TS 78: Operation Vergangenheit
eine besondere Mitteilung zu machen?“
„Er sprach nur von der Bombe und davon, daß man ihn mit Steinwürfen davongejagt habe.“
„Merkwürdig, daß Cassca nichts erzählt hat. Na, vielleicht fand sie die Sache nicht der Rede wert. Gehst du jetzt, Murdock?“
„Ja. Ich glaube, McNeil wird sehr hungrig sein.“
Ross kehrte auf dem gleichen Weg zurück, sah aber keine Rauchwolke mehr und wurde instinktiv mißtrauisch. Sein sechster Sinn meldete sich zu Wort. War McNeil etwas zugestoßen? Sollte er laut seinen Namen rufen oder einfach einen Blick in die Hütte werfen?
Ross fand keine Erklärung dafür, daß er sich plötzlich zur Seitewarf – und keine Sekunde zu früh. Die für seinen Hals bestimmte Lederschlinge streifte nur die Schulter und fiel zu Boden. Er trat mit dem rechten Fuß darauf, bückte sich und zog die Leine mit einem jähen Ruck an. Damit hatte der Schlingenwerfer nicht gerechnet. Noch immer die Leine in der Hand, stolperte er aus dem Gebüsch.
Ross kannte das runde Gesicht. Es gehörte Lal, der in Nodren einen Stein auf Ashe geworfen hatte. „Was jagst du hier, Lal?“
„Händler!“ war die störrische Antwort. Lal bückte sich, um einen Stein, offenbar sein Lieblingsgeschoß, aufzuheben.
Doch Ross war auf der Hut und streifte ihm die eigene Schlinge über den Kopf und Schultern. „Hier ist ein Mann zu wenig, Lal“, sagte er. „Wo ist dieser Mann?“
„Hier!“ übernahm McNeil die Antwort. Er lag unter einem Gebüsch, Hände und Füße gefesselt.
Lal zitterte am ganzen Körper. Er tat Ross beinahe leid.
„Was soll das alles?“ fragte Ross McNeil, nachdem er ihn von seinen Fesseln befreit hatte.
McNeil massierte seine Hand- und Fußgelenke. „Das möchte ich auch gern wissen. Unser Freund sucht wohl einen gehorsamen Diener für Lurgha, besser gesagt: ein Opfer.“
Ross nahm seinen Bogen auf. „Macht der Stamm Jagd auf uns?“
„Der Große Lurgha hat befohlen, daß jeder geflüchtete Händler ihm persönlich vorgestellt werden soll, damit das Korn auf den Feldern keinen Hagelschlag erleidet.“
Ross Murdock kannte die Sitten und Gebräuche der Menschen dieses Zeitalters. Sie waren bereit, dem Großen Lurgha jedes Opfer zu bringen. Herumwandernde Fremde oder Angehörige eines feindlichen Stammes liebte er besonders. Waren solche Opfer nicht verfügbar, mußte er sich mit Tieropfern begnügen, was ihn, begreiflicherweise, sehr zornig machte.
„Wir müssen uns beeilen“, sagte Ross. Er zog den gefesselten Lal an der Leine hinter sich her. Lal würde Ashe Frage und Antwort stehen müssen und ihm verraten, auf welche Weise der Große Lurgha den zweiten Befehl übermittelt hatte.
7.
Ross Murdock hatte es eilig, doch er mußte seine Schritte denen von McNeil anpassen, der am Ende seiner Kraft war. Zuerst hatte er sich alle Mühe gegeben, aber nun blieb er immer weiter zurück. Ross Murdock versetzte Lal einen Schubs, zog den Knoten der Leine straffer an und befahl ihm, stehenzubleiben. Er kehrt zu McNeil zurück, um ihn zu stützen.
Erst am späten Nachmittag trafen sie wieder in der Höhle ein. Ashe hatte seinen Krückstock bereits mit kunstvollen Schnitzereien verziert.
„Mcna!“ begrüßte er McNeil. So lautete dessen Name in der Ursprache. Und zu Lal: „Wir sehen uns auch wieder?“
„Er hat Pech gehabt“, kommentierte Ross. „Lal jagte nach Opfern für den Großen Lurgha und fing sich in der eigenen Schlinge.“ Er versetzte ihm einen Stoß, daß er gegen die Wand der Höhle taumelte und mit einem kläglichen „Aaah …“ zusammenrutschte.
Ashe humpelte auf ihn zu, hob sein Kinn an. Lal hatte krampfhaft die Augen geschlossen und winselte weiter.
„Sei endlich still!“ Ashe schüttelte ihn. „Oder hast du noch nicht den Biß meines scharfen Messers gefühlt? Hat jemals ein Pfeil dein Fell durchbohrt? Du lebst, aber genauso gut könntest du tot sein. Beweise uns, daß du deinem Leben dankbar bist und erzähle alles, was du weißt!“
Lal war ein Feigling. Jetzt sah er schwarz für seine Zukunft, und Ashe verstand es, ihm diese Zukunft noch schwärzer auszumalen.
Und so dauerte es nicht lange, bis Lal mit seiner Geschichte herausrückte:
Lal war arm, so arm, daß er nicht einmal in seinen kühnsten Träumen daran zu denken wagte, jemals ein kleines Schnitzmesser aus Bronze zu erwerben. Bronze war das kostbare Metall der reichen Leute von Nodren. Ihn, Lal, habe keiner der Händler auch nur eines Blickes gewürdigt. Lal war zwar, wie Cassca, ein
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