TS 80: Spähtrupp der Vergangenheit
mit Kleidung und persönlichen Habseligkeiten der Besatzung. Travis wühlte nicht gern in den Besitztümern Toter herum, aber vielleicht boten sie irgendeinen wichtigen Anhalt, der für die vier Menschen von der Erde den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten konnte.
7.
Eine Gestalt schlich durch den schmalen Korridor. Die weichen Gummisohlen machten auf dem schmiegsamen Bodenbelag nicht das leiseste Geräusch. In dem zeitlosen Innern des Raumschiffes, wo es keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht gab, hatte Travis lange warten müssen, bis sich ihm diese Chance geboten hatte. Seine braunen Hände, auf denen die Sehnen und Adern zu deutlich hervortraten, spielten mit der Gürtelschnalle. Der nagende Schmerz wich nicht mehr von ihm.
Sie hatten ihre Wasserrationen immer weiter gestreckt, und ebenso ging es mit den Konzentrattabletten. Aber morgen – oder in der nächsten Wachperiode, die sie willkürlich ,Tag’ nannten – würden sie nur mehr vier von diesen Tabletten haben. Und Travis war sich dieser Tatsache bewußt, und auch einer anderen Tatsache, die Ross ,heute’ erwähnt hatte, als sie sich über die Notwendigkeit unterhalten hatten, mit den fremden Lebensmitteln zu experimentieren.
„Case Renfry“, hatte der junge Zeitagent festgestellt, „wird das Experiment nicht machen. Wenn wir jemals dahinterkommen sollten, wie diese Kiste hier funktioniert und wie wir damit wieder nach Hause kommen, dann wird er der Entdecker sein. Und Chef …“, er hatte sich zu Ashe umgewandt, „… Sie sind am klügsten von uns allen, also werden Sie ihm helfen. Vielleicht finden Sie in dem Kram, den wir aufgestöbert haben, irgendwo eine Anleitung für Steuermänner, die uns weiterhilft.“
Sie hatten in dem Material, das sie in den Kabinen gefunden hatten, hemmgesucht, bis jetzt aber nichts Brauchbares ausfindig gemacht.
„Damit ist das Lebensmittelproblem die Angelegenheit eines Freiwilligen“, war Ross fortgefahren – „nämlich die meine.“
Travis hatte nichts dazu gesagt, aber auch er hatte Pläne gemacht. Er hatte bereits Ross’ Überlegungen zum logischen Schluß durchdacht, aber dieser Schluß unterschied sich von dem, den Murdock gezogen hatte. Von den vier Männern an Bord war er, nicht Murdock, derjenige, der am leichtesten entbehrt werden konnte.
In der letzten Schlafperiode hatte er sich den ersten Behälter von dem Regal vorgenommen. Er hatte zwei große Löffel voll einer süßen Substanz geschluckt, die die Dicke von Fleischbrei hatte. Der Geschmack war zwar alles andere als angenehm gewesen, aber Travis hatte keinerlei schädliche Folgen verspürt. Diesmal wählte er eine kleine runde Dose, deren Deckel er lockerte, während er in den Korridor hinauslauschte.
Er hatte Ross in ihrer kleinen Kabine allein zurückgelassen und hatte auch zu Ashe und Renfry hineingeschaut, ehe er auf seinen nächtlichen Spähtrupp gegangen war.
Die Dose enthielt eine braune Flüssigkeit, deren Oberfläche das Licht der Wände schwach reflektierte. Travis löffelte mit dem Deckel der Dose eine Portion von dem Zeug. Im Gegensatz zu seinem letzten Mahl hatte die Flüssigkeit hier fast keinen Geschmack. Travis schluckte und nahm einen zweiten ,Löffel’ voll. Dann griff er nach einem dritten Behälter, einer rechteckigen Dose. Er würde warten. Wenn der Genuß des Gelees keine unangenehmen Folgen zeitigte, dann kam das nächste an die Reihe. Wenn er beweisen konnte, daß vier oder fünf von diesen verschiedenen Behältern Lebensmittel enthielten, die sich auch für die Verdauung eines Erdmenschen eigneten, dann reichte das für den Rest der Reise.
Travis überlegte, wie das wohl alles enden würde. Seine Gedanken drängten aus den Schiffswänden hinaus. Er wollte im Freien stehen, unter dem Licht einer Sonne, wollte Wind an seinen Wangen verspüren, ja, sogar den Wind der Wüste mit seinem Sand. Sein Sehnen verursachte einen beinahe körperlichen Schmerz – Schmerz!
Seine Hände fuhren an den Leib. Er verspürte furchtbare Magenschmerzen. Travis krümmte sich zusammen, das Bild der Kabine verschwamm vor seinen Augen. Dann war der Krampf vorbei, und der Apache richtete sich auf, bis der Anfall ihn ein zweites Mal erfaßte. Sein zweiter Versuch mit den fremden Lebensmitteln war negativ ausgefallen.
Irgendwie brachte er es fertig, sich erneut aufzurichten, sich bis zum Tisch zu schleppen, ehe die dritte Kolik ihn überfiel. Der Schmerz verebbte wieder, aber seine Hände und sein Gesicht waren feucht
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