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Ueberdosis

Ueberdosis

Titel: Ueberdosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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Hände gespielt, und sie wollten das Produktionsverfahren und die Vermarktung testen.
    Und wenn der Test erfolgreich verlief …
    Dann, dachte Markesch, gehört der harte Drogenmarkt der Zukunft ihnen.
    Carfentanil.
    »Haben Sie eine Ahnung, wo Ihr Bruder gefangengehalten wird?« fragte er.
    »Toldeo betreibt einen Südfrucht-Großhandel. In Ehrenfeld. Peter erwähnte einmal, daß Toldeo dort das Labor einrichten wollte; nach Michaels Tod war es ihm zu riskant, weiter in der Maaßen Pharma produzieren zu lassen.«
    Markesch nickte zufrieden. »In Ordnung. Hören Sie, Susanne, ich kümmere mich um Ihren Bruder. Ich hole ihn da raus, das verspreche ich Ihnen. Ich werde Sie zu einem Freund bringen, wo Sie in Sicherheit sind, und dann …«
    »Ich komme mit.«
    »Sie sind verrückt!«
    »Ich komme mit«, wiederholte sie, plötzlich wieder ganz ruhig, ganz gefaßt. »Es geht um meinen Bruder.«
    Markesch fluchte, aber sein Blick in ihr Gesicht verriet ihm, daß sie ihre Entscheidung getroffen hatte und keine Macht der Welt sie von ihrem Entschluß abbringen würde.
    Außerdem konnte es nichts schaden, einen Engel an der Seite zu haben, wenn man in einen Kampf auf Leben und Tod zog.
    Auch wenn es nur ein gefallener Engel war …

 
12
     
    Die Nacht, der Regen und der Nebel hatten sich zu einem durchweichten Kohlensack verdichtet, und als Markesch und Susanne Großmann hinter dem Ehrenfeldgürtel die Venloer Straße in südwestlicher Richtung verließen und das weitläufige Industriegebiet erreichten, erwiesen sich die Scheinwerfer als zu schwach, um den naßkalten Dunst mehr als ein paar Meter zu durchdringen.
    Die Straßenlaternen waren fahle Flecke, umgeben von einem Halo feinster Regentropfen, die Straßen waren wie ausgestorben.
    Es war eine von diesen Nächten, die man am besten zu zweit im Bett verbrachte, abgeschirmt von den Menschen und dem Schmutz der Stadt.
    »Die nächste Seitenstraße«, sagte Susanne Großmann.
    Markesch sah sie irritiert an. Zum Teufel, wie konnte sie in dieser Waschküche überhaupt erkennen, wo sie sich befanden?
    Weil die Frauen schärfere Augen haben als die Männer, dachte er. Sie sehen nicht besser als wir, aber tiefer. Sie sehen hinter die Dinge, während wir an der Oberfläche bleiben.
    Er schnitt eine Grimasse, lenkte den Ford an den Straßenrand und hielt an. Das Motorengeräusch erstarb. Nur noch das leise Rieseln des feinen Regens war hörbar. Vor der Windschutzscheibe spielte der Wind mit den zerrissenen Nebelschwaden. Weiter vorn verlor sich die Straße in der Nacht, an der Seite ragten die kalten, grauen Mauern einer Fabrik in die Dunkelheit. Vergitterte Fenster, schmutzige Scheiben.
    »Warum halten wir?« fragte Susanne Großmann. Unwillkürlich hatte sie ihre Stimme zu einem Flüstern gedämpft.
    »Wir gehen die letzten Meter zu Fuß. Ich möchte nicht, daß die Spanier den Wagen hören.« Oder das BKA, fügte er in Gedanken hinzu. Gut möglich, daß Müller Toldeos Firma beobachten läßt. Und wenn sie uns entdecken … Nun, Müller wird nicht begeistert sein. Peter Großmanns Schicksal ist ihm egal. Ihm geht es nur um den großen Schlag gegen das große Syndikat. Und um seine große Karriere.
    »Machen Sie das Handschuhfach auf und geben Sie mir die Medizinflasche. Und die Ledermappe.« Mit dem Einbruchwerkzeug, dachte er.
    Susanne Großmann gehorchte. »Aber das ist Whisky!« sagte sie überrascht.
    »Die Medizin des weißen Mannes.« Markesch nahm ihr die Flasche ab und trank einen großen Schluck. »Gut gegen das naßkalte Wetter.« Und gegen die Angst. »Möchten Sie auch?«
    Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, stieg sie aus. Markesch steckte die Mappe ein und fragte sich, worauf er sich eigentlich eingelassen hatte. Er mußte verrückt sein, den Helden spielen zu wollen. Er berührte den Griff der Magnum in seiner Jackentasche. Die Berührung half. Sie vertrieb zwar nicht die Angst, verstärkte aber seine Entschlossenheit.
    Markesch öffnete die Tür. Der Nieselregen legte sich wie ein feuchtes, ätherisches Tuch auf sein Gesicht. Er sah Susanne auf der anderen Seite des Wagens stehen, ein Schatten in einer Schattenwelt, das helle Haar unter einem schwarzen Kopftuch verborgen, das Gesicht ein golden schimmerndes Oval, die Augen groß und geheimnisvoll wie Irrgärten.
    »Vielleicht sollten Sie doch besser im Wagen bleiben«, sagte er. »Ich möchte nicht, daß Ihnen etwas passiert. Es wäre schade um Sie, verdammt schade.«
    Sie lächelte spöttisch. »Mein

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