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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Edward! Kommen Sie. Wir wollen sehen, ob wir noch weitere verräterische Beulen finden.«
    Sie machten sich sogleich auf den Weg, gingen von Raum zu Raum, über die Korridore, Treppen hinauf und wieder herab. Binnen Kurzem war aus dieser Suche nach Beulen ein wunderbares Spiel geworden. Sie fanden Beulen an den Wänden und im Boden und sogar an der Decke. »Beule!«, rief Sarah übermütig und zeigte auf eine verdächtige Wölbung. Und dann kauerte der Major sich auf Hände und Knie oder presste die Wange an eine kalte Wand und blickte daran entlang, um die Stelle zu begutachten. Eine Reihe dieser Beulen erwies sich zwar als Einbildung, aber wenn man erst einmal anfing, im Majestic danach Ausschau zu halten, bestand kein Mangel an eindeutig vorhandenen. Verbargen sich unter manchen dieser Krümmungen vorwitzige Wurzeln, ausgeschickt von den ehrgeizigen Pflanzen im Palmenhaus? Wahrscheinlich nicht. Aber ohne dass man Kacheln löste oder Löcher in den Putz schlug, konnte man keine Gewissheit erlangen. Und selbst ohne das war es ein Riesenspaß. Sarah war in wunderbar strahlender Stimmung, und zwischen Beulenfunden plapperte sie allen nur erdenklichen bezaubernden Unsinn. Was solle sie ohne ihren galanten Major überhaupt anfangen? Was musste er für ein tapferer Mann sein, bei all den Orden, mit denen man ihn im Krieg ausgezeichnet hatte! (Was denn für Orden? fragte er sich perplex.) Und habe er je im Leben zartere Fesseln gesehen als ihre? (Dazu stützte sie sich auf seine Schulter, hob den Saum ihres Rocks und zeigte ihm nicht nur ihre Fessel, sondern auch ihr Knie.) Das komme daher, dass sie ihr Leben lang ein armseliger Krüppel im Rollstuhl gewesen sei, und deshalb habe sie nicht die hässlichen Muskeln eines Milchmädchens bekommen. Und gar nicht genug, erklärte sie, könne sie den Schnurrbart des Majors bewundern, der sie an eine Buchsbaumhecke erinnere, die sie einmal im Phoenix-Park gesehen habe. Was für ein schönes Paar sie doch seien!, rief sie, als ihrer beider Bild in einem schmutzigen Spiegel vorüberzog. Was für ein schönes Paar! Der Major lachte und lachte, glücklich wie ein Schuljunge. Es war ein wunderbarer Nachmittag.
    Schließlich müde geworden, ließen sie sich auf einem der roten Plüschsofas in der Hotelhalle nieder, kicherten über die graue Staubwolke, die wie üblich aufstieg, und über die Uhr an der Rezeption, die nur zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigte. Es war still hier, eine seltsam vertrauliche Stimmung, wie sie oft in öffentlichen Räumen herrscht, wenn sie verlassen sind. Am Fuße der Treppe schimmerte die Venusstatue im Dämmerlicht.
    Noch immer kichernd beugte Sarah sich vor und küsste den Major, zuerst halb auf den Schnurrbart, dann ernsthafter und aus einem besseren Winkel auf den Mund. Der Major schmolz dahin, wenn auch vorsichtig, denn er hatte die Bemerkung nicht vergessen, dass sein Schnurrbart nach Knoblauch schmecke. Ein oder zwei Minuten lang küssten sie sich so. Dann richtete Sarah sich abrupt auf und löste sich von ihm. Auch der Major richtete sich auf, um zu sehen, was sie hatte. Erschrocken blickte sie auf etwas hinter ihm. Er drehte sich um und schaute selbst.
    Edward stand nur ein paar Fuß entfernt und beobachtete sie. Offenbar war er durch einen der Korridore gekommen, und der Teppich hatte seine Schritte gedämpft – aber nein, hier gab es keinen Teppich, der Boden war gefliest, sie hätten hören müssen, wie er kam; vielleicht hatte Sarah diesen Ort sogar eigens deswegen gewählt, weil man Leute hier kommen hörte. Einen kurzen Augenblick stand Edward noch da, sein Gesicht ausdruckslos. Dann machte er kehrt und verschwand, und seine Schritte hallten deutlich auf den Fliesen.
    Sarah sprang auf. Als der Major sich ebenfalls erheben wollte, sagte sie: »Nein, warten Sie hier auf mich. Ich bin gleich wieder da.« Und damit eilte sie Edward nach. Der Major blieb allein zurück.
    In der Hotelhalle war es jetzt sehr still. Der Major stand auf, ging zu dem Korridor und spähte in die Tiefe. Niemand zu sehen. Er horchte und hielt dabei den Atem an. Ganz leise hörte er Sarahs Stimme – oder bildete sich ein, dass er sie hörte. Dann schloss sich eine Tür. Eine kleine Weile stand er noch da, dann setzte er sich wieder. Die Minuten vergingen. Sarah kam nicht zurück. »Das ist aber nun wirklich ein starkes Stück.«
    Seit einer halben Stunde wartete er nun. Die Hotelhalle war still und friedlich. Nichts regte sich. Keiner kam, keiner ging. Eine Weile

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