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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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wurde ganz warm in meinem Bauch.
    »Ich wusste nicht, was ich mir dabei dachte, als ich dich mit in mein Zimmer genommen habe«, sagte Elyas. »Es hatte nichts damit zu tun, dich in die Nähe meines Bettes zu bekommen, es war vielmehr der Wunsch, mit dir allein zu sein. Ich wollte mich mit dir unterhalten, so wie wir es in den E-Mails taten – mehr nicht.
    Dieser Abend mit dir in meinem Zimmer … Er war unvergleichlich. Ich hätte ewig mit dir auf dem Sofa sitzen oder dem Bett liegen können. Du warst so ausgelassen, so fröhlich, so unbeschwert in meiner Gegenwart, das kannte ich nicht von dir. So hatte ich dich bis dahin nur von weitem mit Alex erlebt. Sobald ich zu euch stieß, hast du dich sofort in dein Schneckenhaus zurückgezogen.
    Bis zu diesem Abend habe ich nie verstanden, warum deine Abneigung mir gegenüber so groß ist. Klar war ich penetrant, habe dich gereizt und war dir mit eindeutigen Absichten hinterher gehechelt. Aber ich habe dir nie etwas getan. Dachte ich zumindest. Nachdem du mir in die Rippen geboxt hast, wurde so manches klarer.
    Das Missverständnis kam ans Tageslicht. Welche Auswirkungen diese Aufklärung vor und nach sich zog, konnte ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht umreißen. Das kam erst später.«
    »Das war auch für mich ein ziemlicher Schock«, sagte ich. »Auf Anhieb konnte ich das nicht begreifen.«
    »Wie soll man so etwas auch begreifen können?«, fragte Elyas. »Als du damals auf dem Wohnzimmersofa eingeschlafen bist, saß ich die ganze Nacht neben dir, beobachtete dich beim Schlafen und begann langsam zu realisieren, was diese neue Erkenntnis bedeutete. Sieben Jahre lang hatte ich in einem völligen Irrglauben gelebt. Innerhalb nur eines Gespräches hatte sich das Blatt komplett gewendet. Auf einmal war ich der Arsch, der nicht nur sich selbst, sondern auch noch das Mädchen verletzt hatte, das ihm so wichtig gewesen war. Ich war der Grund für unser Leiden. Und das nur, weil ich zu stolz war, um dich auf die Behauptung von Sören anzusprechen.
    Jahrelang hatte ich dich gehasst, dir die Schuld an etwas gegeben, für das du überhaupt nichts konntest. Ich hatte mich nicht in dir getäuscht. Du warst genau der Mensch, für den ich dich immer gehalten hatte.
    Ich fühlte mich noch nie so schwer wie in dieser Nacht und wusste, dass ich mir diesen bedeutsamen Fehler niemals verzeihen würde.
    Und wenn ich das schon selbst nicht konnte, wie solltest du mir dann jemals verzeihen?«, fragte er. Sein Blick ging eine Weile ins Nichts. Auf der Straße hörte man ein Auto vorbeifahren.
    »Du hast gesagt, es wäre lange vorbei und längst Gras darüber gewachsen«, fuhr Elyas fort. »Aber das habe ich dir nicht geglaubt. Wäre das der Fall gewesen, hättest du dich in den Monaten zuvor mir gegenüber ganz anders verhalten. Du warst nachtragend.
    In dieser Nacht, an deiner Seite, zerbrach ich mir den Kopf und war gleichzeitig gefesselt von deinem friedlichen Anblick. Wie du dagelegen hast, schlafend, und dein Körper sich ganz sanft im Takt deiner Atmung bewegte. Ich war nicht nur verknallt in dich, Emely, ich hatte mich verliebt. Und von jetzt auf gleich gab es auf einmal nichts mehr, was dagegen sprach.« Elyas griff nach dem Glas, ließ den Saft langsam darin kreisen und verlor sich mit dem Blick für einen Moment in dem kirschroten Strudel. »Alle Gründe, mich von dir fernzuhalten, lösten sich in Rauch auf«, sagte er. »Nichts stand mehr zwischen uns – bis auf die zwei Tatsachen, dass ich Idiot mit den E-Mails schon wieder neuen Mist gebaut hatte und dass du meine Gefühle vielleicht nie erwidern würdest.«
    »Trotzdem«, fuhr er fort. »So aussichtlos womöglich alles war, in dieser Nacht traf ich eine Entscheidung: Ich würde alles versuchen, um das Unmögliche wahr zu machen. Gleichgültig, wie lange es dauern würde und wie hart ich darum kämpfen müsste. Ich wollte dich haben. Als meine Freundin.«
    Zu keinerlei Reaktion fähig, sah ich in sein Gesicht. Das ganze Blut schien aus meinem Kopf zu weichen.
    Elyas‘ Unterarme, die er mit den Ellenbogen auf den Knien abstützte, hingen schwach herunter. Seine türkisgrünen Augen blickten mich vorsichtig an und versuchten wohl das Gefühlsdurcheinander zu entschlüsseln, das sich gerade in den meinigen widerspiegelte.
    In meinem Bauch spürte ich ein Gefühl, das ich fast vergessen hatte. Ein Kribbeln. Es war, als würde der Schmerz, der sich zwei Monate lang dort eingenistet hatte, der warmen Empfindung immer mehr Platz

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