Troubles (German Edition)
Ernte war auch weiterhin im Gange. Und was war mit den Überlebenden? Die armseligen Briefe im Reservistenblatt, die um Pensionen oder Anstellung bettelten, die mit K RAWUMM , D UBLIN -T OMMY , W ALD VON D ELVILLE 1916, D UBLINER FÜR DAS E MPIRE und dergleichen unterzeichnet waren? Wann würde all das erledigt und vergessen sein?
Auf seinem Weg weiter die Hauptstraße entlang winkte ihm ein Mann zu, von dem er zunächst nicht wusste, wer er war; als er näherkam, erkannte er jedoch die adrette Erscheinung und das beflissene Lächeln: es war Mr. Devlin, Sarahs Vater. Sarah habe ihn vom Fenster ihres Zimmers aus entdeckt. Sie hatte nichts zu tun und langweilte sich; lag im Bett mit einer leichten Erkältung – nichts Ernstes, hatte der Doktor gesagt, aber der Major wisse ja, wie die jungen Leute seien … immer gleich ungeduldig. Gewiss, das Schlimmste sei überstanden, danke der Nachfrage, aber sie sei so angespannt … Kurz, sie habe ihn gebeten, den Major zu fragen, ob er, wenn es ihm denn keine allzu großen Umstände mache (er müsse ja nicht länger als einen Augenblick bleiben – es gehe ja im Grunde nur um die Zerstreuung), nicht auf ein paar Worte heraufkommen wolle … nur um Hallo zu sagen.
»Das wird mir ein Vergnügen sein. Der Hund ist allerdings ziemlich schmutzig, fürchte ich.«
»Wir könnten ihn ja so lange irgendwo einschließen«, schlug Mr. Devlin vor und sah den Hund angewidert an. Er ging voran zum Nebeneingang der Bank.
»Aber geben Sie acht, dass er Ihnen nicht Ihre Banknoten auffrisst«, meinte der Major lachend, während der Hund sich schüttelte und munter durch das Zimmer tollte. Mr. Devlin fand das jedoch überhaupt nicht lustig; ja, er sah sehr verärgert aus. Er schloss den Hund in der Küche ein, und dann führte er den Major nach oben zu dem Zimmer, in dem Sarah, auf Kissen aufgestützt, mit schimmernden Augen, geröteten Wangen und, wie ihr Vater gesagt hatte, ungeduldig, ihn schon erwartete.
»Ich bin unten«, sagte Mr. Devlin noch mit einem Hüsteln; »ich lasse die Tür offen, für den Fall, dass Sie etwas brauchen.« Damit zog er sich zurück. Sie hörten seine Schritte abwärts auf der Treppe.
»Ja was höre ich da, Sie sind krank? Sie waren erkältet, sagt man mir, aber es geht schon wieder besser. Ich finde, Sie sehen aus wie das blühende Leben.«
»Reden Sie keinen solchen Unsinn, Major, kommen Sie her und setzen Sie sich. Hier aufs Bett … keine Sorge, ich beiße schon nicht. Und wo ist der hübsche Hund, den Sie bei sich hatten? Eigentlich wollte ich ja den Hund sehen und nicht Sie. Und jetzt denken Sie sicher, es war Ihretwegen. Männer sind so eingebildet – das habe ich doch bei all meiner Jugend schon herausgefunden. Und Sie brauchen mir nicht zu widersprechen, Major, sparen Sie sich die Mühe, ich
weiß
, dass es stimmt, und Sie sind noch eingebildeter als alle anderen, da bin ich mir sicher; ich sehe das sofort an Ihrem lächerlichen Schnurrbärtchen, gar nicht zu reden von Ihrer ›stocksteifen Haltung‹, was ja wirklich das Albernste ist, was ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Warum können Sie denn nicht ein bisschen gebückt gehen wie ein normaler Mensch? Na, mich geht das ja zum Glück nichts an. Und Sie brauchen auch gar nicht so zu lächeln, auf Ihre herablassende Art, so als ob ich von nichts eine Ahnung hätte, nur weil ich ein Mädchen vom Lande bin. Sie halten mich ja ganz bestimmt für einen vollkommenen Dummkopf, der nichts von der Welt weiß; wahrscheinlich sind Sie an diese jungen Frauen gewöhnt, die es in England gibt, die sich die Gesichter bemalen und nächtelang ausgehen – die Illustrierten sind voll von Geschichten über solche Gestalten – also ich muss schon sagen, sich Farbe ins Gesicht schmieren, das hört sich widerlich an!« Und sie lachte, ein klein wenig hysterisch.
»Hunde? Frauen mit Farbe im Gesicht? Was Sie aber auch für ein Zeug erzählen. Ich glaube, Sie sind doch kränker als ich dachte.«
»Als ich Sie unten entlanggehen sah (schauen Sie, von hier kann ich gerade noch sehen, was unten passiert), da sagte ich zu mir: ›Da unten geht dieser lächerliche Engländer mit einem hübschen Hund. Wie schön wäre das, wenn ich jetzt mit ihm plaudern könnte …‹ Aber jetzt wo Sie da sind, fällt mir überhaupt nichts ein, und ich kann mir gar nicht mehr erklären, warum ich vor ein paar Augenblicken mit Ihnen reden wollte … Na egal, ich werde das Beste daraus machen, und bestimmt fällt mir gleich etwas ein.
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