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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Regen. Sie erreichten die windabgewandte Seite der hohen Mauer, die von Terrasse zu Terrasse abwärts in Richtung Meer verlief. Hier gab es einen schmalen Pfad, der dem Major noch nie aufgefallen war, und brüchige Treppenstufen, dicht mit Unkraut bewachsen, das sich nass um seine Knöchel legte. Es war merkwürdig ruhig im Schutz der Mauer, und sie kamen besser voran. Aber kurz vor der untersten Terrasse steigerte sich der Regen zum Wolkenbruch. Der Major fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckte das Salz der Gischtwolken, die, vom Wind emporgetrieben, auf den brodelnden Schlamm ringsum peitschten. Sie wandten sich seitwärts und strebten, den Wind jetzt im Rücken, in gehetztem Galoppschritt der unsichtbaren Sporthalle zu; mittlerweile war das Wasser in die Öljacke des Majors gedrungen, und sein Hut war ihnen, von einer Windböe gepackt und vom Kopf gerissen, in der Dunkelheit vorangeflogen.
    »Merkwürdig. Sonst kommen sie mich immer begrüßen. Wahrscheinlich fürchten sie sich.«
    Als sie die Außentür zugezogen hatten, schien die Sporthalle im Vergleich zu dem Unwetter, das draußen tobte, still und ruhig, obwohl der Regen auf das Glasdach prasselte und die Brecher unter dumpfem Donnergrollen nun nur noch wenige Meter von ihnen entfernt anbrandeten. Edward hatte eine Laterne von ihrem Haken an der Wand genommen, und während er sie anzündete, spähte der Major in die Dunkelheit, hielt Ausschau nach den Ferkeln und lauschte auf das Rascheln von Stroh. Der Ammoniakgeruch war noch unerträglicher als bei seinem letzten Besuch; jeder Atemzug brannte ihm in Nase und Kehle. Er sehnte sich danach, wieder draußen an der frischen Luft zu sein, selbst wenn es dort noch so sehr stürmte. Aber Edward roch es anscheinend gar nicht. Er leerte den Inhalt seines Sacks in einen schmutzigen Holztrog und gurrte sanft, um die Ferkel herbeizulocken. Die Kuchen, Wecken und Rosinenbrötchen waren in dem durchweichten Sack mit all ihrem Zuckerguß zu einer klebrigen Masse zusammengepappt und landeten mit einem schmatzenden Geräusch in dem Trog … Doch selbst das verfehlte seine Wirkung auf die Ferkel. Kein Laut brach die Stille dieses Raums.
    »Können sie irgendwie nach draußen gelangt sein?«
    Mit finsterer Miene hob Edward die Laterne und machte ein paar Schritte vorwärts durch das Stroh, das unter seinen Füßen quatschte. Der Major, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte (der Gedanke, in diesen Morast zu treten, war zu grässlich), beobachtete, wie der Lichtkegel über die hintere Mauer glitt, auf der in ungelenken, scharlachroten Buchstaben zu lesen stand: SPIONE UND VERRÄTER, NEHMT EUCH IN ACHT! Und er wusste sofort, was für eine rote Farbe das war und woher sie kam. Edwards Blick aber war auf den Boden gerichtet, weil er damit rechnete, dass dort verschlafene Ferkel auftauchen und ihn begrüßen würden, und so setzte er seinen Weg fort, bis das Licht der Laterne über eine freundliche, weiche Schnauze glitt, von dort zu den schläfrigen Augen und den hängenden spitzen Ohren … und dann über gähnende Leere (abgesehen von einem Häuflein Eingeweide und einem weggeworfenen Ringelschwänzchen). Zwischen Ohren und Schwanz war kein Schwein mehr. Das Schwein war weg.
    Ein jähes Keuchen – ein Geräusch, das der Major nie mehr vergessen sollte. Dann taumelte Edward vorwärts, und die Laterne schaukelte so wild, dass die Wände selbst zu wanken schienen.
    Als Edward herauskam und wieder neben ihm stand (er hatte noch immer kein Wort gesagt), blickte der Major nach unten und bemerkte, dass Edwards Schuhe leuchtend rot und völlig durchnässt waren; aus den Schnürsenkelösen quoll rote Flüssigkeit. Auf der Türschwelle hinterließ er ein, zwei, drei rote Fußabdrücke … Aber die Regenfluten wuschen sie fort.
    »Sobald sie einen anderen auch nur anschaut, kriegt sie von ihm eins über die Rübe!« Unter all den Sorgen, die den Major in Unruhe versetzten (und daran herrschte wahrhaftig kein Mangel), war dies die eine, die ihn am meisten beschäftigte. Es war auch die, auf die er am wenigsten Einfluss hatte. Genau genommen war es die einzige, bei der er absolut nichts tun konnte außer zu grübeln und sich zu quälen.
    Er wusste, dass es sinnlos war. Ein so großer Dummkopf war er nun doch nicht. Er wusste, dass es jetzt keinerlei Hoffnung mehr gab, dass er und Sarah einmal ein Paar würden. Von allem anderen abgesehen hegte er jetzt einen beträchtlichen Groll gegen sie. Selbst wenn sie sich noch

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