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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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Mann. Wir hatten ihn noch nie so klein und hilflos erlebt.
    »Addie«, sagte Dad. »Mr Conivent meint, er hätte dich heute in der Schule getroffen?«
    »Du erinnerst dich doch an mich, Addie, oder?«, sagte der Button-down-Mann.
    Addie gelang ein Nicken. Unser Blick wanderte ununterbrochen von Mr Conivent zu Dad, von Dad zu Mr Conivent. Beide Männer ragten über unserem Stuhl auf. Steh auf, dachte ich, aber ich brachte es nicht heraus.
    Dad verlagerte das Gewicht vom einen auf den anderen Fuß. »Er sagt … er sagt, du hättest viel Zeit mit Hally Mullan verbracht.«
    »Nicht … sehr viel«, entgegnete Addie.
    »Ich bin überzeugt, Hally redet mit einer Menge Mädchen«, sagte Dad mit gepresster Stimme. »Klappern sie die alle der Reihe nach ab?«
    Seine Wut tröstete und ängstigte uns gleichermaßen. Hieß das, er würde um uns kämpfen? Würde er diesen Mann davon abhalten, uns mitzunehmen? Oder war er wütend, weil er bereits wusste, dass ihm keine Wahl bleiben würde?
    Mr Conivent ignorierte Dads Frage. Sein Blick war unverwandt auf uns gerichtet, auf seinen Lippen lag ein aalglattes, durchtriebenes Lächeln. »Was genau hast du bei Hally zu Hause gemacht, Addie?«
    Addie versuchte zu schlucken und konnte es nicht. Unser Mund öffnete sich, aber uns versagte die Stimme, als hätte jemand in unseren Hals gegriffen und die Stimmbänder zusammengeschnürt.
    »Addie?«, sagte Mr Conivent.
    ‹Hausaufgaben›, soufflierte ich. Es war das Einzige, was mir in dem Moment einfiel. Es war das, was wir unseren Eltern erzählt hatten.
    »Hausaufgaben«, sagte Addie.
    Mr Conivent lachte. Er strahlte enormes Selbstvertrauen und große Gelassenheit aus, ein Sommertag verglichen mit dem heraufziehenden Gewittersturm, den mein Vater neben ihm verkörperte.
    »Ich werde das hier nicht unnötig in die Länge ziehen«, sagte er und hielt eine Aktenmappe hoch. Sie war mir bisher noch gar nicht aufgefallen. »Das hier sind Addies Schul- und Patientenakten. Ihre Tochter hatte als Kind … Probleme, Frieden zu finden, habe ich recht?«
    Mom trat vor, ihre Fingerknöchel hoben sich weiß von ihrer schwarzen Hose ab. »Woher … Sie dürften gar keinen Zugang zu diesen Akten haben.«
    »In Fällen wie diesen bekommen wir eine kleine Sondererlaubnis«, sagte Mr Conivent.
    Er öffnete die Mappe. Beim obersten Blatt handelte es sich um eine Schwarzweißkopie von etwas, das aussah wie unser Grundschulzeugnis. Er schob es beiseite und blätterte die Papiere durch, bis er ein Blatt voller Diagramme und Zahlen gefunden hatte. »Sie hat nicht vollständig Frieden gefunden, bis sie zwölf war. Das ist recht ungewöhnlich, nicht wahr?« Sein Blick glitt von Mom zu Dad. »Sehr ungewöhnlich, würde ich sagen. Und es ist erst drei Jahre her.«
    Wieder atemlose Stille.
    Mom brach das Schweigen. »Was wollen Sie?« Ihre Stimme tat mir weh, sie weckte in mir den Wunsch, den Arm auszustrecken und nach ihrer Hand zu greifen – und sie zu drücken, bis wir beide nichts mehr spürten.
    »Nur ein paar Tests machen.«
    »Tests, wozu?«, fragte Dad.
    Mr Conivents unbarmherziger Blick hielt uns auf unserem Stuhl fest, sein Lächeln machte uns stumm und ungläubig. »Um zu sehen, ob Eva immer noch da ist.«
    Mein Name fegte in den Raum wie ein Hurrikan, rüttelte an den Stühlen, brachte das Besteck zum Klappern. Oder vielleicht kam es mir auch nur so vor. Ich hatte mich daran gewöhnt, dass Hally und Lissa ihn aussprachen. Dass Ryan und Devon ihn aussprachen. Aber das hier … das hier war ein fremder Mann. Und unsere Eltern …
    »Eva?«, fragte Mom. Das Wort kroch aus ihrem Mund, ängstlich gegen das grelle Licht anblinzelnd.
    Ja. Eva, dachte ich. Der Name, den du mir gegeben hast, Mom. Der Name, der niemals mehr über deine Lippen kommt.
    Dads Hand zerquetschte die Rückenlehne unseres Stuhls. »Addie hat Frieden gefunden. Sie hat ihn ein wenig spät gefunden, aber sie hat ihn gefunden.« Weder Mom noch Dad sahen uns an.
    Mr Conivent schon. »Das ist, was wir gern überprüfen würden«, sagte er. »Wir befürchten, der Prozess ist nie zu einem Ende gekommen – dass vielleicht jemand etwas übersehen hat, als sie noch jünger war. In den vergangenen drei Jahren wurden große technische Fortschritte erzielt. Sie sind geradezu phänomenal. Und ich bin wahrhaftig davon überzeugt, alle Seiten würden von einigen weiteren Tests profitieren.« Mr Conivent sah erst Dad an, dann Mom. Er lächelte und sagte freundlich: »Die Sache ist die, ich befürchte,

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