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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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keiner etwas und die ganze Welt schwieg still.
    Dann ergriff Ryan wieder das Wort: »Hast du ihr deinen Chip gegeben?«
    Automatisch sah Addie zu unserer Socke hinunter. Nein, nein, das hatten wir nicht. Wir hatten nicht daran gedacht und ihr Schweigen war Antwort genug.
    »Wieso hast du ihn ihr nicht gegeben?«, fragte Ryan. Er schien nicht länger stillhalten zu können – er machte kleine, halbherzige Bewegungen mit seinen Händen, seinen Füßen, als wolle er auf und ab tigern oder sich die Schläfen massieren oder irgendetwas, unterdrücke aber jede Regung, ehe es dazu käme. Er hob den Blick, dann senkte er ihn wieder, den Mund verächtlich verzogen, die Lippen aufeinandergepresst. »Dafür sind sie gedacht, Addie. Damit wir einander wiederfinden. Damit wir keinen von uns verlieren …«
    Unser Kiefer schmerzte, so fest bissen wir die Zähne zusammen. »Ich habe einfach nicht daran gedacht, okay?«
    Ryan presste sich die Faust an den Mund. »Ich dachte, sie wäre bei dir. Sie könnte überall sein. Sie könnten …«
    »Ich bin vom Dach gefallen«, fuhr Addie ihn an. »Ich war ziemlich beschäftigt …«
    Er konnte nicht brüllen. Er brüllte auch nicht, er besaß genug Selbstbeherrschung, um seine Stimme leise zu halten, aber sie bebte vor unterdrückter Wut. »Zu beschäftigt, um daran zu denken, meine Schwester zu retten?«
    »Das ist nicht fair, Ryan«, sagte ich und hätte mir beinah auf die Zunge gebissen.
    Weil ich es gesagt hatte.
    Mir blieb keine Zeit zu begreifen, was ich tat oder wie ich es getan hatte oder was es bedeutete, oder überhaupt etwas zu begreifen, weil Ryan unfair war und Addie neben mir tobte und es mir gerade, gerade so gelang, die Kontrolle zu behalten.
    Ich wurde von der Anstrengung regelrecht durchgeschüttelt, mich aufrecht zu halten, zu stehen und zu sprechen, zu denken und zu beobachten, zu reagieren und mich zu bewegen. Ich sagte: »Das ist nicht sehr hilfreich, Ryan. Das bringt uns nicht weiter. Wir haben ihr unseren Chip nicht gegeben. Es tut mir leid. Aber was jetzt? Was jetzt ?«
    Er starrte uns an. Dann sagte er in einem Ton, den ich nicht begriff und nicht versuchen konnte, zu begreifen, weil ich mich so sehr bemühte, alles zusammenzuhalten: »Eva?«
    Da war ein komisches Gefühl, als schwämme man durch Kleister. Unsere Gliedmaßen waren schwer, unförmig. Ich konnte mich nicht bewegen, aber Addie, so schien es, genauso wenig. Wir steckten mittendrin fest. Unser Herz pochte fieberhaft in unserer Brust, der einzige Teil von uns, der sich noch rührte. Wir waren wie erstarrt, schwitzten in der Hitze, unsere unverletzte Hand presste sich gegen die Gebäudewand, die rauen Steinchen gruben sich in unsere Handfläche.
    ‹Addie›, sagte ich.
    Dann nahm Ryan unsere bandagierte Hand in seine. Wenn jemand – eine von uns – die volle Kontrolle gehabt hätte, wären wir vielleicht zusammengezuckt, als seine Finger unsere Wunde eine Idee zu fest drückten. Aber Addie und ich waren in diesem Mittendrin gefangen, diesem entsetzlichen Mittendrin – und der Schmerz wurde durch den Kampf gedämpft, der sich in unserem Geist abspielte. Ryans Finger fühlten sich vertraut an, es war derselbe feste Griff, den ich gespürt hatte, als ich das erste Mal allein in unserem Körper gewesen war, blind und mit dem Gefühl, das mich sonst nichts mit der Welt verband. Ich kämpfte darum, festzuhalten, meine Hand um seine zu schließen, weil er sich beruhigen musste. Er musste sich konzentrieren. Wir mussten Lissa und Hally retten.
    Aber ich konnte es nicht, ich konnte seine Hand nicht drücken, weil Addie erbittert dagegen ankämpfte.
    »Lass sie, Addie, bitte«, sagte Ryan. Seine Stimme war leise, alles, was wir sagten, musste geflüstert werden. Aber die Worte waren klar und deutlich. »Lass sie die Kontrolle übernehmen, Addie. Nur für einen Moment – schenk ihr nur einen Moment …«
    Addie begann zu weinen. Aber sie hatte nicht mehr ausreichend Kontrolle über unseren Körper, um reale Tränen zu produzieren. Ihr Weinen war still und unsichtbar. Für jeden außer für mich. So wie mein Weinen für jeden außer für sie in all den Tagen und Wochen und Monaten, nachdem wir erstmals Frieden gefunden hatten. Nachdem ich abgeschoben und in meinem eigenen Körper eingeschlossen worden war, meine Haut eine Zwangsjacke, meine Knochen die Gefängnisgitterstäbe.
    Ich ließ los.
    »Lass mich los«, zischte Addie. Unser Gesicht brannte. Unser ganzer Körper brannte. Sie stolperte von Ryan weg, der

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