Türkisgrüner Winter (German Edition)
beanstanden. Sie umfasste ein breites Spektrum, von Klassikern bis moderner Rockmusik war alles dabei. Gerade im Moment wurde Iggy Pop’s »The Passenger« gespielt.
Elyas‘ und meine Unterhaltungen waren während des Konzerts auf ein Minimum begrenzt und bestanden lediglich aus gelegentlichen Zurufen. Nur im Augenwinkel bemerkte ich hin und wieder, dass er in meine Richtung sah. Wenn ich gerade das Gleiche tat und unsere Blicke sich trafen, schenkte er mir jedes Mal ein Lächeln.
Er war so süß …
Was ich von meinem neuen »Stalker« hingegen leider nicht behaupten konnte. Einem ungefähr vierzigjährigen, bärtigen und leicht untersetzten Mann in Lederklamotten hatte ich es offenbar angetan. Er stand ungefähr drei Meter von mir entfernt und ließ keine Gelegenheit aus, mir zuzuzwinkern. Anfangs hatte ich es noch für Zufall gehalten, aber nach dem zwanzigsten Mal löste sich diese Hoffnung dann doch langsam in Rauch auf.
Das Schlimmste daran war, dass es Elyas nach einer Weile ebenfalls aufgefallen war. Und von Mal zu Mal amüsierte es ihn mehr.
Tja, wenn man so aussah wie er und mit dem anderen Geschlecht noch nie Probleme hatte, konnte man über einen Antimännerschwarm wie Emely natürlich leicht lachen. Idiot.
Ich verhakte die Arme ineinander und schielte zu Elyas. Doch mein Ärger verflog, als ich sah, dass er sich eine Colaflasche an die Lippen führte. Wie er seine langen, eleganten Finger um den Körper der feuchtkühlen Flasche schlang, wie seine Lippen von dem süßlich erfrischenden Getränk benetzt wurden …
Heilige Maria Mutter Gottes, verwandle mich in eine Colaflasche!
»Möchtest du auch?«, fragte er.
Ich kniff die Augen zusammen und wieder auf. »B-Bitte?«
»Ob du auch etwas trinken möchtest?«
»Ehm … Ja … Danke«, stammelte ich und nahm die Flasche entgegen. Mit nicht gerade jugendfreien Bildern im Kopf trank ich davon und hätte schwören können, dass diese Cola so viel besser schmeckte als jede, die ich bis dahin getrunken hatte.
Als die Band nach eineinhalb Stunden zum zweiten Mal eine Pause einlegte, schlenderte ich mit Elyas über das Gelände. Die vielen Menschen hatten sich wegen der Unterbrechung verteilt, nur an den Essens- und Getränkeständen nah am Eingang herrschte nach wie vor Gedränge. Zum Glück befanden wir uns nicht in unmittelbarer Nähe.
»Was sagst du zu der Band? Nicht so der Bringer, hm?«, fragte Elyas.
»Na ja, die Musikauswahl ist doch ganz in Ordnung.«
»Das stimmt.«
»Allerdings«, sagte ich, »hatte ich den Eindruck, dass dir der Sänger manchmal ein bisschen in den Ohren wehtat.«
Elyas schmunzelte. »War das so auffällig?«
Na ja, wenn man dich die ganze Zeit heimlich beobachtet …
»Ja, ich glaube, das ist niemandem entgangen.«
Elyas zog die Schultern nach oben. »Ich will nicht sagen, dass er grottenschlecht war. Das war er nicht. Nur die extrem hohen und sehr tiefen Töne sollte er lieber lassen.«
»Stimmt, das ist selbst mir aufgefallen.«
»Also bist du ebenfalls nicht scharf darauf, dir das Konzert bis zum Ende anzutun?«, fragte er.
Ich würde mir eine Menge antun, solange es bedeutete, noch mehr Zeit mit Elyas verbringen zu können. Zur Not auch ein Konzert von Justin Bieber .
»Mir ist das egal«, sagte ich. »Wir können bleiben, müssen aber nicht.«
»Was hältst du davon, wenn wir ein bisschen durch den Park laufen? Vielleicht hört es sich mit mehr Entfernung besser an.«
»Ehm«, machte ich und rieb mir die Oberarme. »Laufen scheint ja irgendwie zu deinem neuen Hobby zu werden.«
Er lachte leise. »Nein. Ich mag es nur, neben dir zu laufen.«
Ich blickte zu Boden. Von seinen Worten und dem weichen Tonfall seiner Stimme wurde mir ganz anders.
»Und, magst du? Mit mir durch den Park laufen?«, fragte er.
Ich nickte. »Ja. Bevor mein vierzigjähriger Stalker-Freund doch noch auf die Idee kommt, mich anzuquatschen, scheint mir das die bessere Alternative zu sein.«
Elyas stand die Erheiterung deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Das findest du wohl lustig«, sagte ich und rümpfte die Nase.
»Lustig finde ich nur, wie du dich darüber ärgerst. Der Mann selbst hat mein vollstes Verständnis.«
Wieso hatte er nur immer die perfekte Antwort?
Schweigend erreichten wir den mit Kieselsteinen bedeckten Weg und liefen nebeneinander durch den nur leicht beleuchteten Park. Nach einer Weile kam uns kaum noch jemand entgegen. Nur am Rand, auf einer kleinen Mauer, saß ein küssendes Pärchen, das keinerlei
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