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TTB 106: Der dritte Planet

TTB 106: Der dritte Planet

Titel: TTB 106: Der dritte Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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etwas schreiben!
    Die Phrase machte ihn krank. Sie hatte keinerlei Bedeutung mehr. Wie ein Wort, das so oft wiederholt wird, bis es abgedroschenes Geschwätz geworden ist, keinen Sinn mehr hat, sich so albern anhört wie eine Werbefilm-Phrase. Der Held sagt in dramatischem Tonfall: »Nun, beim Himmel, kann ich vielleicht etwas schreiben!« Sinnlos.
    Und doch überlegte er einen Augenblick lang, ob es wahr wäre. War er imstande, sie zu vergessen, wenn sie jetzt wegging, und wirklich etwas zu schaffen? Seine Stellung aufgeben? Irgendwohin gehen, sich in ein billiges möbliertes Zimmer verkriechen und schreiben?
    Du hast nur noch 123.89 Dollar auf der Bank, erinnerte sein Verstand ihn. Er machte sich selbst vor, daß nur diese Tatsache ihn davon abhielt. Aber weit hinten in seinem Bewußtsein überlegte er, ob er überhaupt irgendwo schreiben könnte.
    Oft stieg diese Frage in ihm auf, wenn er am wenigsten damit gerechnet hätte. Du hast jeden Vormittag vier Stunden für dich – diese Feststellung stand oft wie ein Gespenst vor ihm. Du hast Zeit, viele tausend Worte zu schreiben. Weshalb tust du es nicht?
    Und die Antwort ging jedesmal in einem wilden Durcheinander von Weils und Warums und endlosen Gründen unter, an die er sich klammerte wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm.
     
    *
     
    Die Badezimmertür öffnete sich, und sie kam in ihrem guten roten Kleid heraus.
    Anscheinend ohne jeden Grund fiel ihm jetzt plötzlich ein, daß sie seit mehr als drei Jahren dieselben Kleider trug und in der ganzen Zeit nicht ein neues bekommen hatte. Diese Erkenntnis ärgerte ihn noch mehr. Er schloß die Augen und hoffte, daß sie ihn nicht ansähe. Ich hasse sie, dachte er. Ich hasse sie, weil sie mein Leben zerstört hat.
    Er hörte das Rascheln ihres Rockes, als sie sich an den Toilettentisch setzte und ein Schubfach herauszog. Er hielt die Augen weiter geschlossen und lauschte auf das leichte Geräusch der Jalousien, die vom Winde bewegt wurden. Er konnte den Duft ihres Parfüms riechen, der jetzt kaum merkbar durch den Raum zog.
    Er versuchte sich vorzustellen, wie es sein würde, wenn das Haus den ganzen Tag leerstand. Wie er vom College nach Hause kommen und Sally nicht finden würde. Es kam ihm unmöglich vor, und das gerade reizte ihn auch. Sie hat mich ganz und gar in ihre Gewalt bekommen. Sie hat mich so bearbeitet, daß ich völlig abhängig von ihr bin, selbst in den unwichtigsten Dingen, und unter der Täuschung leide, ich könnte nie ohne sie fertig werden.
    Er drehte sich plötzlich auf dem Bett um und sah sie an.
    »So – du gehst also wirklich«, sagte er mit kalter Stimme.
    Sie wandte sich zu ihm um. Es lag keine Spur von Ärger in ihrem Gesicht. Sie sah nur erschöpft aus.
    »Ja«, sagte sie. »Ich gehe.«
    Eine Erlösung, wenn sie weg ist! Die Worte drängten sich ihm auf die Lippen, aber er unterdrückte sie.
    »Ich nehme an, du hast deine Gründe dazu«, sagte er.
    Ihre Schultern zogen sich einen Augenblick lang zusammen – eine Bewegung, die ihm vorkam, als ob sie belustigt wäre.
    »Ich habe nicht die Absicht, mit dir zu streiten«, sagte er. »Dein Leben gehört dir.«
    »Danke«, murmelte sie.
    Sie wartet darauf, daß ich mich entschuldige, dachte er. Daß er ihr erklärte, er haßte sie gar nicht – wie er gesagt hatte. Daß er nicht sie, sondern seine verdorbenen und zerbrochenen Hoffnungen geschlagen hätte.
    »Und wie lange soll diese Trennung auf Probe dauern?« fragte er mit mürrischer Stimme.
    »Ich weiß es nicht, Chris«, sagte sie ruhig. »Es hängt von dir ab.«
    »Von mir!« sagte er. »Immer hängt alles von mir ab, nicht wahr?«
    »Oh, bitte, Lieb ... Chris. Ich will mich nicht mehr zanken. Ich bin zu kaputt dazu.«
    »Es ist leichter, seine Sachen zu packen und davonzulaufen.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Ihre Augen wirkten sehr dunkel und unglücklich.
    »Davonlaufen?« sagte sie. »Nach achtzehn Jahren wirfst du mir das vor?! Achtzehn Jahre lang habe ich mit angesehen, wie du dich selbst kaputt machst. Und mich dazu! Sieh nicht so überrascht aus! Du mußt doch wissen, daß du mich auch halb zum Wahnsinn getrieben hast!«
    Sie wandte sich ab, und er sah ihre Schultern zucken. Sie wischte sich Tränen von den Augen.
    »Es ist nicht, weil du mich geschlagen hast«, sagte sie. »Du hast gestern abend, als ich sagte, ich wolle gehen, immerzu davon gesprochen.« Sie holte tief Luft. »Wenn es bedeutet, du wärest wütend auf mich? Wenn es das wäre, würde ich mich jeden Tag

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