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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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wie sie unermüdlich mit dem Strickzeug in ihrem Schoß beschäftigt waren (nähen konnten sie nicht mehr) … und dann, ein paar Minuten später: Knack! Da war es wieder. Und diesmal spitzte sogar der Afghane auf dem Läufer vor dem Kamin die Ohren und wanderte schnüffelnd an Wänden und Türen entlang, bis er abgelenkt wurde, weil er eine schlafende Person in einem Sessel entdeckte, die wachgeleckt werden musste, oder weil eine der Damen versuchte, ein Pfefferminzbonbon aus der Handtasche in den Mund zu schmuggeln, ohne dass ihr seine gierige Schnauze dazwischenkam.
    »Haben Sie zufällig gerade ein Krachen gehört?«
    Aber Edward, der sich Sorgen machte, eine Flutwelle könne seine Ferkel ertränken, schüttelte den Kopf.
    »Hören Sie doch mal.«
    Doch man hörte nur die Geräusche von Wind und Regen, das Stöhnen und Seufzen, und Edward vertiefte sich wieder in seine eigenen Sorgen, sodass er das Geräusch, als es schließlich kam, wieder nicht hörte.
    Der Major erinnerte sich an die Beulen, reale wie eingebildete, die er gemeinsam mit Sarah entdeckt hatte, und schob das Sofa im Salon zur Seite. Die Wurzel, die den Parkettboden hochdrückte, war von der Dicke eines Unterarms auf die eines Oberschenkels angeschwollen – dick, weiß, haarig und muskulös. Der Major hielt es für das beste, wenn er das Sofa rasch wieder zurück über diese Obszönität schob.
    In dieser Nacht lag er wach, lauschte Wind und Wellen und kam sich vor, als sei er allein auf einem Ozeandampfer mitten im Auge eines Orkans. Statt bei Tagesanbruch nachzulassen, nahm der Sturm im Laufe des folgenden Morgens immer weiter zu, und bis zum Nachmittag wuchs Edwards Sorge um das Wohl seiner Ferkel. Seit Mittag des Vortags hatten sie nichts zu fressen bekommen, und die ganze Zeit über hatten sie ohne physischen oder moralischen Beistand in der düsteren, sturmumtosten Sporthalle ausharren müssen. Er musste etwas unternehmen. Aber bei diesem Wetter wagte man kaum, die Nasenspitze aus der Tür herauszustecken, geschweige denn eine Viertelmeile weit zu gehen. Also wartete er auf besseres Wetter und stand, eine ungelesene Zeitung achtlos in der Hand, bald an dem einen, bald an dem anderen Fenster.
    »Heiliger Himmel! Haben Sie das gesehen.«
    Der Major hatte gesehen, wie eine größere Menge Dachschindeln von einem der Dächer auf der Windseite, vielleicht von einem Nebengebäude, in den stürmischen Himmel emporgewirbelt war. Er wartete darauf, dass sie auf der regennassen Terrasse zerschellten, aber er hörte nichts.
    Um vier Uhr wurde es dunkel. Sie beschlossen, nicht länger zu warten. In Öljacken gehüllt kämpften sie sich über die Auffahrt und rund um den Prinzgemahlflügel, um nicht von fliegenden Schindeln getroffen zu werden. Edward hatte einen halben Sack Kuchen und Rosinenbrötchen dabei. Den Kopf gesenkt, eine Hand auf den Hut gedrückt und die Augen zum Schutz vor dem peitschenden Regen halb zugekniffen, stapfte der Major hinterher. Die Luft war voll von dürren Blättern, Zweigen und Ästen, die der Wind von den ächzenden Linden und Ahornbäumen am Rand des Kartoffelackers abgerissen hatte. Kaltes Regenwasser rann ihm in den Kragen. Man konnte so schwer erkennen, wohin man ging, dass der Major, als Edward unvermittelt einige Schritte vor ihm stehenblieb, um einen Blick zurück zum Hotel zu werfen, mit ihm zusammenstieß.
    Edwards Augen waren nach oben auf den schwarzen, regengepeitschten Klotz des Majestic gerichtet. Seine dicken grauen Haarlocken zuckten und wanden sich wie Schlangen im heulenden Wind. In diesem Dämmerlicht wirkte sein Kopf noch kraftvoller als sonst; unter der massigen Stirn lagen die Augenhöhlen wie schattige Teiche, und die vom Regen glänzenden Wangenknochen wirkten wie in Stein gemeißelt. Mit einer Hand hielt er den durchweichten Sack mit süßen Leckerbissen fest, mit der anderen zeigte er hinauf zu dem Gebäude und rief dem Major wortlos etwas zu. Aber der Major musste nicht eigens gesagt bekommen, dass dort etwas nicht stimmte, denn er sah selbst das klaffende schwarze Loch im Dach des Dienstbotentrakts, sah, wie die Schindeln durch die Luft wirbelten wie Blütenblätter … ein jäher, starker Windstoß, und sie entschwanden in der Dunkelheit wie ein Schwarm aufgescheuchter Krähen. Und das schwarze Loch wurde immer größer, wie am Ärmel eines Strickpullovers, an dem sich die Maschen lösen. Bald schon sah man die ersten weißen Holzbalken.
    Edward zog ihn am Arm und preschte weiter voran durch den

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