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TTB 104: 200 Millionen Jahre später

TTB 104: 200 Millionen Jahre später

Titel: TTB 104: 200 Millionen Jahre später Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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unterdrückte er den jähen Impuls, zur nächsten Tür zu eilen und den Korridor hinunter zu entfliehen. Er erkannte das Gefühl. Es war dasselbe Gefühl, das in jener Hütte im Dschungel über ihn gekommen war. Zu viele Dinge kamen in zu rascher Folge über ihn. Er mußte eine Pause einlegen und mit seinen Gedanken und dieser Situation ins reine kommen. Doch nicht jetzt. Später.
    Der Entschluß entspannte ihn. Doch noch immer stand er unschlüssig. Die Reise des Geistes und das Liebesgeplänkel, das darauf folgen sollte ... Holroyd schien es zumindest bedenklich. Das letztere war natürlich unwichtig. Er hatte das Alter von dreiunddreißig erreicht, bevor er nach Gonwonlane gekommen war, und wenn ein Überwesen jemals eine Liste der Namen von jungen Männern über Dreißig anlegen würde, die Unschuldslämmer waren, dann würde der Name Holroyd durch betonte Abwesenheit glänzen. Nein, das Liebesgeplänkel spielte keine Rolle, jetzt, wo kein Zweifel bestehen konnte, daß Frau und Körper ein und dasselbe waren. Der bedenkliche Teil war die Reise des Geistes. Was konnte dies sein?
    Ineznia hatte davon gesprochen, die Rebellen in die vulkanischen Sümpfe und Gebirge von Nushirvan zu treiben und zu vernichten. Und dann hatte sie hinzugefügt ... Was? Er konnte sich nicht genau erinnern. Doch es spielte wohl keine Rolle. Er mußte eben nehmen, was kam. Jetzt, da so viele andere Dinge zu seinen Gunsten verliefen, hatte er keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Befriedigt legte er den Ring in ein transparentes Wandschränkchen neben einem großen Tisch und ging langsam in den Saal mit den hohen Fenstern zurück.

 
12.
     
    Die Göttin hielt ihm den Rücken zugekehrt, als Holroyd auf dem mit dicken Teppichen belegten Boden auf sie zuging. Er war in der Lage, sie mit einer Objektivität zu betrachten, zu der er nicht fähig gewesen war, als er sie Antlitz zu Antlitz gesehen hatte. Sie war eine kleine Frau, nicht mehr als einen Meter fünfzig groß. Ihr Haar hing wie das eines Schulmädchens in langen, schimmernden Locken über ihre Schultern. So reglos auf ihrem Stuhl sitzend, sah sie wie ein Kind aus. Der Eindruck endete in jäher Ernüchterung, als Holroyd sah, was sie in der Hand hielt: das große Buch mit den ungezählten Namen jener, deren Hinrichtung sie vor erst kurzer Zeit angeordnet hatte.
    Holroyd lächelte ein gequältes Lächeln, ging um sie herum und ließ sich in seinem Sessel nieder. Die Göttin blickte mit nachdenklichen Augen auf.
    »Ich stelle fest, daß du hier noch nicht unterzeichnet hast, Ineznio.« Bevor Holroyd den Mund auftun konnte, fuhr die Göttin in vorwurfsvollem Ton fort: »Du hast niemals voll erkannt, wie wichtig es ist, gegen diese Leute vorzugehen. Unsere gesamte jüngere Generation ist im höchsten Grad unreligiös und selbstsicherer, individualistischer und eingebildeter, als es erträglich wäre. Eine Niederlage, an der scheinbar ihre Hauptanführer schuld sind – dafür wird unsere Propaganda sorgen – und bei der die meisten dieser Anführer getötet werden – wofür unsere militärischen Taktiken sorgen werden –, wird ihnen den Wind aus den Segeln nehmen und ihnen eine Schlappe bereiten, die ihnen kein psychologisches Schlupfloch mehr läßt. Indem wir diese Situation dann sorgfältig zu unseren Gunsten ausschlachten, werden wir ihnen einreden, daß ihre Abneigung dem Gebet gegenüber an allem schuld war. Auf diese Weise werden Millionen der Wankelmütigen zu ihren Gebetsstäben zurückkehren. Von da an brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen. Ich habe entdeckt, daß derartige Rebellenaufstände niemals länger dauern als ein paar Generationen. Die Einzelheiten überlasse ich dir.«
    Holroyd saß schweigend und reglos; dann hob er seine Tasse. Der Nir war noch warm und schmeckte vorzüglich. Doch schon eine Minute später hätte er nicht mehr beschreiben können, wie der Schluck schmeckte. Vor seinen geistigen Augen sah er das Bild, das sie so flink entworfen hatte ... Männer, Frauen, Kinder mit durch Krieg und Katastrophen zerhämmerten und zermarterten Seelen, lustlos durchs Leben gehend und aufs Grab wartend, ohne Hoffnung, ohne einen einzigen Ausweg, während die goldene, unsterbliche Göttin dank ihrer Gebete weiterlebte und die Tempel und ihre Prinzen und Kaiser fortfuhren, ihre Peitschen über einem Volk zu schwingen, das derart hoffnungslos versklavt war, daß die Hölle selbst angenehmer schien.
    Mit fast physischer Anstrengung, wie ein Pferd, das

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