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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Aber Nyloo war so überwältigt von der Tatsache, das Verpflegungsproblem gelöst zu sehen, daß sie kaum hinhörte. Für sie war das Vorzeichen der Götter, das sie in Maddalenas Ankunft gesehen hatte, nunmehr erfüllt, alles andere war gleich.
    Für die Flüchtlinge kam das Brot wie ein Geschenk des Himmels. Manche Kinder hatten es noch nie erlebt, soviel essen zu dürfen, wie sie wollten. Die ganze Stimmung verlor die gereizte Spannung, man sah die Leute zuweilen sogar lächeln.
    Sogar die Priesterschaft behandelte Maddalena plötzlich mit größtem Respekt. Sie erhielt eine eigene Kabine, und die Priester brachten ihr Kleider und Möbel aus ihren eigenen Räumen als Geschenk. Bei den Flüchtlingen war die frühere Feindseligkeit natürlich sofort verschwunden.
    Saikmar jedoch war die einzige Person, die auf Maddalenas Erfolg ganz anders reagierte. Tagelang ging er ihr völlig aus dem Weg und kam zu spät zum Essen, um ihr nicht zu begegnen. Maddalena konnte sich das nicht erklären und war bedrückt, denn irgendwie war er doch ihr einziger Freund im Heiligtum.
    Schließlich ging sie zu seiner Kabine. Er runzelte die Stirn, als er sie sah. Würdevoll sagte er:
    „Was kann ich für Sie tun, Melisma?“
    Sie spürte die Kälte seiner Höflichkeit. Sie sagte so beherrscht wie möglich:
    „Kann ich Sie für einen Augenblick sprechen?“
    Er trat zur Seite und lud sie mit einer Handbewegung ein, aber er ließ deutlich durchblicken, daß er diese Unterredung nicht suchte. Sie sah sich um und bemerkte, daß viele Dinge im Raum seit ihrem Auszug unberührt dalagen. Wahrscheinlich saß er stundenlang da und starrte nur vor sich hin.
    Sie setzte sich auf ihre alte Koje und sah ihn an.
    „Saikmar“, sagte sie, „habe ich Sie gekränkt? Habe ich etwas getan, was Ihnen nicht gefällt? Sie gehen mir aus dem Wege, und ich möchte wissen, warum.“
    Er blieb stehen. Er blickte ihr nicht ins Gesicht, als er sagte:
    „Nichts dergleichen. Sie haben mich in keiner Weise gekränkt. Im Gegenteil, ich muß Ihnen dankbar sein. Denn seit Ihrem Wunder mit der Brotmaschine wirft mir keiner mehr vor, einen neuen Esser hergebracht zu haben. Jetzt achtet man mich deshalb, und ich kann etwas ruhiger leben.“
    „Aber ein in Einsamkeit abgeschlossenes Leben ist nicht gut“, sagte Maddalena. „Ich wäre lieber in die Schneenacht gelaufen, als wie Sie Tage und Wochen dazusitzen und einen Haß zu züchten, den ich nicht verstehe. Die Leute reden von einem Wunder, das mich hergebracht hat. Ich verstehe nichts von Wundern. Aber ich weiß, daß ich hier in Ihnen den einzigen Freund besitze. Habe ich den nun auch noch verloren?“
    „Ich bin ja nicht der einzige Mensch im Heiligtum“, sagte Saikmar.
    „Die anderen Flüchtlinge werden nie begreifen, daß ich ein Mensch bin wie sie alle. Sie betrachten mich als ein Idol, und wenn ich mit ihnen sprechen will, haben sie Angst vor mir. Sie sind der einzige, der nicht so beschränkt ist.“
    „Ich bin nicht für die Freundschaft auf dieser Welt“, sagte Saikmar finster. „Ich habe eine Pflicht gegenüber meinem Stamm und meinem Volk.“
    Maddalena war wie vom Blitz getroffen. Sie deckte die Hände auf die Augen. Wahrhaftig, sie hatte ja den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen! Natürlich! Das Parradil war das heilige Tier in Carrig. Alles, was mit einem Parradil zusammenhing, konnte sich für Saikmar nur auf Carrig beziehen. So hatte er ihr Erscheinen sofort als ein Vorzeichen für sich selbst verstanden. Als sich herausstellte, daß sie die Brotmaschine in Gang setzen konnte, hatte er einen tiefen Schock erlebt. Plötzlich war er nicht mehr der Mittelpunkt dieser wunderbaren Angelegenheit, sondern nur noch ein zufälliger Helfer. Kein Wunder, daß er nun verbittert war, wie von einem Thron gestoßen.
    Jetzt konnte sie es noch am besten so hinstellen, daß die Brotmaschine doch um seinetwillen in Gang gekommen war. Denn ohne Verpflegung hätten sich die Flüchtlinge eines Tages doch auf ihn gestürzt – und welche Hoffnung würde es dann noch für Carrig geben? – Aber sie war selbst unsicher, ob diese Begründung ihn überzeugen würde, und so legte sie nicht zuviel Nachdruck darauf.
    Als sie ihn verließ, war sie ziemlich niedergeschlagen und wanderte ziellos in den Gängen des Schiffes herum.
    So kam sie an den Eingang, wo die halbkugelförmige Schneemauer sie vor der arktischen Nacht schützte. Hier standen meist ein oder zwei der größeren Kinder herum, als eine Art Wache.
    Hier fand

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