TTB 176 - Laumer, Keith - Diplomat der Grenzwelten
vielleicht dass Vergnügen, meinen Gegner perssönlich zu erdrosseln, bevor der ersste Schnee fällt.«
»Bis jetzt hat Fortuna uns zugelächelt«, gab Retief zu. »Militärisch gesehen sagt das nicht viel, aber das CDT könnte die Angelegenheit vielleicht in einem neuen Licht betrachten.«
»Übrigens, wo isst Sseine Exzellenz?« fragte Harrumph und sah sich um. »Er isst vor einer halben Sstunde verschwunden …«
Vom Eingang hörte man plötzlich fröhliches Geschrei.
»Mensch, seht euch den Boß an!« rief jemand.
Alle Köpfe wandten sich um, als Sean gemessenen Schrittes in die Halle trat – jeder Zoll ein römischer Herrscher, der zur Krönung schreitet. Sein einfaches ichakihemd und die abgeschabten Stiefel waren verschwunden. Um seine breiten Schultern spannte sich eine fabelhaft geschnittene Uniformjacke in Königsblau. Die Insignien waren mit Juwelen aufgestickt. Goldstreifen säumten die Nähte der engen dunkelblauen Hosen. Die Stiefel waren spiegelblank gewichst und mit juwelengeschmückten Platinsporen besetzt. Im Pistolengürtel funkelten alle möglichen Steine – und nur der abgewetzte Griff seiner Waffe war der alte geblieben. Nun stellte er sich breitbeinig in die Tür und winkte lässig mit der Zigarre seinen Bewunderern zu.
»Dachte, ich müßte mich etwas feinmachen«, erklärte er von oben herab. »Les war Schneider, bevor er zu uns kam. Nicht schlecht, was?«
»Gute Nacht, Sean!« rief ein Kerl mit ledrigem GeGicht. »Du siehst aus wie ein Fünfzig-Credit-Freudenmädchen auf dem Weg zu einem Bankiersfest.«
»Hör mal, für dich bin ich auch der General.« Sean deutete mit der Zigarre auf den Mann. »Vergiß es nicht. Sicher, die Uniform ist geschniegelt – aber wenn die Freiwilligen kommen, müssen wir wie die Sieger aussehen, oder? So, seht mal nach, ob ihr eure dreckigen Hemdkrägen gegen etwas Feineres umtauschen könnt. Wir haben Flitterkram genug, um die ganze Schweizergarde damit auszustatten.«
»Was ist’n das für ein Heer?« fragte der gleiche Mann wie vorher und kratzte sich hinter dem Ohr.
»Weiß ich auch nicht – aber ich hörte, daß sie ganz tolle Uniformen hatten. So, und heute machen wir frei, weil es ein großer Tag der Legion ist. Ich habe schon ein paar Köche engagiert, und Flüssigkeit ist genug da. Mal sehen, wer mich unter den Tisch trinken kann!«
In dem Geschrei, das sich erhob, wandte sich Sean Retief zu und blinzelte.
»Ich weiß nicht«, meinte Harrumph. »Ess scheint, alss ssei der frühe Erfolg dem General in den Kopf gesstiegen.«
»Vielleicht«, erwiderte Retief. »Hoffentlich sind seine Schultern breit genug, um die Last zu tragen.«
*
Es war fast Mitternacht, als die letzten Zecher ihre Teller zurückschoben, die Gürtel lockerten und rülpsten. Die Flaschen machten immer noch die Runde.
»Was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen, Lash?« schrie Sean seinem Stellvertreter zu, der ihm schweigend gegenübersaß. »Du siehst aus, als hättest du eben an deine Schwiegermutter gedacht.«
»Es ist nichts – nur, ich bin ein wenig überrascht. Ich dachte, wir hätten jetzt mindestens zweihundert Rekruten, aber bei der letzten Zählung waren es nur zwei: ein zwölfjähriger Junge und sein Großvater.«
»Geduld, Lash«, krächzte Harrumph. »Ssobald ssich herumsspricht, daß unsser General den Mond zurückerobert hat, werden Taussende hersströmen und ihn um Aufnahme betteln.«
»Ha! Recht hat er, unser Krebs! Braver Rumpy!« Sean wandte sich zwei geschniegelten Kriegern zu, die mit plumpen Händen ein rotgoldenes Banner über dem Kamin aufrichten wollten.
»He – McGillicuddy und Samrkowicz!« brüllte er. »Etwas höher, damit wir es alle sehen können. Die Freiwilligen sollen ihren Eid unter einer echten Flagge schwören.« Er ginste Retief an und wollte ihm auf die Schulter klopfen, aber er fiel bei der Anstrengung beinahe vom Stuhl. Dann hob er den Krug und prostete Harrumph so temperamentvoll zu, daß sich das Bier über den finster dreinblickenden Lou ergoß.
»Und das alles haben wir dir zu verdanken, du rotgesottener Hummer! Du bist in Ordnung, das steht fest!«
Harrumph rieb tolerant seine Fänge gegeneinander und wandte sich Lou zu.
»Bisst du ssicher, daß wir unss nicht schon einmal getroffen haben – vor dem Zussammensstoß im Schiff? Vielleicht letztes Jahr auf Croanie …?«
»Nein, du überzüchtete Garnele!« fauchte Lou und wandte sich von dem Haterakan ab. »Hör auf, mich zu ärgern, sonst drehe
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