Troubles (German Edition)
jungen Männern heraufkamen. Bei dem Schrei lachte er leise; dann verschwand seine hagere Gestalt wieder im Dunkel. Er ging weiter, und einen Moment lang funkelte im Mondlicht vor einem vorhanglosen Fenster eine lange, geschwungene Klinge, denn er hatte aus der Scheune eine Sense mitgebracht, die er schärfen und fetten wollte, oben in der Dachkammer, wo er seine Sachen hatte.
Dem Major kam es vor, als habe diese Nacht schon eine Ewigkeit gedauert, doch die Uhr auf dem Kaminsims des großen Salons (eigens instandgesetzt und aufgezogen, um die heiteren Stunden von Edwards Fest zu schlagen) zeigte noch nicht einmal drei. Ein paar Augenblicke zuvor hatte er sich unerwartet in einem Spiegel gesehen: zwei weit aufgerissene Augen hatten sorgenvoll aus einem bleichen Gesicht geblickt; er sah aus wie eine Eule, und er hatte an die Männer im Hospital denken müssen, Männer mit Grabenkoller, die die ganze Nacht im Bett gesessen hatten, nicht schlafen konnten, eine Zigarette nach der anderen rauchten und forschend in die Dunkelheit ringsum blickten.
»Ich hoffe, das ist euch eine Lehre!«
Was für eine Unmenge an Lektionen an diesem Abend gelernt wurden! Aber was halfen sie? Bis man sie gelernt hatte, war es ja schon zu spät. Er würde weiterziehen, doch das Leben würde nicht mit ihm kommen. Das Leben würde bleiben, wo Sarah war; nur in ihrer Nähe gab es das Feuerwerk des Glücks.
»Trinkt das aus. Bis zum letzten Tropfen. Wenn es euch nicht schmeckt, dann hättet ihr euch das vorher überlegen sollen!«
Jetzt war das Haus leer und still, bis auf ein gelegentliches kratzendes Geräusch; der Major nahm an, dass es Ratten unter den Fußbodendielen waren. Edward war wieder einmal verschwunden, und wie üblich hatte er ihm die Arbeit überlassen, aber er war zu müde, um sich noch zu ärgern. Und gleich würde er zu Bett gehen.
Der Major stand an der letzten Glut des Feuers, mit dem Ellenbogen auf den Kaminsims gestützt, und mit der Hand fuhr er sich bedächtig durch sein wirres Haar. Neben ihm saßen, fest in Morgenmäntel gepackt, die Zwillinge und sahen bleich und kleinlaut aus; jede hatte ein riesiges Glas mit doppeltkohlensaurem Natron in der Hand, und sie rümpften angewidert die Nase, tranken aber doch in kleinen Schlucken davon.
»Und ihr seid sicher, dass ihr nicht doch etwas getan habt, was ihr nicht tun solltet? Wenn doch, dann ist es viel besser für euch, wenn ihr mir das jetzt sagt …«
»Aber nein, Brendan!«, murmelte Charity leise, sah dem Major dabei aber nicht ins Gesicht.
»Was sollte das denn gewesen sein?«, fragte Faith taktisch klüger.
»Das werde ich euch auch gerade erzählen. Jetzt trinkt aus. Los, tief durchgeatmet und dann alles in einem Zug. Anders geht das nicht.«
Eine halbe Stunde zuvor war der Major auf ein seltsames Quartett gestoßen, das klammheimlich die Treppe heruntergeschlichen kam. Der erste war Mortimer gewesen, ächzend, zerzaust, gefährlich schwankend unter dem Gewicht des schlaffen, bewusstlosen Matthews (der »sich im Dunkeln den Kopf gestoßen« hatte). Ein paar Stufen oberhalb von Mortimer mit seiner Last stützten die beiden Schwestern einander, bleich wie Gespenster, die Kleider derangiert und … also irgendwie
anders
, hatte er das Gefühl (in ihrem angeschlagenen Zustand hatten sie ein paar von den unteren Schichten ausgelassen, die zuvor eine solche Herausforderung für Matthews’ Geschick gewesen waren). Nach einem einzigen bestürzten Blick auf die Zwillinge war der Major Mortimer bei seinem unglücklichen Freund zu Hilfe geeilt; er hatte sich wirklich schwer »gestoßen« – der arme Kerl war noch nicht wieder bei Bewusstsein, atmete aber gleichmäßig.
Nachdem sie Matthews auf einem Sofa in der Hotelhalle abgelegt hatten, verständigte der Major telefonisch die Kaserne in Valebridge und forderte eine Ambulanz an. »Nein, nein, es war ein Unfall«, erklärte er mehrere Male. Schließlich kam die Ambulanz; die Männer, die sie begleiteten, sahen sich eine Weile lang argwöhnisch um (»Nein, das hat absolut nichts mit der Sinn Féin zu tun. Er hat sich einfach nur den Kopf gestoßen!«) und fuhren dann mit dem armen, noch immer bewusstlosen Matthews davon. Es sollte noch mehrere Stunden dauern, bis er wieder zu sich kam, aber auch da hatte er keine Ahnung, wie es dazu gekommen war, dass er sich im Dunkeln den Kopf gestoßen hatte, und diese Gedächtnislücke behielt er bis ans Ende seiner Tage, genau wie die gelegentlichen Anfälle, bei denen er doppelt
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