Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
Vom Netzwerk:
Augenblick der Bedrängnis in Ohnmacht (»eine moderne junge Dame«, dachte der Major finster, »würde einem wohl eher einen Kinnhaken versetzen«). Aber Mrs. Roche schien nicht einmal zu merken, dass sie sich in Bedrängnis befand.
    Er erreichte nicht das Geringste. Wenn er diese Schwierigkeit überwinden wollte, dann musste er, so sehr ihm das gegen den Strich ging, seine Absichten noch offener, ja geradezu handgreiflich zeigen. So deutete jedenfalls der Major den Umstand, dass Murphy Anweisung erhielt, Suppenterrine und Teller an Mrs. Roches Ende der Tafel aufzustellen, sodass sie die Suppe austeilte. Und sie teilte sie aus – wobei Edward mit großen Augen den Blick auf ihre anheimelnden Züge geheftet hielt, immer in der Hoffnung, dass er etwas wie ein Bewusstsein von der Bedeutung dieser Geste darin fand. Doch Mrs. Roche kellte die dünne, nur noch schwach dampfende Bouillon in einen Teller nach dem anderen, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, womit sie ja auch Recht hatte.
    Nun sank Edward doch der Mut. Finster brütend saß er an seinem Ende des Tisches. Er verstand die Welt nicht mehr, das sah der Major ihm an. Man musste Mitleid mit ihm haben. Doch dann dachte der Major an Sarah und verhärtete sein Herz, und mit einem Seufzer kehrte er zu dem wässrigen Eintopf auf seinem Teller zurück, um ein Stück Fleisch zu suchen, gut genug für Mrs. Rappaports orangerote Katze, die auf ihrem Schemel saß und ihn mit ihren unergründlichen Augen anstarrte.
    Als nächstes kamen nachmittägliche Ausflüge mit Mrs. Roche im Daimler. Diese waren langweilig und wenig abwechslungsreich, denn angesichts der Unruhe im Land konnte man nicht riskieren, allzu weit zu fahren. Meist waren die Zwillinge dabei, nach heftigen Szenen mit schwerem Schmollen als Anstandsdamen für ihren Vater verpflichtet. Es fielen sarkastische Bemerkungen über die Schönheiten der Landschaft. Schlimmer noch, die Zwillinge waren neuerdings Experten in allen Fragen der körperlichen Liebe; sie verdankten dies einem in braunes Packpapier geschlagenen Band, den ihnen einer der jungen Männer von den Hilfstruppen geliehen hatte. So neigten sie nun zu einer abgeklärten Sicht auf jederlei Beziehung zwischen Mann und Frau, die selbst die Nachmittagsausflüge ihres Vaters mit dem Wagen mit einschloss. »Um Himmels willen, jetzt pack sie endlich, Daddy«, hörte der entsetzte Major Faith zu ihrer Schwester sagen. »Leg sie flach, die wartet doch nur drauf!«
    Natürlich tat Edward nichts dergleichen, und auch wenn Mrs. Roche weiterhin am Ende des Tisches saß, ließ die Frequenz der Nachmittagsausflüge nach, und dann wurden sie ganz eingestellt.
    »Von Zeit zu Zeit muss ein Mann der Gesellschaft der Frauen entfliehen, an einen Ort, an den die Frauen keinen Zugang haben. Schließlich wächst ein junger Engländer, sofern er nicht Schwestern hat oder der Unterschicht angehört, ganz unter Männern auf. Später ist er eine größere Dosis weiblicher Gesellschaft einfach nicht gewöhnt. Und wenn man den englischen Gentleman überall auf der Welt seiner Höflichkeit gegenüber den Damen wegen respektiert, dann gewiss deswegen, weil er stets dafür sorgt, dass er einen Raum hat, in dem er in Gesellschaft anderer Männer allein sein kann.« Das ging dem Major durch den Kopf, als er mit Edward im Jagdzimmer saß, in einer eiskalten, mondhellen Nacht.
    Alles war still. Nichts regte sich im Haus oder in den Bäumen vor dem Fenster. Edward blickte gedankenverloren ins Feuer, genoss einen seltenen Augenblick des Friedens. Doch dann löste sich im Dunkel ein kleines Eichenlaubblatt aus weißem Gips von einem Kranzornament der Stuckdecke und zerplatzte vor Edwards Füßen. Er fuhr zusammen und sah nach oben.
    »Wir müssen wirklich etwas tun, Brendan, mit diesem alten Kasten. Er muss dringend hergerichtet werden. Man kann nicht einfach alles verfallen lassen.«
    Der Major hob zweifelnd die Augenbrauen, sagte jedoch nichts. Er erinnerte sich noch an Edwards Gleichgültigkeit, als ein Fassadenbrocken beinahe den Hund Foch unter sich begraben hatte. Eine bröckelnde Stuckdecke war im Vergleich dazu kaum der Rede wert. Aber jetzt hatte Edward Geschmack an dem Gedanken gefunden.
    »Es ist so vieles hier nicht in Ordnung; kein Wunder, dass die Gäste sich beschweren (und wir bekommen Beschwerden Brendan, manchmal schon). Weiß der Himmel, wann hier zum letzten Mal etwas neu gestrichen oder neu tapeziert worden ist, gar nicht zu reden von zerbrochenen

Weitere Kostenlose Bücher