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TS 69: Im Kosmos verschollen

TS 69: Im Kosmos verschollen

Titel: TS 69: Im Kosmos verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rex Gordon
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von ihrem Organismus zu einer bestimmten Lebensweise gezwungen werden. Die Wissenschaftler von Kara sind anderer Meinung.“
    Ich wußte es. Sie hatten eine Vorstellung, die mir absolut unbegreiflich erschien. Sie glaubten an bestimmte Kräfte, die alles in der Welt leiteten. Das ging so weit, daß sie die Existenz fester Materie leugneten und sie als Energie betrachteten.
    „Fische sind Tiere!“ sagte ich eindringlich. „Sie tun nichts, wozu sie nicht durch bestimmte Umwelteinflüsse gezwungen werden. Erinnere dich daran, daß ich dir gesagt habe, daß jede Wirkung eine Ursache haben muß.“
    Ich hatte es wirklich nicht leicht. Ich mußte ihr die Grundlagen der Physik, der Chemie, Mechanik und Biologie beibringen.
    Sie sah mich mit ihren klaren blauen Augen an. Sie war sieben Jahre alt, ein blondes, graziöses Menschenkind, das in einer völlig fremden Welt aufwuchs.
    „Du meinst also, daß die Fische nicht selbst bestimmen, was sie wollen?“
    „Nein, Eve, das sieht nur so aus. Sie gehorchen allein den chemischen Prozessen ihres Körpers.“
    Statt zu antworten, streute sie einige Brocken in das Becken und zeigte auf einen großen Fisch, der einige der Brocken verschluckte, andere hingegen verschmähte.
    Ich wußte, was sie damit andeuten wollte: „Icthemen“, die Kraft der Unterscheidung, die von den Bewohnern dieses Planeten als Basis des Lebens betrachtet wurde. Eves Lage war nicht beneidenswert. Sie wurde mit zwei verschiedenen Deutungen konfrontiert.
    „Die Fische mußten also an Land kriechen, die Vögel mußten fliegen, und die Mikroben mußten in tiefe Felsspalten kriechen, Daddy?“
    „Richtig, Eve. Die Vögel begannen zu fliegen, weil sie so ihren Verfolgern entgehen konnten.“
    Das war eine einfache, einleuchtende Erklärung, aber Eve war nicht bereit, alles einfach zu übernehmen. Für sie waren die Handlungen der Lebewesen keine bloßen Reaktionen auf bestimmte Reize, sondern vom Icthemen getragener Wille.
    Ich wollte mich weiter mit ihr beschäftigen, aber plötzlich tollte eine Schar grüner Kinder auf den Dachgarten und lenkte sie ab. Eve eilte auf sie zu und spielte mit ihnen. Wahrscheinlich war ihr gar nicht bewußt, wie sie die zwischen verschiedenen Rassen bestehenden Barrieren niederriß.
    Meine Aufmerksamkeit galt den Eltern der Kinder, die mitgekommen waren, um dem Spiel ihrer Kinder zuzusehen. Anscheinend hielten sie es für gut, daß ihre Kinder mit dem fremden Wesen zusammentrafen. Sicher war das auch gut so, denn es diente der gegenseitigen Verständigung, aber ich war ungehalten, denn mir gingen dadurch viele kostbare Stunden verloren.
    Ich war mir aber der Bedeutung der Geschehnisse bewußt. Die Bewohner von Kara gaben Eve die gleiche Erziehung wie ihren Kindern, führten sie in ihre Gedankenwelt ein und machten sie dadurch wenigstens geistig zu einem Mitglied der Gemeinschaft. Sie waren überrascht, wie schnell Eve alles begriff, und auch ich war überrascht, daß die zwei grundverschiedenen Weltanschauungen absolut nicht nachteilig für Eve waren.
    Ich dachte an Thasala und Iphyla, die beiden Wissenschaftler, mit denen ich besonders technische Probleme erörtert hatte. Ihre Anschauungen waren für mich so abstrakt, wie die meinen für sie. Wir fanden einfach keinen gemeinsamen Nenner.
    Eve hatte es leichter. Sie wuchs in dieser Umgebung auf und erfaßte beide Anschauungen gleichzeitig. Vielleicht war das ein Glück für beide Rassen, daß ein Mensch heranwuchs, der beide verstand.
    Trotzdem war ihr Schicksal nicht beneidenswert. Sie blieb trotz allem ein Mensch, ein fremdes Wesen in Kara. Würde sie zu einer Gefahr für die Erde heranwachsen oder würde ihr Wissen eines Tages diesen Planeten bedrohen?
    Warum sorgte ich mich überhaupt? Meine düsteren Prognosen hatten sich nicht erfüllt. Ich war ein Gefangener, aber die Wissenschaftler schätzten mich, denn sie hatten längst erkannt, daß ich kein primitiver Steinzeitmensch war. Alle möglichen Probleme waren durchgesprochen worden, aber das Hauptproblem, war noch nicht angeschnitten worden. Eines Tages würde es aber geschehen. Es war ganz unvermeidlich. Ich spürte das drohende Unheil nahen und wußte nicht, wie ich es abwenden konnte.
    Wenn nun aber nichts geschah, wenn keiner nach meinem Ursprungsplaneten fragte, wenigstens nicht eindringlich danach fragte? War das nicht eine grauenhafte Vision? Wir, Eve und ich, würden als Fremde in einer fremden Welt leben und schließlich sterben.

 
22.
     
    Thasala und Iphyla

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