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Ueberdosis

Ueberdosis

Titel: Ueberdosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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feindselig klingende Stimme sagte: »Rauschgiftdezernat, Enke.«
    »Heroinsyndikat Rhein-Ruhr«, sagte Markesch. »Der Boß läßt fragen, auf welches Schweizer Nummernkonto diesmal das Bestechungsgeld überwiesen werden soll.«
    Die Antwort bestand aus einem erstickten Gurgeln und einem langen Schweigen. Dann: »Mein alter Kumpel Markesch! Was für eine wahnsinnige Freude. Aber ich dachte, man hätte dich längst in die nächste Nervenklinik eingewiesen, dich in deiner Gummizelle angekettet, die Tür abgeschlossen, den Schlüssel weggeworfen und die Klinik zum Sprengen freigegeben. Wie bist du entkommen?«
    Markesch lachte überlegen. »Ich habe mich als Zwangsjacke ausgegeben und durfte den behandelnden Arzt nach Hause begleiten. Als er mich dann daheim ablegte, um sich in der Badewanne zu ertränken, bin ich durch den Abfluß geflohen.«
    »Klingt großartig«, sagte Enke noch heiserer und feindseliger. »Und was willst du von mir? Mich in den Wahnsinn treiben?«
    »Ich brauche ein paar Auskünfte.«
    »Dann solltest du die Auskunft anrufen. He, Markesch, hier ist die Polizei. Die Polizei ist nicht dazu da, heruntergekommene Privatschnüffler mit amtsinternen Informationen zu versorgen. Nicht nur der Datenschutz verbietet das, sondern auch der menschliche Anstand.«
    »Anstand«, wiederholte Markesch grüblerisch. »Das erinnert mich an etwas. Soll ich dir sagen, an was mich das erinnert?«
    »Nein. Aber du könntest Auf Nimmerwiederhören sagen und deinem sinnlosen Leben ein Ende machen. Vielleicht in einem Faß Scotch.« Enke lachte heiser.
    »Es erinnert mich an die zwei Kilo Kokain«, fuhr Markesch unbeirrt fort, »die ein gewisser Schutzpolizist in einem Schließfach des Kölner Hauptbahnhofs aufgespürt hat. Eine Glanztat, die diesem Schutzpolizisten überhaupt den Aufstieg zur Kriminalpolizei ermöglicht hat. Allerdings gibt es böse Zungen, die behaupten, daß er den entscheidenden Tip von seinem alten Kumpel …«
    »Geschenkt«, unterbrach Enke. »Wirklich, ich hätte nie gedacht, daß du so nachtragend bist. Dabei habe ich damals die Sache mit dem Tip nur deshalb nicht an die große Glocke gehängt, um dich zu schützen. Aus reiner Barmherzigkeit.«
    »Du bist eben ein durch und durch guter Mensch«, knurrte Markesch. »Aber unterhalten wir uns über den Fall Maaßen. Michael Maaßen.«
    »Maaßen? Es gibt keinen Fall Maaßen. Es gibt nur einen toten Junkie, der zufälligerweise aus reichem Hause stammt und eine Mutter hat, die alle Polizisten für ausgemachte Volltrottel hält. He, du arbeitest doch nicht etwa …« Enke verstummte. Dann lachte er freudlos. »Natürlich; diese verrückte Millionärin muß dich engagiert haben. Wie hättest du sonst davon erfahren können? Schließlich haben wir die Akte Maaßen mit dem Stempel Streng geheim versehen und dann durch den Reißwolf gedreht, ohne wie üblich eine Fotokopie für die Presse zu machen. Alles auf Wunsch der schwerreichen Mutter – oder vielmehr auf Druck der Mutter. Der Polizeipräsident scheint öfters in ihrer Villa zu dinieren.«
    »Elvira Maaßen glaubt, daß ihr Sohn ermordet wurde«, sagte Markesch.
    »Ich weiß. Jeder Mensch glaubt an irgend etwas. An den Klapperstorch, den Weihnachtsmann, an Fliegende Untertassen oder das Ungeheuer von Loch Ness.«
    »Und an was glaubst du?«
    »Ich glaube, daß dieser Michael Maaßen ein gelangweiltes reiches Bürschchen war, das sich die Langeweile mit Heroin vertrieben hat. Ich glaube außerdem, daß seine Mutter die Mordtheorie nur erfunden hat, weil sie nicht einsehen will, daß ihr Goldschatz ein verkommener Fixer war. In ihren Kreisen tut man so etwas nicht. Das glaube ich, Markesch. Es klingt vielleicht nicht so romantisch wie die Sache mit dem Weihnachtsmann oder dem Mord per Todesspritze, aber ich bin Polizist und kein Romantiker.«
    Markesch sah hinaus auf die Straße. Der Regen hatte nachgelassen, aber der Tag war noch immer grau und der Himmel dicht bewölkt. Die ersten Passanten tauchten auf und hielten ihre Regenschirme wie Zauberstäbe umklammert.
    »Was macht dich so sicher, daß es kein Mord war, Enke?« fragte er.
    »Die Fakten. Maaßen starb an einer Überdosis Heroin, die Spritze noch im Arm, auf einer öffentlichen Toilette. Wir haben die Toilettenfrau und den Mann befragt, der ihn gefunden hat, und beide sagten übereinstimmend aus, daß Maaßen allein auf der Toilette war. Bei der Obduktion wurden keine Anzeichen von Gewaltanwendung festgestellt – und ich kenne nur eine Sorte

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