Trust Me - Blutiges Grauen
zu seiner Verteidigung herbeigeeilt. David hatte Briefe erhalten, in denen stand: “Wie können Sie zulassen, dass die Lügen einer einzelnen Frau eine liebevolle Familie zerstören?” Die Tochter des Bürgermeisters, eine von Burkes Patienten, hatte sogar vor Gericht für seine Unbescholtenheit gebürgt.
David wünschte, Burke hätte seine “Skye-im-Drogenrausch”-Geschichte schon zu einer Zeit erzählt, als sie noch das Gegenteil hätten beweisen können. Aber er hatte schlauerweise den Mund gehalten und nichts nach außen dringen lassen, während er sich mit seinen Anwälten beriet. Wochen zuvor hatte er behauptet, im Einvernehmen mit Skye zu ihr nach Hause gegangen zu sein. Sie wollten miteinander ins Bett, wo
sie ihn
dann jedoch angriff. Niemand konnte diese Aussage überprüfen. Es gab keinen Beweis dafür, dass Skye jemals Drogen genommen hatte. Doch an diesem Abend war sie vorher mit Freunden zu einer Party gegangen. Dort hatte es wohl auch Ecstasy gegeben; Skye war aus diesem Grund ziemlich früh wieder verschwunden, und zwar allein. Aber da ihre Mitbewohnerin an diesem Wochenende in Tahoe gewesen war, stand Aussage gegen Aussage. Dass man das Blut auf Skyes Bett als Burkes identifiziert hatte, bestätigte lediglich, dass er dort gewesen war. Es sagte nichts darüber aus, ob sie ihn eingeladen hatte oder nicht. Es war auch nicht klar, wie er ins Haus hatte eindringen können. Anders als bei den Mordfällen am Fluss fand man keine durchschnittene Fliegengittertür. Als die Polizei eintraf, war die Vordertür unverschlossen. Skye behauptete jedoch, sie abgeschlossen zu haben, bevor sie ins Bett gegangen war. David nahm an, dass Burke sie dabei beobachtet hatte, wie sie irgendwann ihren Schlüssel versteckte, und sich dann bedient hatte. Aber er musste ihn sofort wieder an seinen Platz gelegt haben. Der Schlüssel lag jedenfalls dort, wo er immer gelegen hatte.
Glücklicherweise war Skye eine starke Zeugin, und es kam zur Verurteilung. Aber das war nicht so einfach, wie es hätte sein sollen.
Skye … Es frustrierte David, dass er nicht mit dem gleichen Abstand an sie denken konnte wie an alle anderen Personen, mit denen er dienstlich zu tun hatte. Erneut holte er sich die Worte seines Sohnes ins Gedächtnis.
Du kommst doch wieder nach Hause, oder?
Dann versuchte er, sich wieder zu konzentrieren.
Alle drei Frauen hatten in der Nähe des Campus Commons am American River gelebt. Eine von ihnen arbeitete etwa fünf Minuten entfernt im Pavilions, einem exklusiven Einkaufszentrum in einer wohlhabenden Gegend. Die anderen beiden studierten an der Sacramento State.
David starrte auf die Tatortfotos. So viele von Burkes Patienten hatten sich Sorgen um dessen Familie gemacht. Aber was hatte er den Familien der Opfer nur angetan!
Er fluchte bei dem Gedanken daran, dass es genauso ein Foto von Skye geben könnte, wenn sie sich nicht mit der Schere verteidigt hätte. Wenn er sich vorstellte, wie Burke sie berührt, ja selbst nur angesehen hatte, drehte sich ihm der Magen um.
Er nahm einen Schluck von seinem inzwischen kalt gewordenen Kaffee, den er heute Morgen auf dem Weg nach Hause mitgebracht hatte. Dann beugte er sich weiter zu den Fotos hinunter, betrachtete jede Einzelheit. Es musste doch irgendetwas zu finden sein! Etwas, das er vorher nicht gesehen, worauf er nicht geachtet hatte. Doch er hatte bereits alles ausgeschöpft. Nichtsdestotrotz erstellte er eine Liste mit den bisher bekannten Fakten:
1. Beschreibt sich als normal, ist aber sadistisch. Dafür sprachen die vielen Stichwunden und Blutergüsse bei den Frauen.
2. Vergewaltigt seine Opfer, aber keine Anzeichen für Nekrophilie.
3. Trägt Handschuhe. Es wurden an keinem Tatort Fingerabdrücke gefunden, auch nicht an den Fenstern.
4. Trägt eine Kapuze. Das hatte Skye ausgesagt.
5. Rasiert sich höchstwahrscheinlich den Genitalbereich. An den Tatorten waren keine Schamhaare gefunden worden.
6. Keine Schuhabdrücke neben den Haustüren. Hatte er diese Schutzüberzüge getragen, die Ärzte im OP anlegten? Möglich, schrieb David auf. Aber da war dieser eine Abdruck neben Patty Poindexters Haus. Vielleicht trug er sie also nicht immer.
7. Muss offensichtlich immer ein Kondom benutzt haben, das er dann wieder mitnimmt. Bei den jungen Frauen wurde kein Sperma gefunden, obwohl sie eindeutig gewaltsam penetriert worden waren.
8. Benutzt ein Messer. Womöglich hatte er Erfahrung mit einem
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