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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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zurück. Er befestigte wieder den improvisierten Riegel. Als er sich umdrehte, war sie dabei, ihren seltsamen Overall auszuziehen. Sprachlos starrte er sie an, denn plötzlich wirkte sie schlank und schön gewachsen wie eine Tänzerin, und unter dem Anzug trug sie kostbare Kleider.
    Er kam aber nicht dazu, darüber zu sprechen, denn im gleichen Moment hallten Gongschläge durch den Bau, und viele aufgeregte Füße trappelten.
    „Was war das?“
    „Das Signal zur Essenausgabe. Haben Sie Hunger?“
    Sie nickte.
    „Dann kommen Sie.“
     
    *
     
    Maddalena-Melisma übersah die sauren Mienen der Leute, die im Korridor vor einer Tür Schlange standen, aus der Essensduft hereinzog. Jetzt aber wurde sie in ihrem hübschen Kleid, mit ihrem strahlenden, gesunden Aussehen hauptsächlich von den Frauen angestarrt. Auch unter ihnen waren die meisten noch jung an Jahren, aber durch Sorgen und Hunger früh gealtert. Zwei oder drei junge Männer grinsten anzüglich, blickten jedoch schnell in eine andere Richtung, als Saikmar auftauchte.
    „Wer sind nun eigentlich all diese Leute?“ fragte Maddalena leise.
    Er antwortete, ebenfalls so gedämpft, daß sie auf seine Lippen sehen mußte:
    „Das Asylrecht besteht seit undenkbaren Zeiten. Diese Leute haben es genau wie ich angerufen, um einer ungerechten Anklage zu entgehen, oder einer Bestrafung wegen Schulden, oder weil sie aus ihren Städten verbannt wurden und nirgends sonst unterkommen können. Mit uns und ohne Graddo sind es jetzt neunundsechzig. Es sind Menschen ohne Hoffnung und ohne Zukunft. Sie können nicht einmal hoffen, durch ihre Nachkommen weiterzuleben, denn die Kinder werden von den Priestern übernommen und den Eltern allmählich entwöhnt, um später in die Mysterien des Kultes eingeweiht zu werden. Denn die Priesterinnen sind Jungfrauen, und die Priester sind nicht imstande, Vater zu werden.“
    Melisma konnte ihre Überraschung kaum verbergen. Die Schlange geriet in Bewegung. Saikmar zeigte nach vorn: „Dort in dem Raum – Sie werden sehen.“
    Und sie sah. Der Raum war voll Dampf, doch sie erkannte sofort, daß er die ursprüngliche Kantine des Schiffes war. Hinter einem Ausgabetisch aus Metall standen ein paar fette Männer und füllten eine Art Stew in die Näpfe, die ihnen hingehalten wurden. Dazu erhielt jeder ein Stück hartes, grobes Brot und einen Streifen Trockenfisch, auf dem die Salzkörner glitzerten. Mit hohen, meckernden Stimmen fuhren die Köche mitunter auf Kinder los, die aus der Reihe tanzten.
    Das also, diese Köche, waren die Priester, und sie konnten nicht Väter sein. Als die Zarathustra-Flüchtlinge gekommen waren, hatte natürlich das Verbot der Elternschaft für Raumschiffs-Besatzungen bestanden, weil man damals noch keinen einwandfreien Strahlenschutz entwickelt hatte. Dadurch hatte sich wahrscheinlich hier in dem Raumschiffs-Heiligtum eine Tradition entwickelt, deren ursprünglicher Grund längst vergessen war. Genau so hatte sich ja das Fluchtschiff selbst zum Zufluchts-Heiligtum entwickelt.
    Maddalena fiel aber auf, daß sie nicht die ganze Kantine vor sich sah. Die Leute gingen nicht zu Tischen und Bänken, um zu essen, sondern kehrten in ihre Schlafräume zurück und nahmen ihr Essen mit. Als sie genau hinsah, stellte sie auch fest, daß der Ausgabetisch nicht mehr an der ursprünglichen Stelle stand, sondern abgeschraubt und mehrere Meter zur Tür hin verschoben war. Durch den Dampf erkannte sie Beulen und Risse in Rückwand und Decke, Röhren führten durch die Risse.
    Als Saikmar und sie an der Reihe waren, einen Blechnapf mit Stew, Brot und Fisch zu empfangen, fragte sie:
    „Was befindet sich da hinter der Wand, hinter den Priestern?“
    Saikmar schüttelte den Kopf:
    „Das gehört zum magischen Bezirk, nur die Priester dürfen hinein. Ich weiß nichts darüber. Nur, daß es dort immer warm ist, auch im Winter, und daß es dort immer etwas zu essen gibt.“
    Da hinten im Dunkel mußte also noch eine Energiequelle existieren! Sicher war es nicht der Hauptgenerator des Schiffes, der nach den Anzeichen, die sie bereits beobachtet hatte, bei der Bruchlandung ausgefallen sein mußte. Aber vermutlich hatten damals die Überlebenden aus dem vorhandenen Material Behelfs-Reaktoren eingerichtet, um den ersten Winter zu überstehen. Und davon mußte noch etwas intakt sein!
    Wenn es irgend eine Möglichkeit dazu gab, so mußte sie in dieser Richtung weiterforschen.
    Sie begleitete Saikmar zurück in seine Kabine und aß. Das Stew

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