Troposphere
dich, wenn ich rauche?«, frage ich Adam.
Er zuckt mit den Schultern. »Es ist deine Wohnung.«
»Ja, ich weiß, aber …«
»Wirklich. Mir macht das nichts aus.«
Er nimmt einen Schluck Wasser, während ich mir eine Zigarette anstecke. Ich sehe das leichte Zittern seiner linken Hand, mit der er das Glas hält, und schaue zur Seite, wobei mein Blick über die abgenutzten Arbeitsflächen der Küche schweift: Das war, als ich den Reis anbrennen ließ; das, als ich mich verbrühte; das, als ich mir in den Finger schnitt.
»Wie war es denn?«, frage ich, um meinen Gedanken Einhalt zu gebieten. »Oder auch, wie ist es?«
»Was?«
»So religiös zu sein; ich meine, religiös genug, um Priester zu sein.«
Er stellt sein Glas ab und beugt sich vornüber, stützt den rechten Ellbogen aufs Knie und dann sein Kinn mit der rechten Hand. Er zieht mit dem Zeigefinger die Umrisse seines Gesichts nach, als wäre er blind und wollte wissen, wie sein eigenes Gesicht aussieht.
»Ich habe darüber nachgedacht«, sagt er. »Ich habe versucht, es in Worte zu fassen, aber ich hatte niemanden, mit dem ich darüber hätte reden können und … Jetzt, wo ich dich getroffen habe, glaube ich aber, dass du es vielleicht verstehst. Eigentlich weiß ich, dass du es verstehen wirst.«
»Warum glaubst du das?«
Jetzt hält er beide Hände vors Gesicht und lässt den Kopf hineinfallen.
»Ich weiß nicht.«
»Adam?«
»Tut mir leid. Ich bin nicht mal sicher, ob ich über das reden will, worüber du reden willst. Ich habe nicht mal aufgehört, Priester zu sein, weil ich nicht religiös genug gewesen wäre … Ich habe mich bei Heather nur dumm benommen. Ich habe meinen Glauben nicht verloren, weil ich mit kleinen Jungen oder alten Männern oder jungen Frauen Geschlechtsverkehr haben wollte oder etwas in der Art. Ich habe das Tao-Te-King studiert – inzwischen ist es Jahre her – und beschlossen, während ich Priester blieb, dem Weg zu folgen. Das ist nicht ungewöhnlich – viele Leute machen das. Aber es hat meinen Glauben untergraben. Ich wollte einfach nach nichts verlangen, aber das war offenbar etwas, wonach ich verlangte, und das hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Und dann konnte ich nicht mehr aufhören, über Paradoxien nachzudenken. Ich dachte über die jungfräuliche Geburt nach und über das Mysterium des Glaubens und über alles andere. Die Paradoxien waren mir nicht zuwider – schließlich bilden sie die Grundlage der Kirche –, aber ich fing an, mehr von ihnen zu wollen. Ich wollte erfahren, wie ein reines Paradox aussehen würde. Als ich irgendwann begriff, dass ich einfach Stille brauchte, trat ich zwei Jahre lang einem Orden mit Schweigegebot bei und dachte an gar nichts. Dann hörte ich auf. Ich kann das nicht besonders gut erklären … Und du hast recht. Warum erzähle ich dir das? Wo habe ich dich schon mal gesehen? Mist. Ich sollte gehen.«
»Adam …«
Er steht auf. »Tut mir leid, dass ich einfach so reingeplatzt bin. Ich bin hier fehl am Platz.«
Er hat recht. Ich ficke mit alten Männern und bin gelegentlich besessen von Flüchen und seltenen Büchern. Er braucht jemanden zum Reden, der vernünftiger ist als ich. Ich schaue mir seine alten Klamotten und seine verwuschelten Haare an und stelle mir seine kräftigen Unterarme vor. Ich frage mich, ob er schon mal mit jemandem im Bett war.
Ich hole einmal tief Luft. Warum bin ich immer die Falsche?
Und ohne dass einer von uns beiden irgendwas dazu zu tun scheint, drücken wir uns auf einmal gegeneinander und küssen uns, als wäre es Mitternacht auf der Party am Ende der Welt. Ich spüre, wie sein Schwanz hart wird, und ich presse mich gegen ihn. Das hier fühlt sich anders an. Es ist auf eine Weise wirklich, von der ich dachte, dass ich sie vergessen hätte.
»Tut mir leid«, sagt er nach etwa zwanzig Sekunden und löst sich von mir. »Das kann ich nicht machen.«
»Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist«, sage ich, als ob ich ihm zustimme, dass das eine schlechte Idee ist. Er weicht meinem Blick aus. Ich wende mich dem Herd zu, als müsste ich etwas Wichtiges kochen. Kann man einen Enttäuschungskuchen essen? Einen Zurückweisungskuchen? Einen Kuchen zum unglücklichen Geburtstag?
»Tut mir leid«, sagt Adam hinter mir. »Ich bin … ich sollte keinen Alkohol trinken. Das bin ich nicht gewohnt.«
Als ich sage, dass es mir leidtut, ist er schon gegangen. Ich bin eine beschissene Idiotin. Oder etwa nicht? Wenn attraktive junge Männer mir etwas
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