Troubles (German Edition)
ihre Instrumente als Knüppel nahm … oder der Esel, der erstochen wurde, weil er Torf zur Polizeikaserne transportiert hatte; man hatte ihn zum Verräter an der irischen Sache erklärt!«
»Das sind Verleumdungen, die die Engländer sich ausdenken. Wir können nicht sagen, ob in den Zeitungen die Wahrheit steht. Alles in Irland gehört den Engländern. Alles.«
Sarah war nun nicht mehr rot im Gesicht, aber sie wirkte immer noch ziemlich ungeduldig. Unvermittelt sagte sie: »Wussten Sie eigentlich, dass Edward Sie für einen kalten Menschen hält, Brendan?«
»Nein, das wusste ich nicht.« Der Major war überrascht.
»Ich glaube, es liegt daran, dass Sie immer so ungeheuer höflich und distanziert sind.« Sie lächelte, weil der Major betroffen dreinblickte, und schüttelte den Kopf. »Allerdings habe ich ihm geantwortet, ich fände genau das Gegenteil … ja für meine Begriffe seien Sie weich wie Haschee.«
»Ich muss sagen, das hört sich auch nicht gerade wie ein Kompliment an. Aber wie haben Sie erfahren, was Edward von mir hält? Sie hatten mir erzählt, er sei immer so unfreundlich zu Ihnen. Ich dachte, Sie reden überhaupt nicht miteinander.«
»Oh, in Kilnalough trifft man jeden«, antwortete Sarah unbestimmt. »Man könnte Leuten gar nicht aus dem Wege gehen, nicht mal wenn man wollte. Und jetzt machen Sie doch nicht so ein verdattertes Gesicht. Machen Sie die Tür zu und kommen Sie her und setzen Sie sich aufs Bett. Seien Sie nicht albern, um
ihn
müssen Sie sich nicht kümmern (um meinen Vater, meine ich) … Wollen Sie etwa schon gehen? Sagen Sie bloß nicht, ich habe Sie schon wieder gekränkt!« Und sie lachte laut auf; ein Lachen, das dem Major noch während des ganzen Rückwegs angenehm in den Ohren klang.
Doch noch bevor er wieder im Majestic anlangte, kam ihm ein beunruhigender Gedanke. Konnte es sein, dass Dr. Ryan von Sarah gesprochen hatte und nicht von Angela, als er von einer Erkältung sprach, von »ein wenig Fieber«, von ihrem Vater mit »so wenig Rückgrat wie ein Pudding«? In dem Falle war die arme Angela vielleicht doch schwerkrank. Und je mehr er darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher kam ihm das vor.
»Tja«, sagte Ripon, der betrunken war. »Das war die lächerlichste Geschichte, die ich in meinem Leben erlebt habe. Es war gleich nach der Sache in Soloheadbeg, dem ersten von den vielen Angriffen auf die Polizeitruppen, und die Wellen der Empörung und des Patriotismus schlugen hoch, das können Sie sich ausmalen. Wir sitzen also alle am Tisch beim Mittagessen, mümmeln friedlich vor uns hin, da erhebt sich plötzlich der Pater familias und sagt mit Grabesstimme: ›Ich gehe heute abend nach Kilnalough und trinke ein Glas. Man muss Flagge zeigen. Wer von den Herren mir Gesellschaft leisten will, ist höchst willkommen.‹ Tja, Stille kehrt ein, keiner sagt ein Wort … ›Ripon, was ist mit dir?‹ Natürlich hatte ich keine Lust auf so ein Selbstmordkommando. Der Pater familias setzt eine verächtliche Miene auf und sagt: ›Nun gut, wenn sich niemand anschließen will, dann gehe ich allein.‹ Wir saßen alle reichlich verlegen da – ich jedenfalls –, innerlich stießen wir jedoch einen Seufzer der Erleichterung aus (Glück für Sie, Major, dass Sie damals noch nicht hier waren; ich finde, Sie sehen nicht aus wie ein Mann, der bei so einem Appell an seinen Patriotismus nein sagen kann); doch siehe da, von einem Tisch im Halbdunkel am anderen Ende des Speisesaals kommt dünn eine hohe Stimme, zittrig, doch entschlossen. Es ist Miss Johnston. ›Ich werde Sie begleiten, Mr. Spencer!‹ Alle sind tief beeindruckt. ›Und ich ebenfalls!‹, ruft Miss Staveley. Und mit einem Mal Rufe von überallher, selbst Mr. Porter, dessen Frau sich freiwillig gemeldet hatte, lässt sich von der Begeisterung umstimmen. Und so fand sich also der Pater familias, ein wenig widerstrebend, an der Spitze einer Delegation von alten Damen – es muss mindestens ein halbes Dutzend gewesen sein –, dazu Porter, der alte Tattergreis und schließlich auch, denn man sah ja doch ein prachtvolles Fiasko kommen, ich.
Bis wir dort anlangten, waren natürlich alle, ich eingeschlossen, halb besinnungslos vor Furcht (ein Jammer, dass Sie nicht dabei waren, Major, Sie wären natürlich die Tapferkeit selbst in jedem Landgasthaus). Byrnes Pub ist eigentlich gar kein so schlechter Laden, obwohl selbstverständlich niemand dort hinginge, außer um die Einheimischen zu ärgern, jedenfalls niemand aus dem
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