TS 32: Stunde der Roboter
Sie von mir aus die ganze Zentrale, wie ich vorhin schon vorschlug.“
„Gut, fahren wir also! Wenn Dave und Terry vorher in Ihrem Betrieb aufkreuzen, können sie warten. Es ist mir ohnehin lieber, wir sind bei dem Rundgang alle beisammen.“
*
Als sie das Taxi verließen, um das Gebäude, in dem sich die Büros des Komitees befanden, zu betreten, legte Norma Cummings ihre Hand auf Sinclaires Arm. „Sie gefallen mir nicht, Mr. Sinclaire“, sagte sie freimütig. „Vorhin wünschten Sie jede Ablenkung zum Teufel, und jetzt genügt ein Fetzen bedruckten Papiers, um Sie von der Verfolgung Ihrer eigentlichen Aufgabe abzubringen.“
Russ ärgerte sich über die Wahrheit, die das Mädchen ihm sagte, aber der Unmut wurde gelindert durch den Druck ihrer Hand, die er auf seinem Arm fühlte. „Hören Sie zu, Norma“, sagte er leise. „Ich mache mir nichts vor. Wenn die Überprüfung der Roboterwerke negativ verläuft, wenn die im Labor von Dr. Raybitz arbeitenden Roboter sich als einwandfrei erweisen, wenn Dave Talbert inzwischen nicht einen Anhaltspunkt findet, bin ich geliefert und kann meinen Abschied nehmen.“
„Sie machen also nur einen Umweg, um das Unvermeidliche noch ein wenig länger hinauszuschieben“, stellte Norma sachlich fest. „Sie erinnern mich an den kleinen Jungen, der ein Geldstück verlor undAngst hatte, auch noch seine letzte Tasche zu durchsuchen, weil er fürchtete, es würde sich auch da nicht anfinden.“
„Kein schlechter Vergleich“, nickte Sinclaire. „Wir halben ja tatsächlich etwas verloren. Leider weiß ich nicht, in welchen Taschen ich nachsehen muß.“
Sie betraten das Gebäude, und Russ ging voran. Sie traten in die unheimlich wirkende Leere des Fahrstuhlschachtes, und das unsichtbare Kraftfeld trug sie nach oben. Sinclaire konnte sich nie eines unangenehmen Gefühls erwehren, wenn er dieses Beförderungsmittel benutzte. Scheinbar im Nichts zu schweben und sich vom Erdgeschoß ins zwei- oder dreihundertste Stockwerk tragen zu lassen, erforderte gute Nerven. Norma Cummings schien sie zu haben. Sie stand lächelnd neben ihm, und er spürte, wie sich der Druck ihrer Hand verstärkte.
Die Büroräume der New Yorker Zweigstelle des Befreiungskomitees waren noch eleganter, als Russ es erwartet hatte. Die fluoreszierenden Wände hatten den modernen pastellfarbenen Schimmer, Tische, Stühle und Sessel waren nach den letzten Erkenntnissen gebaut; sie hatten keine Beine oder Füße, sondern schwebten, durch unsichtbare Kraftfelder gehalten, frei in der Luft und paßten sich den Maßen jedes Benutzers automatisch an. Eine nette junge Sekretärin bat die Eintretenden, einen Augenblick zu warten und kehrte gleich darauf mit der Meldung zurück, daß Mr. Conrad Samson, der stellvertretende Direktor, bitten lasse.
Samson war ein großer, drahtiger Mann von unbestimmbarem Alter. Sinclaire stellte Norma, Harry Lietz und sich selbst vor und erklärte den Grund ihres Kommens. „Wir bekamen zufällig eines Ihrer Flugblätter in die Hand, Mr. Samson. Würden Sie die Freundlichkeit haben, uns mit den Zielen Ihrer Organisation bekanntzumachen!“
Samson verbeugte sich geschmeichelt und wartete, bis seine Gäste sich gesetzt hatten. „Das Ziel der Arbeit des Internationalen Befreiungskomitees ist in seinem Namen enthalten“, begann er, seine Worte mit ausdrucksvollen Gesten begleitend. „Wir sind eine Bewegung, die gegen jede Art von Sklaverei kämpft und auch getarnte Leibeigenschaft nicht duldet. Unsere Mitglieder sind Kämpfer für eine Freiheit, die …“
„Sie können doch Roboter nicht …“, begann Russ, aber Samson unterbrach ihn unwirsch.
„Roboter!“ rief Samson empört, und Sinclaire fühlte, daß allein das Wort für den anderen eine Beleidigung bedeutete. „Natürlich sind sie Roboter, aber so menschenähnliche Roboter, daß oft kaum ein Unterschied besteht.“ Er preßte den Klingelknopf auf seinem Schreibtisch nieder, und die junge Sekretärin aus dem Vorzimmer trat ein.
„Sie wünschen, Mr. Samson?“ fragte sie, den Bleistift auf den Stenogrammblock setzend. „Ein Diktat? Ich bin bereit.“
Samson wartete sekundenlang, bevor er sprach. „Sie ist ein Roboter!“ sagte er grollend. „Wo ist der Unterschied zwischen ihr und einer richtigen Sekretärin? Ist sie nicht erfreulich anzusehen? Von einer Schönheit, die nicht vergeht! Keine Blume, die nur für Stunden oder Tage blüht. Wenn Keats recht hatte, als er sagte, Schönheit beschere ewige Freude, so
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