen. Es ging so schnell, dass sie nicht einmal mehr schnaufen konnten.«
    »Sie hatten sich mit Forellen den Wanst gestopft«, fiel Kian Beitin ins Wort, »und sie sind in ihrem Zelt wie die Lämmer auf der Weide eingeschlafen. Da war es leicht…«
    »Ich dachte, der Mönch hat sich gewehrt?« Die Frau sah weiterhin nur Beitin an, der den Blick niedergeschlagen hatte und wegen Kians Blödheit glaubte, gleich platzen zu müssen.
    »Nicht wirklich«, sagte er beherrscht. »Wir haben sie tatsächlich erschlagen, als sie in ihrem Zelt schliefen. Es war so dunkel, stockfinster, und da hat Kian aus Versehen unserem Freund Cedric mit seinem Schwert in den Bauch gestochen. So ist es gewesen, nicht anders. - Er hat nicht viel Verstand«, setzte er leise an die Frau gewandt hinzu und flüsterte weiter: »Es war ein Versehen. Doch keine Angst: Niemand wird Cedric wiedererkennen können. Wir haben ihm alles abgenommen und verbrannt. Nur mein Freund hier wollte unbedingt das Wams behalten. Das hab ich ihm erlaubt. - Und das habe ich Euch mitgebracht als Beweis.«
    »Was ist das?«
    »Ein Teil von einem Buch, glaube ich. Ich habe es bei dem Mönch gefunden.«
    »Gib her!«
    Beitin reichte der Frau das Papyrusheft. Sie nahm es an sich, schlug kurz ein paar Seiten auf und ließ es dann unter ihrem Mantel verschwinden. »Ist das alles?«, fragte sie.
    Beitin tat erstaunt. »Was wollt Ihr noch? Hätten wir den beiden die Zungen rausschneiden oder gar den Kopf abhacken sollen?«
    »Hast du den Jungen gesehen?«
    »Aber ja. Wir hatten uns versteckt und sie einen halben Tag lang belauert. Der Junge war es, der die Forelle gefangen hat. Ein riesiges Tier.« Beitin breitete die Arme aus und hätte dabei beinahe Kian mit dem Handrücken am Kopf getroffen. Sein Begleiter stand immer noch neben ihm und schaute mit vor Gram kraus gezogener Stirn zu Boden.
    »Wie hat er die Forelle gefangen?«
    »Mit seinen bloßen Händen. Er hat sie aus dem Bach geholt, als hätte sie da auf ihn gewartet.« Beitin war froh, eine ehrliche Antwort geben zu können.
    »Mit bloßen Händen?« Die Frau sprach plötzlich wieder leise. »Kein Speer, kein Pfeil und Bogen?«
    »Es gab nichts dergleichen.«
    »Der Fisch war also unverletzt?«
    Diese Frage verwirrte Beitin. »Nein, ich glaube nicht«, stotterte er.
    »Der Fisch war unverletzt«, wiederholte sie und dehnte die Wörter. Ihr Blick wurde starr, als würde sie durch Beitin hindurchblicken. So konnte er ihre Lippen sehen. Sie waren schwarz umrandet mit einem dünnen Strich. Beitin entdeckte eine kleine Warze neben dem linken Nasenflügel. Mehr sah er nicht, denn plötzlich stieg ihm Schleim in den Rachen, und er musste husten.
    Die Frau trat einen Schritt zurück und sagte: »Dorran wird euch die Münzen geben, die ihr verdient habt, und dann verschwindet ihr aus unserem Reich und lasst euch hier nie wieder blicken.« Sie wandte sich um, legte die Kapuze ihres Mantels über den Kopf und trat wieder zu den anderen. Plötzlich begann erneut ein rhythmisches Gemurmel und das Aufschlagen der Stöcke, während eine der Fackeln ausbrannte und eine Rauchsäule gegen das Zeltdach schickte. Sofort fühlte Beitin erneut Hustenreiz, gab Kian einen Schubs gegen die Schulter, und sie verließen das Zelt.
    Draußen gab der, den die Frau Dorran genannt hatte, jedem einen kleinen Beutel, der sich schwer und fest anfühlte, und sagte: »Im Hafen liegt ein spanisches Handelsschiff, das auf euch wartet. Verpasst es nicht, sonst müsst ihr für immer hierbleiben.«
     
    Steingeld ~103~ Verflucht sei sie!
     
    Kaum war Dorran verschwunden, öffnete Kian den Beutel und fasste hinein. Was er herausholte, konnte er nicht genau sehen in der Dunkelheit, aber es fühlte sich merkwürdig an. Es waren runde flache Dinge, die er mit den Fingern erfühlte, manche glatt wie Steine, andere mit einer geprägten Oberfläche. »Was ist das?«, fragte er verwundert.
    »Unser Dienstlohn, du Idiot! Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst nur mit dem Kopf nicken, wenn man dich etwas fragt. Stattdessen hast du dummes Zeug geschwätzt. Ich hatte dir doch verboten, über das zu reden, was wirklich geschehen ist!«
    »Was ist das?«, wiederholte Kian seine Frage, als hätte er Beitin gar nicht zugehört. Er versuchte weiterhin, die Struktur und das

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