TS 04: Das endlose Schweigen
willst? Wolltest wohl allein ins gelobte Land verschwinden, he?“
„Wir können tauschen“, machte Gary den schwachen Versuch einer Anbiederung, der prompt mißlang. „Ich gebe dir die Ausrüstung, und du gibst mir dein Gewehr.“
„Tauschen? Ich behalte das Gewehr und deine Ausrüstung, denn schließlich bin ich hier der Boß. Frag die Jungens, die wissen es. Sully, komm einmal her!“
Der Kleinere der beiden eilte dienstfertig herbei.
„Ja, Boß, was soll ich?“
„Das Ding da anlegen, aber dalli!“
„Ich?“ Sully schien entsetzt. „Ich kann doch gar nicht schwimmen.“
„Wer spricht denn von Schwimmen, du Schwachkopf? Ich will doch nur feststellen, ob diese Tauchmaske funktioniert.“
„Aber ich weiß nicht, wie man sie anzieht, Harry.“
Harry winkte mit dem Gewehr.
„Der Fremde wird sie dir anlegen, und wehe, wenn er es nicht richtig macht.“
Mit offensichtlichem Widerstreben machte sich Gary daran, Sully die Maske aufzusetzen und das Mundstück mit dem Atemschlauch zu verbinden. Dann öffnete er die Luftzufuhr und trat zurück. Sully stand an allen Gliedern zitternd in der Mitte der Männer und starrte sie angstvoll an.
Seine Augen wirkten hinter den Glasscheiben doppelt groß.
„Kann er jetzt atmen?“ erkundigte sich Harry besorgt.
„Er atmet bereits durch das Gerät“, nickte Gary.
Harry nickte Sully zu.
„Gehen wir zum Ufer.“
Sie marschierten über die Wiese und erreichten Minuten später den abfallenden Strand. Gary blickte hinüber zum Ufer von Minnesota, aber er konnte keine Soldaten entdecken. Es war auch zu dunkel dazu. Er hoffte nur, daß sie jetzt keiner überraschte, denn außer Harry besaß niemand eine Waffe.
„Und jetzt leg dich ins Wasser!“ befahl Harry und stieß den überraschten Sully in den Fluß, wobei er ihn jedoch wohlweislich festhielt, damit er nicht abtreiben konnte. Sully wehrte sich aus Leibeskräften, aber er unterlag der brutalen Gewalt des Anführers. Sein Kopf befand sich unter der Wasseroberfläche und wurde von Harrys Fuß dort gehalten.
Die Prozedur dauerte mehrere Minuten, währenddessen Gary aufmerksam das andere und das eigene Ufer beobachtete. Wenn sie jetzt jemand in böser Absicht überraschte, konnten sie alle vier verloren sein, denn Harry war viel zu sorglos, um einen Posten auszustellen.
Endlich glaubte dieser, genügend für seine spätere Sicherheit getan zu haben, und zog Sully aufs Land. Er stellte ihn auf die Füße und streifte ihm die Maske ab.
„Lebst du noch?“ fragte er ganz unnötig.
„Warum wolltest du mich ertränken?“ rief Sully verstört aus. „Du weißt doch, daß ich nicht schwimmen kann!“
Harry ballte die rechte Faust und hielt sie ihm unter die Nase.
„Halt den Mund, du verdammter Narr! Ist dein Gesicht vielleicht naß?“
„Ich – nein! Aber wieso denn? Ich war unter Wasser.“
„Und hast du Luft bekommen?“
„Ja – ich habe immer geatmet. Aber wieso kann ich …?“
„Mund halten, du Esel! Also funktioniert das Ding!“ Er kümmerte sich nicht mehr um Sully, sondern wandte sich an Gary. „Da hast du dir etwas verdammt Schlaues ausgedacht,mein Lieber, aber Harry ist noch schlauer. Du also wolltest überden Fluß und dich in Sicherheit bringen? Aber du hast dich geirrt. Harry wird ans andere Ufer schwimmen, du aber bleibst hier. Vielleicht findest du eine neue Ausrüstung.“
„Harry! Du wirst uns doch nicht etwa allein lassen?“
Der Anführer warf Sully einen voller Verachtung strotzenden Blick zu und knurrte:
„Hast du gedacht, ich würde mein Leben lang dein Kindermädchen spielen?“
„Aber Harry, was sollen wir ohne dich machen?“
„Von mir aus geht zum Teufel!“ Er griff nach Sully. „Gib die Maske her!“
Er streifte Sully die Maske einfach vom Kopf und hob ihm die Sauerstoff-Flasche und den Atemschlauch vom Rücken. Doch nun begegnete er dem ersten Problem und wußte es nicht zu lösen: mit einem Fuß stand er im Wasser, das Tauchgerät in der einen und das Gewehr in der andern Hand. Er benötigte jedoch beide Hände, um die Maske anzulegen.
Gary grinste im Halbdunkel.
Harry zögerte lange Sekunden und dachte darüber nach, wem er wohl am meisten vertrauen könne. Dann winkte er mit dem Ellenbogen dem dritten Mann, der sich bisher schweigsam verhalten hatte.
„Komm her und nimm mein Gewehr! Richte es auf den Fremden, und wenn er eine verdächtige Bewegung macht, pumpe ihn voll Blei.“
Der Partner hielt den Gewehrlauf recht unsicher auf Gary, während
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