Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
darauf, sich in Details zu ergehen), beauftragte der Kaufmann seine Töchter, Ian Wasser, ein Becken und ein Handtuch zu bringen, um dann seinerseits mit dem Knappen ein Gespräch über sein Herzensthema anzuknüpfen: Durften Ritter heiraten? Und wie sah es da mit Knappen aus? Wurde die Arbeit eines Ritters gut bezahlt? War sie gefährlich?
Ian, der sich nach dem Waschen über die Reste des Mittagmahls hermachte, antwortete klar und präzise auf alle Fragen (wobei Trix sich als Dolmetscher verdient machte): Ja, Ritter durften heiraten – aber erst wenn sie die nötigen Heldentaten im Namen der Dame ihres Herzens vollbracht hatten. Bei Knappen sah die Sache anders aus, obendrein fehlte ihnen für die Ehe die Zeit. Und Geld? Wenn ein Ritter einen Drachen erlegte, eine Räuberbande zerschlug oder einen Schatz ausgrub, den ein Untoter bewachte, durfte er alles behalten, abgesehen von jenem Teil natürlich, der dem König gebührte. Außerdem konnten sie bei Turnieren Geld machen. Trotzdem waren Ritter meist knapp bei Kasse, da sie viel Geld in den Schenken lassen mussten, wenn sie durch die Gegend zogen, und auch der Schmied nach jedem Abenteuer für die Ausbesserung der Rüstung eine Menge verlangte. Die Arbeit eines Ritters galt im Königreich als eine der gefährlichsten. Sicher, in einer Schlacht starben mehr Soldaten als Ritter, das Reisen war für Seeleute gefährlicher und die königliche Ungnade traf eher die Höflinge, doch Ritter litten genauso oft wie Magier unter einer kranken Leber oder einem verdorbenen Magen; beide Berufsgruppen wurden in dieser Hinsicht nur von den Alchimisten übertroffen.
Nach diesen Ausführungen ließ Wasab Ian dann in Ruhe.
Das Verhalten des Sklavenhändlers missbilligte übrigens auch Wasab nicht, allein der hohe Preis für Ian rang ihm einen traurigen Seufzer ab.
Im Hof waren derweil die Vorbereitungen für das abendliche Festmahl, zu dem Zuf al Abzakk ihnen den hohen Besuch vorbeischicken wollte, in vollem Gange. Trix und Karim hatten vom Markt ein bereits ausgenommenes Schaf mitgebracht, Wasab machte sich nun daran, es mit einem großen Messer in Stücke zu schneiden. Seine Frau schaffte einen großen Kochtopf heran und stellte ihn auf den Ofen.
»Wir machen Pilaw«, verkündete Wasab feierlich. »Es gibt nichts Männlicheres, als Pilaw zu kochen!«
Trix und Ian beobachteten ihn neugierig.
»Schneide die Mohrrüben feiner, Gulin«, befahl Wasab. »Dass du aber auch gar nichts von dieser Sache verstehst! Gib her, ich mach das selbst!«
Er hackte Möhren und Zwiebeln, zerließ ein Stück Schwanzfett, briet das Fleisch an, streute Reis dazu … Allein die Vorbereitungen nahmen sich derart appetitanregend aus, dass Trix’ Magen zu knurren anfing.
»Ein echtes Pilaw krönt jeden Tisch«, erklärte Wasab. »Nicht wahr, euer Essen kann sich mit unserem Pilaw nicht messen?«
»Wir machen ja Grütze mit Fleisch«, brachte Ian schüchtern vor, »und das esse ich auch sehr gern.«
»Grütze!«, ging Wasab in die Luft. »Ich will dir mal sagen, was eure Grütze ist! Nämlich nichts anderes als missglücktes Pilaw! Nein, im Königreich kann man einfach nicht kochen! Wenn jemand kochen kann, dann wir. Oder Menschen, die am Meer leben.«
»Kommen eigentlich häufig Gäste von den Inseln nach Samarschan, Wasab?«, fragte Trix.
»Von welchen Inseln?«, fragte Wasab zurück, während er das Essen mit Bedacht und Augenmaß pfefferte.
»Von den Kristallenen.«
Wasab schreckte derart zusammen, dass die dreifache Pfeffermenge im Pilaw landete. »Wie kannst du es wagen, diese Vitamanten in meinem Haus auch nur zu erwähnen?«, fuhr er Trix an. »Der Höchste sei gepriesen, dass sie Samarschan mit ihrer Anwesenheit verschonen! Ich einfacher Mann gewähre dir Obdach, teile mein Pilaw mit dir, ja, ich würde …«, hier seufzte Wasab, »… dir sogar meine Tochter zur Frau geben. Denn auch wenn du aus dem Norden bist, so bist du doch ein Mensch. Aber die Vitamanten? Die sind keine Menschen! Das sind lebende Tote! Ein Mensch hat sein Leben in Würde und Freuden zu leben und dann in Würden und Freuden in die andere Welt überzugehen, nicht aber seine Kinder und Enkelkinder heimzusuchen.«
»Karim und ich, wir haben einen Vitamanten gesehen«, erklärte Trix. »Genauer gesagt, den Ritter und Magier Gavar, meinen Erzfeind. Er hat sich mit anderen Feinden von mir zu Euren Zauberern in den Turm begeben.«
»Schlecht!«, stieß Wasab hervor. »Sehr schlecht. Das bedeutet, Großwesir Akhsogud
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