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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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überlegen ließ, dass die Zwillinge wahrscheinlich recht gehabt hatten: Er war ein Angsthase, ein Spiel- und Spaßverderber. Was war das für eine Aufregung um Padraig! Sie tätschelten seine Schulter und küssten ihn auf die Stirn und rückten seine Perücke zurecht – das einzige, was nach ihren Begriffen »ziemlich die Wirkung verdarb« (es war eine billige Schauspielperücke, die Faith bei der Theatertruppe einer ihrer Schulen gestohlen hatte). Sie suchten in ihren Handtaschen und gaben ihm Schokoladenriegel mit jenem eigentümlich muffigen Geschmack nach Parfüm und Mottenkugeln, den Schokolade von alten Damen immer hat. Es war großartig, fanden sie, wie er instinktiv genau das Richtige tat, wie er die Knie zusammenhielt, mit geradem Rücken dasaß und so weiter. Ja, sie waren so begeistert, dass sie gar nicht zulassen wollten, dass er weiterzog, und er musste versprechen, noch einmal vorbeizukommen. Natürlich versprach er es, und es dauerte auch gar nicht lange, bis er wieder da war.
    Der Rest des Rundgangs erwies sich nämlich als eine gewisse Enttäuschung. Mit seinem Hofstaat war er zum Ballsaal gezogen und hatte mehrere Male Edwards improvisiertes Laboratorium umkreist. Doch Edward war ganz mit dem Aufbau einer erstaunlichen Apparatur beschäftigt, mit Rohren und Schläuchen, einem altmodischen Dosenbarometer samt Barographen und Schreibnadel sowie Gummiteilen, offenbar für ein geplantes Experiment. Und so nahm er sie überhaupt nicht zur Kenntnis. Die Dienstmädchen lächelten ihm natürlich zu und zeigten ihre Grübchen, aber sie trauten sich nicht, etwas zu sagen, und deshalb führte auch das zu nichts. Mr. Norton zeigte, was sie am meisten verblüffte, keinerlei Interesse; er blickte lediglich von seiner Zeitung auf und hob die verwegenen alten Augenbrauen. Man musste wohl annehmen, dass er nach seinem Schwerenöterleben den Unterschied zwischen Padraig und einem echten Mädchen kannte, und dieser Mangel an Interesse dämpfte ihre Begeisterung ein wenig. So kehrten sie zu den alten Damen zurück und ließen sich ihr Selbstbewusstsein wieder aufbauen. Aber man musste die Dinge nehmen, wie sie kamen, und alles in allem konnten sie sehr zufrieden sein.
    Inzwischen war leider die Zeit gekommen, wo Padraig zum Abendessen nach Hause musste, und so ging er nach oben, um wieder seine anderen Sachen anzuziehen. Aber er versprach, am nächsten Tage wiederzukommen; es gab noch viele weitere Kleider anzuprobieren – alles Sachen von Angela, genauer gesagt, bei denen die Zwillinge sich nach wie vor entschieden weigerten, sie anzuziehen. Auch Viola musste gehen und versicherte, dass sie Padraig nach Hause eskortieren werde. Bei soviel Aufregung und Vergnügen, wie sie gehabt hatten, bei all der guten Laune vergaß man schon einmal, dass es dieser Tage auf den Straßen gefährlich sein konnte.
    Bald war im Majestic die Abendessenszeit gekommen, und die Hotelgäste strebten dem Speisesaal zu. Es war kalt dort. Ein steifer Ostwind blies vom Meer her, und was davon durch die Ritzen der Terrassentüren eindrang, ließ die schweren Vorhänge vor- und zurückwehen, ungeduldige Zuschauer im Schatten. Die Kerzenflammen der silbernen Tischleuchter flackerten unter dem Ansturm der Zugluft ständig von Gelb zu Blau; zu ihrer Unterstützung gab es eine Öllampe pro Tisch. Man sah den eigenen Atem in der Finsternis; und die Suppenterrine auf dem Tisch spie eine Dampfwolke aus wie eine Lokomotive.
    Die Damen warteten, frierend und zitternd unter Schichten von Schals und Stolen, die Finger in Muffs vergraben; sie hatten sich alle um den Kamin versammelt, in dem der Wind heulte und wo große, ungleichmäßig gestochene Torfsoden loderten, ohne dass es davon warm wurde. Dann und wann schlug ein Schwall des beißenden, weißlichen Qualms in den Raum und ließ die Damen mit abgewendeten Gesichtern die Flucht ergreifen, doch irgendwie ließ diese Rauchwolke, die ins Dunkel entschwand, und der Geruch von Torfasche den Raum um ein klein wenig wärmer wirken. Der Kamin stöhnte und klagte, und alle warteten, dass Edward erschien.
    Es war seine Gewohnheit, dass er stets pünktlich um sieben Uhr eintrat. Der Major hatte noch nie erlebt, dass er, außer wenn er an dem Tag nicht im Hause war, nicht zum Abendessen erschienen war. Diese Pünktlichkeit Edwards war wie das Rückgrat des Hotels: Man konnte sagen, dass sie den ganzen Betrieb zusammenhielt. Mochten auch bei Sturm die Schindeln von den Dächern wehen, mochten die Gaslampen auf

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