TTB 118: Die schlafende Welt
plötzlich aller Waffen beraubt und in einer so lächerlichen Lage zu finden, trotz aller Sicherungen? Diese Übergriffe sind in einem anderen Sinne gefährlich, denn zweihundert ängstliche Männer schaden uns unendlich mehr als zweihundert tote Männer, Sie verstehen …?«
»Und in der Zwischenzeit breitet sich die Angst wie eine ansteckende Krankheit immer weiter aus.«
»Wir wissen also, daß irgend etwas fähig ist, uns die Kehlen durchzuschneiden und ungesehen zu entwischen, daß es ein Lager einschläfern, entwaffnen und auseinandernehmen kann, ohne sich im geringsten zu verraten. Wir wissen also gar nichts. Wir können nicht einmal sagen, ob die Föderation dabei die Hände im Spiel hat.«
»Sie sagen mir nichts Neues«, bemerkte Sarno zurückhaltend.
»Das weiß ich«, erwiderte Blalir geduldig. »Sie wissen ebensoviel wie ich – nämlich gar nichts. Ich habe meine Männer angetrieben, bis sie umfielen. Ich ließ unzählige Kamerafallen aufbauen und tausend Gebäude umstellen und durchsuchen. Doch was kam dabei heraus? Einer meiner Agenten war in Curiks Lager, als dieser kopflose Reiter durch den Elektrozaun geritten kam und die Soldaten im Lager herumjagte. Drei Männer rannten in ihrer Panik in den Energievorhang und verkohlten, sechs andere wurden erschossen, als man sich zu wehren begann. Ein anderer Agent war Zeuge des Striptease-Ereignisses und fand sich mit den anderen Männern nackt wieder.«
Gegen seinen Willen mußte Sarno lächeln. »Das«, sagte er, »dürfte dem Prestige des Geheimdienstes einen empfindlichen Stoß versetzt haben.«
»Vielleicht.« Blalir schien sich darüber im Augenblick keine Sorgen zu machen.
»Irgend etwas müßten Ihre Kameras doch eingefangen haben?«
»Oh natürlich – wunderbare Schnappschüsse von Geistermonden, leuchtenden blauen Würmern und kleinen weißen Lichtpunkten. Man sieht deutlich, wie wirkungslos die Erscheinungen beschossen werden. Und dann natürlich Aufnahmen von entsetzten Soldaten, die wie kleine Kinder wild auseinanderstieben.«
»Aber nichts wirklich Wichtiges?«
»Nein. Es ist wie verhext. Es ist, als ob jeder unserer Schritte genau verfolgt wird, als ob jemand daraus seine Rückschlüsse zieht und Gegenmaßnahmen einleitet. Kameras wurden zerschlagen, Filme herausgerissen, und in einigen Fällen waren die Apparate sogar verschwunden.«
»Sie scheinen selbst bald an Gespenster zu glauben«, bemerkte Sarno scharf.
»Warum nicht?« Blalir zuckte die Achseln. »Ich habe in meiner Dienstzeit beim Geheimdienst schon ungewöhnlichere Dinge erlebt.«
»Das ist eine bewunderungswürdige Haltung«, sagte Sarno, »die uns jedoch nicht weiterbringt. Sie waren doch selbst in New York, als plötzlich alle Lichter angingen. Was haben Sie feststellen können?«
Blalir zuckte die Achseln. »Ich habe festgestellt, daß die Lichter angingen und der Schnee schmolz. Oh, und natürlich unsere Truppen, die mit gezückten Waffen von Kraftwerk zu Kraftwerk stolperten und sämtliche Hauptschalter eingeschaltet fanden. Sonst nichts. Absolut nichts. Wir ließen natürlich die Umgebung der Kraftwerke genau durchsuchen, doch das Ergebnis können Sie sich vorstellen.«
»Und was ist mit dem Schiff in Frankreich, der Kalistra, wo das alles anfing?«
»Oh, Sie meinen diesen altertümlichen terranischen Soldaten?«
»Ja. Was haben die Radarschirme gezeigt?«
»Nichts. Sobald wir die Detektorstrahlen einschalteten, verschwanden die Erscheinungen. Wenn wir abschalteten, waren sie plötzlich wieder da. Wir versuchten sie durch unregelmäßiges Ein- und Ausschalten zu überraschen, doch ihre Reaktionen waren überraschend schnell.«
»Das deutet auf zweierlei hin«, sagte Sarno. »Erstens, sie fürchten sich vor Radarbeobachtung. Sie haben also etwas zu verbergen. Zweitens, diese Reflexe könnten robotischen Ursprungs sein.«
»Vielleicht sind sie auch nur allergisch gegen Radarstrahlen«, erwiderte Blalir. »Was die Roboter angeht, so haben wir Tausende von Maschinen überprüft und nur eine leichte Verwirrung über das Verschwinden der Menschen festgestellt. Ansonsten absolut unverdächtig. Wer hat außerdem jemals von verschwindenden Robotern gehört?«
»Und wer hat schon jemals davon gehört, daß Gespenster ein Raumschiff belagern?« schnaubte Sarno.
»Wortspiele«, sagte Blalir sanft, »bringen uns der Lösung unseres Problems auch nicht näher.«
»Ihr blindes Herumtappen scheinbar ebensowenig!« sagte Sarno kalt und stand auf. »Sie verschwenden meine
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