TS 82: Geheimagentin der Erde
blickte in die großen Töpfe, in denen die dünnen Suppen und Stews, ihre Hauptnahrung, gekocht wurden. Wie erwartet wurden sie durch Dampfrohre beheizt. Die meisten Röhren waren verbogen, leck, notdürftig geflickt. Alle Rohre führten durch Löcher in der Rückwand.
Die Anlage mußte nach der Bruchlandung errichtet worden sein. Man hatte das Metall mit Plastikmasse besprüht, von der hier und da noch etwas zu sehen war.
Das größte Loch genügte für sie zum Durchkriechen. Zunächst leuchtete sie hindurch. Sie blickte in einen großen Raum voller Maschinen. Sofort beschloß sie, tatsächlich einzusteigen.
Die Dampfrohre waren jetzt glücklicherweise kalt, und auch im Maschinenraum fand sie keine Wache. Als sie sich die Sache näher ansah, bekam sie einen Schreck. Die ganze Geschichte sah unglaublich verrottet und abbruchsreif aus. Nun, sagte sie sich, das Ding hatte siebenhundert Jahre gehalten und würde wohl nicht ausgerechnet jetzt in die Luft fliegen. Und wenn doch, so konnte sie auch nichts daran ändern. Vorsichtig ging sie weiter und untersuchte alle Gegenstände mit ihrer Lampe.
Die ersten Bewohner, die nach der Landung noch lebten, hatten hier alles Brauchbare zusammengeschleppt, um ihr Leben erträglich zu machen. In der Mitte stand ein Fusionsreaktor – ein älteres Modell als das älteste Museumsstück der ganzen Galaxis. Ein großes Rohr nach draußen diente vermutlich zur Aufnahme von Schnee, der geschmolzen und gefiltert das notwendige Wasser für den Betrieb des Reaktors lieferte. Ein kleiner Teil des Wassers diente dem atomaren Prozeß, der Rest wurde verdampft und speiste die Heizung. Außerdem wurde mit Dampf auch ein kleiner Turbo-Generator betrieben, der die Lichtversorgung gewährleistete.
Was war hier nun noch zu entdecken? Plötzlich stand sie wie angewurzelt da. Denn die in Betrieb befindlichen Apparate waren nicht die einzigen im Raum! Andere standen an der Wand, dick mit Staub bedeckt, seit Jahrhunderten nicht benutzt. Einen der Apparate erkannte sie sofort.
Sie faßte sich schnell, doch sie zitterte vor Aufregung, als sie den Staub abwischte und die Kontrolldeckel öffnete. Denn das Ding sah unbeschädigt aus. Nun kam es darauf an, ob sie es in Gang zu bringen verstand.
Sie fand hinter einer anderen Maschine ein Stück Kabel, das ihr als Werkzeug diente. Der Apparat war eine Synthese-Anlage, wie sie vor etwa tausend Jahren auf Zarathustra gebaut worden war. Die Behälter für Spurenelemente waren noch dreiviertel voll. Die Bestände an Calcium. Phosphor und Eisen waren niedriger, aber auf die kam es jetzt auch nicht in erster Linie an.
Die Maschine begann zu arbeiten.
Mit einem leisen Zischen sog sie Luft an und holte aus der Kohlensäure, dem Stickstoff und dem Sauerstoff die lebenswichtigsten Elemente heraus. Maddalena verstand nicht genau die chemischen Prozesse, mit denen die Maschine daraus nun lebenswichtige Substanzen aufbaute. Sie hatte nur im Korps gelernt, wie man einen solchenApparat bediente und notfalls reparierte, denn oftmals war die Synthese-Maschine die einzige Lebensrettung für einen gestrandeten Raumfahrer.
Der alte Kasten rasselte, aber das war ihr jetzt gleich. Sie hörte, daß eine Tür aufgerissen wurde, aber sie war so gespannt, daß sie zuerst den Ausgabedeckel der Maschine öffnete, bevor sie sich umblickte.
Es war die alte Nyloo. Ihr Gesicht war weiß vor Wut, sie hielt eine qualmende Fackel hoch. Offenbar verstanden die Leute es nicht mehr, die Einstellung der Lichtanlage zu verändern, und so lief die Beleuchtung nach dem Rhythmus weiter, in dem sie zuletzt eingestellt gewesen war.
Doch die zornigen Worte kamen nicht aus dem Munde der Priesterin, als sie näherkam und sah, was Maddalena in der Hand hielt. Es war ein bräunlicher Kuchen, von ähnlicher Zusammensetzung wie das Brot, und wenn die Maschine richtig gearbeitet hatte, mußte der Kuchen Eiweiß, Stärke, Zucker und verschiedene Vitamine enthalten.
Lange starrte die alte Priesterin fassungslos auf den Kuchen in Maddalenas Hand. Dann ließ sie ihren gebeugten Körper auf die Knie herab und berührte den Boden mit der Stirn.
12.
Jetzt mußte Maddalena sich nur noch eine Geschichte einfallen lassen, wie es gelungen war, eine seit Jahrhunderten stilliegende Maschine in Gang zu setzen.
Sie hielt ihre Lüge für einigermaßen überzeugend. Sie behauptete, im Haus ihrer Großmutter ein paar alte Papiere gefunden zu haben, die ihr die alte Frau noch vorlesen und erklären konnte.
Weitere Kostenlose Bücher