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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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mich zu.
    »Eva?«
    Er sagte meinen Namen, als sei er ein Geheimnis. Wie ein Passwort, einen Code, den man durch verschlossene Türen flüstert.
    ‹Ja?›, erwiderte ich, obwohl er mich nicht hören konnte. Alles war Dunkelheit und die weiche Couch unter Addie und mir. Ich konnte die Struktur des Stoffes unter unseren Fingerspitzen spüren, die Beschaffenheit der Fasern an unserem Handballen.
    Ich fühlte die Wärme seiner Handfläche, als er sie vorsichtig auf unseren Handrücken legte, den Druck seiner Finger; wie er mit dem Daumen über die Stelle strich, an der unser Puls schlug.
    »Ich bin’s, Ryan«, sagte er. »Ich dachte mir … dass du gern wissen würdest, dass jemand hier ist.«
    Ich versuchte zu sprechen. Ich konzentrierte mich auf unsere Lippen, unsere Zunge, unsere Stimmbänder. Ich versuchte Danke mit einem Mund zu bilden, der mir gehörte, mir aber nicht gehorchen wollte. Doch es schien, als würde ich an diesem speziellen Tag nicht in der Lage sein, zu sprechen.
    Also konzentrierte ich mich stattdessen auf Ryans Hand, was einfacher war. Er hatte seine Handfläche an unseren Fingerknöcheln entlang nach unten gleiten lassen und seine Finger unter unsere Hand geschoben. Ich schlang unsere Finger um seine und drückte so fest zu, wie ich konnte – was kaum spürbar war.
    Ich kam zu dem Schluss, dass ich nicht deutlicher würde werden können.
    Aber der Gedanke, ihm eines Tages antworten zu können, mit ihm zusammenzusitzen, zu lachen und zu reden wie jede andere, gesellte sich zu meiner wachsenden Liste aus Gründen, weiter zum Haus der Mullans zu kommen. Weiterzukämpfen, und sei der Preis auch noch so hoch.

Kapitel 8
    Die Tage vergingen. Dann eine Woche. Dann noch eine und noch eine. Ich hatte mein Leben bis dahin in Wochenenden oder Kinobesuchen oder Lyles wöchentlichen Dialysesitzungen gezählt. Ich strich mir die Tage mit Schulreferaten oder Babysitterjobs an. Jetzt bewertete ich mein Leben nach den Fortschritten, die ich auf einer Couch liegend mit Ryan oder Devon, Hally oder Lissa an meiner Seite gemacht hatte. Nach der Anzahl an Wörtern, die ich herausgebracht hatte. Den Fingern, die ich bewegt hatte.
    Und zum ersten Mal füllte sich mein Geist mit Erinnerungen, die mir und nur mir allein gehörten. Mein erstes Lächeln, während Hally mir all die bescheuerten, verrückten Dinge zuflüsterte, in die sie ihren Bruder verwickelt hatte, als sie noch klein gewesen waren. Mein erstes Lachen, das Lissa so sehr überrascht hatte, dass sie zurückschreckte, bevor sie mit einfiel. Und selbst an Tagen, an denen meine Fortschritte sich ins Gegenteil zu kehren schienen und ich stumm und reglos auf der Couch lag, gefangen in der Dunkelheit hinter unseren Augenlidern, hatte ich jemanden an meiner Seite, der mit mir redete, mir Geschichten erzählte.
    Ich erfuhr, dass die Mullan-Familie ein Jahr vor Addie und mir nach Lupside gezogen war, als ihre Mutter eine neue Arbeitstelle angenommen hatte. Wie sehr Ryan ihr altes Haus vermisste, weil er dort zwölf Jahre gelebt hatte, den Standort von jedem Buch in der Bücherei gekannt hatte, das Knarren jeder Stufe der gewundenen Treppe. Dass Hally es überhaupt nicht vermisste, weil sie kaum Nachbarn gehabt hatten und die wenigen, die es dort gegeben hatte, voller Hass gewesen waren. Dass sie beide aber schöne Erinnerungen an die Felder hinter dem Haus hatten und an ihre Kindheit, die sie damit verbracht hatten, durch ebenjene Felder zu rennen und so zu tun, als wären sie überall, nur nicht dort, wo sie tatsächlich waren.
    Ich erinnere mich mit absoluter Klarheit an das erste Mal, als ich die Augen aufschlug.
    Hally hatte geschrien und sich aufgerappelt, um Devon zu holen. »Sieh doch!«, hatte sie gerufen. »Sieh doch!«
    »Eva?«, hatte Devon gesagt. Nur dass es nicht Devon gewesen war.
    Das war das erste Mal, dass ich den Wechsel beobachtete, sah, wie Ryan sich vorkämpfte und mich aus ihren Augen heraus anschaute. Ich konnte nicht einmal unsere Augen bewegen oder lächeln oder lachen, ich konnte nur in sein Gesicht hinaufstarren. Er war so nah, dass ich jede einzelne Wimper erkennen konnte, lang und dunkel und gebogen wie Hallys.
    Ich erinnere mich an jenen Schnappschuss von ihm, wie er mit nur einer Seite seines Mundes lächelte, die Haare vom Regen jenes Nachmittags feucht und lockiger als sonst. Im Grunde war es der erste Blick, den ich auf ihn erhaschte, weil er uns in der Schule fast nie über den Weg lief. Und selbst wenn, schien immer Devon die

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