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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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aufgehört und sammelten sich drohend um Saikmar und den neuen Gast. Vorn standen zwei Männer, die mit Frauen und Kindern im Heiligtum lebten.
    „Dies Weib!“ sagte einer und packte Maddalena hart an der Schulter. „Wo kommt sie jetzt her? Kommt sie überhaupt von einer Stadt, die Karawanen hergeschickt und damit ein Recht auf Hilfe erworben hat?“
    „Sehr richtig … richtig …“, murmelte der ganze Chor.
    „So ist es“, nickte Nyloo. „Wenn diese Frau leibhaftig ist und kein Succubus – was besser wäre, denn Geister essen nichts – dann kann sie ja wohl selber den Mund aufmachen und sprechen.“
    „Ich bin aus Dayomar, einer Stadt im Süden“, sagte das Mädchen laut und blickte Nyloo ins Gesicht.
    „Dayomar?“ meinte einer der Männer enttäuscht. „Was sagst du, Priesterin?“
    „Ja, wir haben aus Dayomar Sendungen bekommen“, antwortete die Priesterin langsam. „Sie haben Asylrecht bei uns. Aber bisher hat es noch nie jemand von soweit südlich in Anspruch genommen.“
    Saikmar nützte das Zögern aus und sagte: „Dann gib uns den Weg frei, alte Frau.“
    „Nicht so hastig“, grollte der Mann. „Sie sagt, sie sei aus Dayomar. Ich bin selber dort gewesen, bevor mich meine ungerechten Ankläger zur Flucht zwangen. Und da unten im Süden habe ich nie solche Kleider gesehen, wie sie trägt.“
    Die Angst vor dem Hunger trieb die Flüchtlinge zu einer feindseligen Haltung. Sie begannen zu schreien:
    „Jagt sie weg! Jagt sie alle beide weg! Der kommt sich viel zu vornehm vor, um wie wir zu arbeiten!“
    Nyloo hob die Hand und gebot Schweigen. „Von Dayomar?“ fragte sie. „Aber – wie bist du hierhergekommen?“
    „Das – weiß ich selber nicht“, sagte das Mädchen nach einer Pause.
    Saikmar rief: „Ich habe sie in dem Nest des Parradils gefunden, das unten am Berg in einer Höhle haust. Das Parradil hat sie in sein Nest geholt und vor dem Sturm beschützt!“
    „Das ist ein Märchen“, grollte der Mann. „Ich sage: jagt sie weg!“
    Aber Nyloos Haltung hatte sich plötzlich gänzlich geändert. Ohne den Blick von dem Mädchen zu wenden, zeigte sie mit dem knochigen Finger auf Saikmar:
    „Willst du das auf deinen Eid nehmen? Einen Eid leisten auf alle Götter Carrigs und deines Stammes und auf das Parradil?“
    „Sofort“, sagte Saikmar.
    Nyloo trat langsam vor und betastete mit suchenden Fingern die Kleidung des Mädchens. Dann trat sie zurück. Die Flüchtlinge warteten verwundert.
    „Das ist ein Zeichen“, sagte die Alte, „ein Omen. Bis wir einen endgültigen Beschluß gefaßt haben, müssen wir dich aufnehmen. Wenn wir herausfinden, daß du gelogen hast und daß Saikmar einen Meineid geleistet hat, werden wir die Schneemauer aufbrechen und euch beide in den Wintertod hinausjagen.“
    Sie trat zur Seite und nickte mit ihrem fast kahlen Schädel:
    „Tretet ein!“
     
    *
     
    Maddalena wußte genau, wo sie sich befand. Als sie die chromblitzende Kuppel zuerst erkannt und nach Gus Langenschmidt gerufen hatte, war sie von der Wahrheit gar nicht weit entfernt. Das Heiligtum war sehr wohl der Überrest eines Raumschiffes, wenn auch nicht des Fahrzeugs von Langenschmidt. Dieser sogenannte Zufluchtsort war nichts anderes als das Raumschiff, das einst achthundert Flüchtlinge von Zarathustra hergebracht hatte und später zum Mittelpunkt eines Kultes geworden war.
    Schon beim Eintreten konnte sie feststellen, daß das Schiff bei der Landung stark beschädigt worden war. Der Eingang war augenscheinlich früher die Luke für ein Rettungsboot gewesen, und die Tür hatte sich durch den Aufprall oder durch das Gewicht im Laufe der Jahrhunderte so verzogen, daß sie sich nicht mehr schließen ließ. Deshalb wurde die Schneemauer davor als Windschutz errichtet.
    Im Innern war die dauerhafte Plastikschicht, die das Metall vor Korrosion schützen sollte, auf den Böden von unzähligen Füßen abgelaufen, und hier und da zeigten sich Rostflecke. In den ersten Gängen glitzerte dicker Reif an den Wänden bis zu einer Innentür, die noch richtig schloß. Dahinter war es mollig warm, aber die stickige Luft wies eindeutig auf das enge Beisammenhausen der Menschen und sehr schlechte sanitäre Verhältnisse hin. Maddalena schauderte.
    Aber Saikmar drängte weiter. An einem Querweg trafen sie auf ein halbes Dutzend Kinder zwischen fünf und zehn Jahren, die mit Klötzen aus einer gummiartigen Masse spielten. Saikmar ging weiter nach links.
    Hier unten hatte der Aufprall die Außenplatten

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