Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
Vom Netzwerk:
Und da sitzen Sie nun und sehen aus, als ob Ihnen nicht wohl in Ihrer Haut ist, und diese Hand, die Sie da neben sich haben, die sieht überhaupt nicht wie eine Hand aus; sie sieht aus wie ein großes ledriges Tier, eine Kröte oder so was, die sieht so hart aus, so trocken – ist die andere genauso? Ja, ich sehe schon, die ist genauso. Die sehen aus, als ob sie aus Leder sind, sonnengedörrtem Leder … Wissen Sie, Brendan (ich werde Sie Brendan nennen; ich erkenne nämlich die britische Armee nicht mehr an, das ist eine Besatzungsmacht, die gegen den Willen des Volkes in Irland ist; es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie so nenne, oder?), als Kind habe ich immer geträumt, dass ich im Bett liege und eine Kröte auf meiner Brust sitzt, und das hört sich ja ziemlich unangenehm an, aber in Wirklichkeit war es ein schönes, warmes Gefühl. Diese Kröte, die war ein richtiger Freund, ich wünschte, ich hätte heute noch solche Träume. Aber sagen Sie mir (ich darf Sie nicht mit Geschichten aus meiner Kindheit langweilen, sonst denken Sie sich irgendeinen Vorwand aus und machen sich davon), sagen Sie mir, warum Sie so elend aussahen, als Sie dort unten langgingen. Hat Angela Ihnen dermaßen zugesetzt? Nein, sagen Sie es nicht; ich sollte mich wirklich nicht in Ihre Privatangelegenheiten mischen. Das geht mich nichts an, und Sie würden mir nur meine Zeit damit stehlen. Ich will Ihnen stattdessen etwas über Irland erzählen, denn Sie kennen sich ja offensichtlich kein bisschen aus. Haben Sie je vom Dubliner Osteraufstand gehört?«
    Aber gewiss habe er davon gehört, versicherte er ihr mit einem Lächeln. Das sei der heimtückische Angriff irischer Schläger auf die britische Armee gewesen, als diese ganz damit beschäftigt gewesen war, Irland gegen den Kaiser zu verteidigen.
    »Hatte Irland sie gebeten, es zu verteidigen?«
    »Ob sie nun gebeten haben oder nicht, sie wollten es offenbar, sonst hätten ja nicht so viele Iren in der Armee gekämpft.«
    »Offenbar? Daran ist nichts offenbar! Man hat das irische Volk überhaupt nicht gefragt. Wir hatten kein Wort zu sagen. Den Iren kann das doch gleich sein, ob die Deutschen über sie herfallen oder die Engländer. Vielleicht wäre es sogar besser, wenn wir Untertanen des Kaisers wären; jedenfalls mal was Neues …« Und der Major sei schwer im Irrtum, wenn er die Helden des Osteraufstands als Schläger bezeichne. Im Gegenteil, unter den Patrioten habe es viele vornehme Herren gegeben. Nicht mal das wisse er? Wie ungebildet die Engländer (nur die Höflichkeit, sagte sie lachend, halte sie davon ab, vom »Feind« zu sprechen), wie ungebildet die Engländer doch seien. Ob er von der Gräfin Markiewicz gehört habe, einer jungen Frau, die mit der Pistole im Gürtel das Medizinische Institut verteidigt habe und zum Tode verurteilt worden sei, weil sie auf einen Gentleman geschossen habe, der zum Fenster des Unionisten-Clubs herausschaute (obwohl sie danebengeschossen hatte)? Oder Joseph Plunkett, ein Mann, an dessen Fingern die Edelsteine blitzten wie bei einem Renaissancefürsten, und der ja auch tatsächlich der Sohn eines Grafen von päpstlichen Gnaden gewesen sei – glaube er etwa, dass ein solcher Mann ein Schläger gewesen sei? Schon todkrank, er hatte Tuberkulose, hatte er sich aus dem Krankenbett zum Kampf erhoben; ob das etwa etwas sei, was ein Gauner und Verräter tue? Ob der Major eigentlich wisse, dass Joseph Plunkett zuletzt noch Grace Gifford geheiratet habe (eine schöne junge Aristokratin, deren protestantische Familie sie daraufhin natürlich enterbt hatte, die Schweine), beim Licht einer Kerze, die ein britischer Soldat in der Gefängniskapelle von Kilmainham für ihn gehalten habe, am frühen Morgen des Tages, an dem er vor das Erschießungskommando kam? Klinge
das
vielleicht nach einem Schläger?
    »Nein, das tut es nicht«, sagte der Major lächelnd. »Es klingt eher wie der letzte Akt einer italienischen Oper, deren Librettist beim Schreiben betrunken war.«
    »Ach, man kann einfach nicht vernünftig mit jemandem reden, der dermaßen zynisch ist!«
    »Aber von mir erwarten Sie, dass ich an diese Opernhelden glaube, obwohl man etwas vollkommen anderes in der Zeitung liest. Gerade vor ein paar Tagen habe ich noch von einer Frau gelesen, der man Nasenringe für Schweine in den Hintern gezwickt hat, weil sie der Polizei Milch geliefert hatte … dann war da die Geschichte von der Blaskapelle, die eine Prügelei mit der Polizei vom Zaun brach und

Weitere Kostenlose Bücher