Troubles (German Edition)
würden, wie sie sich vor Erregung wölbten, wie der Mund sich öffnete und schloss und seine lautlosen Worte der Wut hervorschleuderte. Er stand ein wenig tiefer als seine Zuhörerschaft, und der Wind vom Meer herblies ihm das strähnige Haar ins Gesicht.
»Gehen wir hin?«
»Gehen Sie, wenn Sie wollen; aber ich habe doch lieber keine Kugel im Rücken, wenn es sich vermeiden lässt.« Bolton sah den Major spöttisch an, dann sagte er: »Wissen Sie, die ganzen Helden da im Golfclub, die stehen mir bis obenhin. Sie müssen mir verzeihen, dass ich manchmal einfach nicht anders kann und sie ein wenig piesacken muss.«
»Verstehe.«
»Neulich hat Sarah Devlin mir erzählt, was für ein großartiger Mann Edward Spencer ist. Ein mutiger Mann, einer mit Prinzipien, der nie und nimmer etwas Feiges, Unanständiges tun könnte – ein echter Gentleman, mit anderen Worten. Ich selbst sei im Vergleich dazu ein skrupelloser, prinzipienloser Kerl, dessen Männer unschuldige Menschen drangsalierten; wir brennen ihre Häuser nieder und zerstören das wenige, was sie haben, wenn uns gerade mal die Laune dazu packt.«
»Aber da hat sie nicht unrecht, oder?«
Bolton lächelte und hob einen trockenen Zweig auf; nachdenklich brach er ihn zwischen den Fingern in kleine Stücke. »Ich tue, was die Lage erfordert, Major. Was ich Sarah erklären wollte, war, dass Leute wie Sie und Edward sich ihre hehren Gefühle nur deswegen erlauben können, weil sie Leute wie mich haben, die die Drecksarbeit für sie tun. Manchmal geht mir das doch gegen den Strich, wenn Leute, die sich darauf verlassen, dass ich dafür sorge, dass sie nicht in ihren Betten ermordet werden, sich für moralisch überlegen halten.«
»Ich glaube, Sie schätzen Edward falsch ein. Wenn jemand für Strafmaßnahmen ist, dann er.«
»Mag sein, aber ohne dass er sich die Hände dabei schmutzig macht. Das ist der entscheidende Unterschied.«
Der Major hob das Fernglas und schaute noch einmal zu dem Mann auf der Landzunge und fragte sich, was er der Menge wohl predigte. Während er sprach, türmten sich hinter ihm mächtige Brecher auf; eine schiere Wasserwand hoch wie ein Haus hob sich hinter seinen gestikulierenden Armen, hing einen kurz Augenblick lang über ihm, als wolle sie ihn überwältigen, und schlug dann rund um ihn in einem Sturzbach aus Schaum an die Felsen.
»Scheint ein wilder junger Bursche zu sein«, sagte der Major und reichte das Fernglas zurück. Bevor er sich zum Gehen wandte, sah er noch zu, wie eine weitere mächtige Welle sich über dem jungen Iren aufbaute, wie sie einen Moment lang dort stand und dann zusammenstürzte und machtlos um seine Füße verströmte. Schließlich war es ja nur die Perspektive, die es aussehen ließ, als werde sie ihn mit sich davonreißen.
Am folgenden Morgen hatte der Wind sich gelegt, und der alte Backstein- und Holzbau des Majestic lag im milden Sonnenlicht des Herbstes.
Jetzt, wo das Wetter wieder wärmer war, wurde es im Kissennest des Majors in der Wäschekammer heißer denn je, ja geradezu tropisch. Das Fenster, vom Regen aufgequollen und vor vielen Jahren bei einem Anstrich mit Farbe verklebt, ließ sich nicht öffnen. Die Temperatur stieg immer weiter. Nach etlichen Stunden qualvollen Grübelns über seine Beziehung zu Sarah glänzte sein Leib wie der eines Wilden, und er musste mehrere Gläser kalten Wassers trinken. Später, wenn das Essen gekocht und die Herdfeuer für die Nacht gedämmt waren, sank die Hitze auf angenehme Temperaturen – aber bis dahin hatte er sich in seinen Gefühlen schon verausgabt, hatte zwei oder drei fiebernde Briefe geschrieben, bei denen dort, wo Schweißtropfen aufs Papier gefallen waren, die Tinte verlief. In einigen dieser Briefe vergaß er seinen Vorsatz, dass er auf keinen Fall schwach werden wollte, und kapitulierte auf ganzer Linie (»Sarah, ich liebe Sie, Sie müssen zu mir zurückkommen, o diese Hitze ist nicht auszuhalten«). Immerhin hatte er sich so weit in der Gewalt, dass er nie einen dieser Briefe abschickte, denn er dachte: »Sie würde mich nur für einen Esel halten.«
»Ich werde dich nie wiedersehen«, stöhnte er eines Nachmittages laut; er saß hoch oben auf einem Regal mit Decken, ein Glas Whisky in der Hand, und ließ seine feuchten, haarigen Beine baumeln. Doch in dem Augenblick klopfte jemand an die Tür.
»Wer ist da?«
»Ich. Kann ich reinkommen?« Das war Charitys Stimme.
»Auf gar keinen Fall!« Hastig sprang der Major hinab und schlüpfte in
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