Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
sicher?
ISABEL : Das Schmiergeld ist eine ernste Angelegenheit. Die Erpressung ist eine Kinderei.
DR. RUSH : Das müssen Sie mir genauer erklären.
ISABEL : Der Erpresser verlangt von mir, dass ich Autos wasche und in den Zoo gehe.
DR. RUSH : In den Zoo?
ISABEL : Eigentlich sollte es das SFMOMA sein, aber ich dachte, ich könnte genauso
gut in den Zoo gehen. Mein Fehler. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
[Sehr, sehr lange Pause.]
DR. RUSH [seufzend]: Ein Erpresser mit merkwürdigen Forderungen, Schmiergelder, Geheimadressen. Und das alles auf einmal, Isabel? Das hört sich nicht sehr –
ISABEL : Es hört sich schlimmer an, als es ist.
DR. RUSH : Betrachten wir das mal aus einem anderen Blickwinkel. Ihre lebhafte Phantasie hat Sie früher schon des öfteren in die Bredouille gebracht. Darum befinden Sie sich jetzt in Therapie. Sie können nicht leugnen, dass Sie in vielen Fällen einen gewissen Hang zur Paranoia entwickeln.
ISABEL : Das war die alte Isabel.
DR. RUSH : Ach ja?
ISABEL : Ich habe Fortschritte gemacht, Dr. Rush. Große Fortschritte.
[Sehr, sehr lange Pause.]
ISABEL : Etwa nicht?
IV
WEITERE FORTSCHRITTE
FALL NR. 001
KAPITEL 11
Auf meinem Rückweg von der Therapie fiel mir ein unauffälliger dunkelgrüner Ford auf, der beständig hinter mir herfuhr und allzu sorgsam darauf achtete, immer ein bis zwei Autos zwischen uns zu lassen. Ich dachte sofort an Harkey oder einen seiner Handlanger und vermutete, dass sie ein Ortungsgerät eingesetzt hatten – da mein Bewegungsprofil längst nicht so vorhersehbar war wie das einer Linda Black (schon allein, weil ich mir im Unterschied zu ihr ständig einen neuen Parkplatz suchen musste). Um meinen mutmaßlichen Verfolger abzuschütteln, parkte ich im Westen der Van Ness Avenue, Nähe Broadway. Das würde den Gegner erst mal verwirren, weil ich das Auto sonst meistens in einer anderen Ecke von Russian Hill abstellte. In einem unbeschatteten Moment wollte ich das Ortungsgerät abnehmen. Ich lief nicht sofort nach »Hause«, für den Fall, dass ich auch zu Fuß verfolgt wurde, sondern überquerte die Van Ness Avenue und betrat ein Café an der Polk Street.
Bei einer Tasse starken schwarzen Kaffees überlegte ich, ob Harkey mich mit dieser Taktik einfach nur einschüchtern oder meine Ermittlung stören oder im Gegenteil von den Ergebnissen profitieren wollte. Dass er sich überhaupt einmischte, bewies allerdings, dass an der Sache etwas dran war, was mich keineswegs abschreckte, sondern nur stärker motivierte. Harkeys Menschenkenntnis war erschreckend dürftig für einen Detektiv. Und ich wusste nur eins: Ich musste die Wahrheit herausfinden, bevor er es tat.
Der Schlüssel konnte nur in der Vergangenheit der Damen Truesdale und Bancroft liegen, denn ihre Gegenwart war so rein und steril wie ein OP -Kittel vor der OP .
Ich klappte meinen Laptop auf – David hätte es sichergefreut, dass ich das kostenlose WLAN in einem Café
nutzte und nicht auf seiner Vordertreppe – und rief die classmates.com -Seite auf. Weder Linda noch Sharon waren bei der Benjamin-Franklin-Highschool in
Detroit gelistet. Ich ging die Namen der Frauen durch, die ihren Abschluss im selben Jahr gemacht hatten wie Linda, und stürzte mich auf die Einträge neuesten
Datums. Sie stammten alle von einer Person mit dem Benutzernamen fairydust611 87 , was nach Drogendealerin oder geisteskranker Esoterikerin klang. Da Drogendealer meist Besseres zu tun haben als mit ehemaligen Klassenkameraden in Kontakt zu treten, handelte es sich wohl um die zweite Variante. Das störte mich nicht, im Gegenteil, denn Verrückte sind oft viel redseliger als andere. Ich schrieb eine Mail an fairydust611, gab mich als alte Freundin von Linda Truesdale aus, deren Adressbuch leider bei einem Hausbrand in Rauch aufgegangen sei, und fragte die Unbekannte, ob sie noch Kontakt zu Linda hätte.
Ich rechnete mit einer schnellen Antwort, weil meine Korrespondentin offenbar viel Zeit im Netz verbrachte, bestellte mir aber für den Fall einer längeren Wartezeit eine zweite Tasse Kaffee. Dann sah ich mich vorsichtig im Café um, denn ich konnte nicht ausschließen, dass Harkeys Faktotum mich im Auge behalten hatte. Das Gute war, dass Harkey in der Regel Leute beschäftigte, die man bereits auf tausend Meter Entfernung enttarnte. Solange sie im Auto hockten, war das kein Problem, aber kaum waren sie ausgestiegen, flog die Deckung auch schon auf. Das war einer der großen Wettbewerbsvorteile von
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